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„Angela Merkel lässt mich ruhig schlafen“

Redakteur Feuilleton
DJ Marusha ist alles andere als unpolitisch, sie hat sogar sehr konkrete Wahlempfehlungen DJ Marusha ist alles andere als unpolitisch, sie hat sogar sehr konkrete Wahlempfehlungen
DJ Marusha ist alles andere als unpolitisch, sie hat sogar sehr konkrete Wahlempfehlungen
Quelle: Stella del Monaco
Als Merkel 1994 Bundesumweltministerin wurde, feierte Marusha ihren größten Erfolg mit „Over The Rainbow“. Deutschlands dienstältester weiblicher Discjockey empfiehlt: Wählt Schwarz-Grün!

Die Welt: Sie haben schon vor vier Jahren kein Geheimnis daraus gemacht: Werden Sie in hundert Tagen wieder CDU wählen?

Marusha: Ich wähle Angela Merkel. Ob ich in London auflege oder in New York: Seit die Bundeskanzlerin das Land repräsentiert, interessiert sich die Welt für Deutschland. Ich freue mich jeden Tag, dass wir auch Krisenländern helfen können. Wir sind die Sanierer. Die Bausparermentalität, wie sie Angela Merkel an den Tag legt, ist die Kultur unserer Wertegesellschaft.

Die Welt: Das ist auch Ihre Kultur?

Marusha: Sparen ist ratsamer als Schulden machen. Schauen wir nach Südeuropa, wo es die Länder versäumt haben, innerhalb ihrer Kultur ein langfristig funktionierendes System zu entwickeln. Und jetzt müssen wir, als finanzstärkstes Land, dafür bezahlen. Das uns Deutschen beigebracht zu haben, war Angela Merkels stärkster Move.

Die Welt: Aufgewachsen sind Sie in Griechenland. Fühlen sie sich als Griechin?

Marusha: Ich bin Deutscheuropäerin. In Griechenland bin ich niemandem begegnet, der Steuern gezahlt hätte. Die Töpfe fürs Gemeinwesen waren immer leer.

Die Welt: Stimmt es, dass Ihre griechische Mutter bei der Bank gearbeitet hat?

Marusha: Bei deutschen Banken allerdings. Sie ist ein Geldfuchs, und sie hat es natürlich kommen sehen in Griechenland.

Die Welt: Sie wählen Angela Merkel, weil sie Europa erzieht?

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Marusha: Ich wähle sie, weil sie diszipliniert ist, intelligent und bescheiden. Sie ist eine Person, die nicht laut sein muss. Ich halte sie für sehr emotional. Aber sie lebt ihre Gefühle nicht in der Politik aus. Sie weiß auch nicht, wo wir in fünf bis zehn Jahren stehen werden. Aber sie gibt uns Ruhe und Sicherheit. Das schafft kein Peer Steinbrück in seiner Arroganz und Häme. Ein kluger Mann, aber unmodern. Keiner für meine Generation.

Die Welt: Und wenn Merkel in der SPD wäre?

Marusha: Dann würde ich SPD wählen. Angela Merkel verrichtet ihren Dienst mit beispielloser Leidenschaft für unser Land und unsere Gesellschaft. Sie ist jeden Tag woanders, sie ist nie krank, sie kommt mit allen klar. Das ist modern.

Die Welt: Leidenschaft wird ihr selten bescheinigt. Sie gilt als eher nüchtern.

Marusha: Sie steckt voller Leidenschaft.

Die Welt: Darf man so persönlich wählen in einer Demokratie wie Sie?

Marusha: Wenn es der Gesellschaft dient: ja.

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Die Welt: Haben Sie vor Merkel CDU gewählt?

Marusha: Ja. Da war Helmut Kohl noch an der Regierung. Das hat mit meinem Elternhaus zu tun, ich komme aus Bayern. Seit Adenauer stand Deutschland wirtschaftlich unter der CDU immer am besten da. Der Topf muss so voll sein, dass auch die Ärmeren und Schwächeren versorgt werden können. Ich brauche keine Partei mit kühnen Prognosen. Bei Angela Merkel bin ich gern Bürger, ich zahle gern Steuern, dieses Land ist meine Heimat.

Die Welt: Kann Angela Merkel „die Crowd lesen“, wie man als DJ sagt?

Marusha: Oh ja, das kann sie. Vielleicht auch, weil sie aus dem Osten stammt: Sie muss nicht ihre Berater googeln lassen, wo Eisenhüttenstadt liegt. Sie weiß, wie es sich da lebt.

Die Welt: Vielleicht muss sie Duisburg googeln.

Marusha: Das glaube ich nicht. Möglicherweise müsste sie Massachusetts googeln. Wer im Osten aufgewachsen ist, weiß mehr über die BRD als der BRDler über den Osten. Außerdem ist sie Physikerin: Wenn sie nicht weiß, was sie dem Volk sagen soll, sagt sie lieber nichts.

Die Welt: Als Physikerin weiß sie, was Kernenergie ist. Als Umweltministerin war sie dafür, seit Fukushima ist sie dagegen. Ist sie glaubwürdig?

Marusha: Opportunismus ist okay, solange er dem Wohl aller dient. Angela Merkel hat gelernt. Ich war schon immer für eine Welt ohne Kernkraft. Aber solange wir gedankenlos Licht brennen und Rechner laufen lassen, ist die Politik machtlos.

Die Welt: Folklorefeste statt Raves?

Marusha: Ein Rockkonzert verbraucht mehr Strom als ein Rave. Der Spaß sollte nie leiden. Es geht um Grundwerte, die ein Land seinen Leuten so zu vermitteln hat wie eine Mutter ihrem Kind.

