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SpOnionPi So bauen Sie sich eine Internet-Tarnkappe

Die Firma Adafruit bietet einen Router mit Anonymisierungs-Software an, mit dem man sich der Überwachung im Internet weitgehend entziehen kann. Die SPIEGEL-ONLINE-Variante funktioniert sogar ausschließlich per W-Lan - wir verraten Ihnen, wie man den SpONionPi zusammenbaut.
SpOnionPi: Ein Mini-Computer, der über das Tor-Netzwerk den Internetverkehr anonymisiert

SpOnionPi: Ein Mini-Computer, der über das Tor-Netzwerk den Internetverkehr anonymisiert

Foto: Peter Gotzner

Bitte beachten Sie, dass es sich bei der nachfolgenden Bastelanleitung um einen redaktionellen Service handelt. Das Netzwelt-Ressort hat den SpOnionPi zwar selbst ausführlich getestet und die Anleitung nach bestem Wissen erstellt, übernimmt aber keinerlei Gewähr für die Anleitung und das Endprodukt. Der Nachbau erfolgt auf eigenes Risiko, SPIEGEL ONLINE übernimmt insofern keine Haftung.

Als Schutz gegen Ausspähung im Internet hat die Firma Adafruit den Platinen-Rechner namens Onion Pi entwickelt, der den Internetverkehr anonymisiert. Wir haben ihn noch komfortabler gemacht und verraten Ihnen, wie Sie ihn nachbauen können.

Was Sie an Zubehör brauchen

Als Grundstein des SpOnionPi dient ein Raspberry Pi. Er ist nur einer von mittlerweile zahlreichen Kleincomputern auf dem Markt, wie beispielsweise das Cubieboard  oder das BeagleBoard . Die Platinen-Rechner sind wegen ihrer Vielseitigkeit und des geringen Stromverbrauchs bei Programmierern beliebt.

Der Mini-Rechner Raspberry Pi  ist als Variante mit Ethernet-Anschluss für etwa 40 Euro zu haben. Die als Lernprojekt gestartete Plattform haben Bastler auf der ganzen Welt bereits zu Smart-TV-Boxen, Webservern oder sogar elektronischen Ballonfahrern ausgebaut.

Um allerdings aus der scheckkartengroßen Platine einen vollwertigen Router mit Tor-Anbindung  zu machen, ist zusätzliche Hardware nötig:

  • zwei Nano-W-Lan-Sticks (mit RTL8192cu-Chips, zum Beispiel Edimax oder Ourlink, etwa 18 Euro),

  • mindestens eine SDHC-Speicherkarte von 4GB, möglichst Geschwindigkeitsklasse 10 (etwa fünf Euro),

  • ein Micro-USB-Kabel zur Stromversorgung (etwa zwei Euro).

Um das Gerät einzurichten, braucht man einmalig auch ein Lan-Kabel sowie einen Router mit Internetzugang und einen Computer mit SD-Kartenleser. Als Stromversorgung für den Mini-Rechner reichte im Test der USB-Anschluss eines Notebooks aus. Eine Tastatur mit USB-Anschluss und ein HDMI-Kabel sind nützlich, um die erste Installation direkt am Mini-Rechner vorzunehmen.

Installation des Betriebssystems

Zunächst müssen Sie auf dem Mini-Rechner ein Linux-System installieren. Adafruit bietet  dafür eine Datei (Occidentalis v0.2)  an, die Sie mit einem Zip-Programm entpacken können. Merken Sie sich den Dateinamen und Ort, an dem Sie die enthaltene Abbild-Datei speichern. Denn Sie müssen diese Datei in den nächsten Schritten mit einem dafür ausgelegten Programm auf die Karte kopieren. Eine genaue Anleitung für die verschiedene Betriebssysteme können Sie hier  einsehen.

Mit der so präparierten Karte können Sie Ihren Raspberry Pi starten: Noch bevor Sie die SD-Karte einschieben, sollten Sie Tastatur und HDMI-Kabel samt Bildschirm anschließen. Verbinden Sie auch das Lan-Kabel mit dem Gerät und Ihrem Internet-Router. Erst dann starten Sie den Mini-PC, indem Sie das USB-Stromkabel einstecken. Geben Sie ihm einige Minuten Zeit. Ein Fenster oder die Anweisung erscheint, laut der Sie weitere Einstellungen vornehmen müssen. Starten Sie das Programm raspi-config oder wählen Sie direkt "expand_rootfs" auf Ihrem Bildschirm aus.

Bestätigen Sie so, dass Sie den ganzen Speicherplatz Ihrer Karte nutzen wollen und auch eine deutsche Tastatur besitzen. Beenden Sie das Programm mit "Finish" und starten anschließend neu.

Programm macht Mini-Rechner automatisch zum SpOnionPi

Der schwierigste Teil ist damit geschafft. Sie können sich auf dem Kleincomputer anmelden. Der Login-Name lautet voreingestellt "pi", das Passwort ist "raspberry" (denken Sie daran, dass je nach Tastatureinstellung Y und Z vertauscht sein können). Sie sollten das Passwort ändern. Geben Sie hierzu "passwd" ein und befolgen die Anweisungen. Bitte denken Sie daran, ein sicheres Passwort zu wählen.

Konsole: Ändern Sie nach dem Einloggen zuerst Ihr Passwort

Konsole: Ändern Sie nach dem Einloggen zuerst Ihr Passwort

Foto: SPIEGEL ONLINE

Mit einem kleinen Programm können Sie nun aus Ihrem Raspberry einen SpOnionPi mit Tor-Zugang machen. Laden Sie es mit dem Gerät runter, indem Sie diese Befehle nacheinander in die Konsole eingeben und bestätigen:

git clone https://github.com/spiegelonline/sponionpi.git SPONionPi

cd SPONionPi

sudo sh install.sh

Warten Sie bis zu 30 Minuten, bis die Installation und das Update abgeschlossen sind, und starten danach neu: Schalten Sie den Strom am Gerät ab. Entfernen Sie die Tastatur vom USB-Anschluss. Auf den Bildschirm, das HDMI- und Lan-Kabel können Sie jetzt auch verzichten. Stecken Sie beide USB-W-Lan-Sticks ein, schließen Sie den SpOnionPi wieder an das Stromnetz an und warten Sie einige Minuten.

Ein gutes Zeichen ist es, wenn die Leuchten in den W-Lan-Sticks beim Start schnell blinken. Sie sollten nun von einem anderen Computer aus ein neues W-Lan entdecken, das "SPONionPi-Tor" heißt. Verbinden Sie sich mit diesem und geben als Passwort "spiegelonline" an. Starten Sie dann Ihren Internet-Browser.

Wie Sie Ihren SpOnionPi über den Browser konfigurieren

Geben Sie als Adresse "sponionpi.local" oder "192.168.99.1" ein. Sie werden nach einem Benutzernamen und Passwort gefragt. Geben Sie hier "SPONionPi-Tor" und "spiegelonline" an. Die W-Lan-Daten und Login-Daten gleichen sich stets und ändern sich automatisch entsprechend Ihrer Konfiguration.

Der SpOnionPi leitet Sie nun auf den Konfigurationsbildschirm um. Dort geben Sie die Zugangsdaten des Internet-Routers ein, über den Sie surfen wollen. Das kann Ihr privates Gerät sein oder ein öffentliches W-Lan. Folgen Sie den Fragen und Anweisungen - und vergessen Sie vor allem nicht, das vom SpOnionPi bereitgestellte Netzwerk mit einem neuen Zugangspasswort auszustatten, das auch Ihr neues Kennwort für die Konfigurationsmaske wird.

Übernehmen Sie die Daten und starten Sie den Mini-Rechner neu. Über die Tastaturbefehle hat das bei uns nicht problemlos funktioniert, ziehen Sie also besser das Stromkabel heraus und stecken Sie es wieder ein - der Raspberry Pi nimmt das nicht übel. Verbinden Sie sich dann wieder mit Ihrem SpOnionPi-W-Lan und rufen die Konfiguration unter "sponionpi.local" auf. Nach dem Einloggen bestätigen Sie über die Schaltfläche "über Tor-Netzwerk surfen", dass Sie ab jetzt den Anonymisierungsdienst verwenden wollen. Das Konfigurationsfenster ist jetzt nicht mehr erreichbar, Ihr Internetverkehr wird umgeleitet. Bitte denken Sie daran, dass Ihr SpOnionPi nach jedem Neustart nicht automatisch mit dem Tor-Netzwerk verbunden ist. Dadurch ist die Konfigurationsmaske stets für Sie erreichbar. Sie müssen also immer eine neue Tor-Verbindung aufbauen.

Der Tor-Router im Einsatz

Das Surfen über den neuen Router klappte in unserem Test wegen der Weiterleitung über das Tor-Netzwerk zwar ein wenig langsamer als gewohnt, doch ließen sich sogar in Deutschland gesperrte Videos nach kurzer Ladezeit anzeigen - wenn auch nur in Standard-Auflösung flüssig. Dienste, die im Internet die IP-Adresse der Besucher auslesen, erkannten als Standort nicht mehr Deutschland. Nur einige Apps auf einem iPad blockierten die gesperrten Videos trotz Tor-Verbindung, da sie den Standort auch über Logins und andere Daten bestimmten. Ein Internetbrowser auf demselben Gerät zeigte aber die gesperrten Inhalte.

Wie auch Adafruit können wir Ihnen natürlich keine völlige Anonymität beim Surfen garantieren. Zumindest aber erschwert das Gerät Geheimdiensten, Zensoren oder anderen Spähern ihre Arbeit. Klar ist: Sobald Sie sich in einen Ihnen namentlich zugeordneten Account einloggen, sind Sie selbstverständlich trotz Tor identifizierbar.