Die Welt: Warum haben Sie protestiert, als Angela Merkel den Papst empfangen hat, damals noch Joseph Ratzinger?

Marusha: Es war mir ein Anliegen und eine Freude, bei der Gegendemonstration aufzulegen, gegen die kirchlichen Dogmen zur Homosexualität und Familienplanung. Ich bin konvertierte Christin, vom evangelischen zum griechisch-orthodoxen Glauben. Vor allem aber bin ich ein sozialer Mensch. 2002 war ich beim Hochwasser in Halle und habe Sandsäcke gestapelt, gemeinsam mit der Bundeswehr. Wir haben dort Techno-Partys gefeiert, Geld gesammelt und mit angefasst.

Die Welt: Angela Merkel ist Protestantin.

Marusha: Ich wusste, dass sie als Pfarrerstochter aufgewachsen ist. Dass sie Protestantin ist, wusste ich nicht. Aber die evangelische Kirche war schon immer cooler als die katholische.

Die Welt: Ist die Kanzlerin cool?

Marusha: Sie ist kontrolliert. Dass sie sich nie bei Popkonzerten zeigt wie andere Politiker, finde ich super. Dafür lässt sie beim Fußball ihren Gefühlen freien Lauf und zeigt der Welt, dass die Deutschen sich auch mal gehen lassen können.

Die Welt: War das nicht schon die Botschaft der Techno-Bewegung?

Marusha: Sicher. Aber vor allem zählte da nicht, wo du herkamst und wer du warst, sondern, was du gemacht hast. Deine Leistung und dein Produkt. Es ging um ein freies und humanes Leben. Um es mit Goethe zu sagen, meinem Lieblingsschriftsteller: „Wo Leben sich des Lebens freut/ Dann ist Vergangenheit beständig/ Das Künftige voraus lebendig/ Der Augenblick ist Ewigkeit.“

Die Welt: Ist Ihr Bekenntnis zu Merkel auch ein feministisches als DJane?

Marusha: Ich freue mich, dass sie eine Frau ist. Wenn sie Angelo Merkel hieße, würde ich sie auch wählen. Ich weiß, wie man sich fühlt in einer Männerwelt, aber ich weiß auch, wie man sich darin bewegt. Männer wollen Leistung.

Die Welt: War Techno eine soziale Revolution?

Marusha: Natürlich. Ohne den Mauerfall hätte es Techno nie gegeben. Ich komme aus dem Westen, und ich liebe den Osten. Der Osten hat unser Land offener und freier gemacht, nicht nur sexuell, auch im Umgang miteinander. Angela Merkel macht niemanden kleiner, um selber größer dazustehen. Sie ist nie dickköpfig, sie ist einfach stabil.

Die Welt: Sie glauben, dass ihr als Bundeskanzlerin die DDR-Sozialisation eher hilft als schadet?

Marusha: Davon bin ich überzeugt. Es gibt ja dieses Buch von Gertrud Höhler, die Angela Merkel wegen ihrer Vergangenheit die Eignung abspricht. Ich habe 1990 beim Ostberliner Rundfunk den Umbruch miterlebt. Das hat mich an Griechenland erinnert, es gab wenig von allem, aber es gab viel Herzlichkeit. Erst durch den Osten habe ich meine Liebe zur Nation entdeckt.

Die Welt: Können Sie mit dem Begriff bürgerlich etwas anfangen?

Marusha: Ich komme aus gutbürgerlichem Hause. Ich bin bodenständig und vernünftig. Ich habe nie Drogen genommen in meinem Leben, nie gekifft, finde aber, das muss jeder für sich selbst entscheiden, ganz liberal.

Die Welt: Christian Wulff ist als Bundespräsident mit einem Zapfenstreich verabschiedet worden, mit „Over The Rainbow“, ihrem Lied.

Marusha: Ich habe es im Fernsehen gesehen. Ich kannte Wulff von einem Aids-Ball. Ich fand ihn nett, aber er war kein guter Bundespräsident. Ihm war der Schuh zu groß. Joachim Gauck passt er.

Die Welt: Merkel wollte aber Wulff.

Marusha: Sie wollte auch dieses Amt modernisieren. Wie gesagt: Sie darf sich irren.

Die Welt: Warum können sich in der Popkultur nur wenige öffentlich für Angela Merkel erwärmen?

Marusha: Man möchte da lieber anarchisch und anti wahrgenommen werden. Ich will eine Alternative, und ich bin kein Nischenwähler. Ich wähle die Partei, bei der ich die wenigsten Kompromisse eingehen muss. Angela Merkel ist nicht Harry Potter, sie kann nicht zaubern. Aber sie lässt mich ruhig schlafen.

Die Welt: Mutti Merkel.

Marusha: Sie hat 80 Millionen Kinder. Sie ist gut zu allen. Ich habe sie mal mit Claudia Roth kichern sehen. Schwarz-grün wäre super, eine Revolution für Deutschland. Vielleicht wähle ich das so. Ja, ich wähle das so! Eigentlich lebe ich ja grün. Ich trenne meinen Müll. Ich ernähre mich halb vegan, halb vegetarisch, esse aber auch mal ein Stück Huhn, wenn ich weiß, es ist bio. Aber zurück zu Angela Merkel: Sie tritt unscheinbar auf, und trotzdem leuchtet sie.

Die Welt: Durch ihre Kostüme?

Marusha: Ihre Kleidung ist ja eher wie sie. Konventionell in Farbe und Passform. Angela Merkel leuchtet durch ihre Aura. Sie strahlt stärker als Gorleben.

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