USA: Weiter auf der Suche nach Bodentruppen gegen den IS

Ein Ausbildungslager in Katar veranschaulicht, warum der Krieg in Syrien endlos ist

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In Katar werden schon seit einem Jahr in einem geheimen Ausbildungslager "moderate syrische Rebellen" für den Kampf gegen die Regierungstruppen von Baschar al-Assad und die IS-Milizen gerüstet, meldete Reuters gestern. Das Camp soll zwischen der Grenze zu Saudi-Arabien und al-Udeid, der größten US-Militarbasis im Nahen Osten liegen. Die Unterstützung der USA wird offiziell nicht eingestanden, im vertrauten Kreis lassen anonyme Quellen gegeüber der Nachrichtenagentur allerdings durchsickern, dass man die Ausbildung der "Rebellen" für eine gute Idee halte.

Liest man in der Meldung etwas weiter oder zieht eine weitere dazu heran, so zeigen sich die bekannten, ungelösten Probleme: Es ist kein großes Kontingent an "Moderaten", die sich hier ausbilden lassen, keine Truppe, die beachtliche militärische Erfolge verspricht; es gibt Klagen über eine zu "moderate Ausstattung und Ausbildung", die Rekruten hätten gerne bessere Waffen und eine fortgeschrittenere Ausbildung für die Herstellung raffinierter Straßenbomben.

Unklar ist der Anteil unter ihnen, der etwas zu sehr salafistisch unterwegs ist oder Verbindungen zu extremeren Gruppen unterhält, also die Verläßlichkeit der Männer, die man anheuert. Und vor allem ist unklar, ob das prioritäre Ziel nun der Kampf gegen die syrische Regierung ist oder gegen den IS. Die Reihenfolge, die in der Reutersmeldung angegeben wird, spricht für sich. Aber ob die Priorität des Kampfes gegen die syrische Regierung auch eine Strategie ist, die hilft, dem offiziellen Ziel der Anti-IS-Koalition näher zu kommen, steht längst nicht fest. Immerhin hat Syriens Regierung wichtige Verbündete, Russland und Iran, die die USA im Kampf gegen den IS auf ihrer Seite benötigen.

Dass Luftangriffe langfristig nicht ausreichen, um die IS-Milizen zu "zerstören", wie das Kriegsziel lautet, ist das eine Problem, an dem die US-Militärs nagen. Die Aufstellung von Bodentruppen aus Nicht-US-Kontingenten das daraus folgende. So versucht man seit vielen Monaten schon in Syrien Kämpfer zu rekrutieren und das wird immer schwieriger. Die syrischen Stämme sind in großen Teilen durch Teile-und Herrsche-Techniken, Machtdeals, geschickten Unterwanderungen, Verdienstmöglichkeiten, Zahlungen und Waffenlieferungen eng mit dem IS verflochten.

"We’re completely out of our league"

Dazu kommen Nachrichten von enttäuschten "Rebellengruppen", die als mögliche Partner gehandelt wurden oder als "moderat", die aber von US-Flugzeugen in Syrien angegriffen wurden. Die vielen Fronten - Rebellen gegen al-Assad, Rebellen gegen al-Nusrah, Rebellen gegen IS, al-Nusrah mit Rebellen gegen IS und al-Assad, IS mit al-Nusrah gegen Sicherheitskräfte im Libanon, lokale Machtkämpfe unter verschiedenen Rebellen einmal außer Acht gelassen - sorgen für Durcheinander und in der Summe für wenig verlässliche Koalitionspartner mit wenig verlässlichen politischen Konzepten.

Wird von Saudi-Arabien unterstützt: Jaysh al-Islam. Ähnlichkeiten zu IS-Milizen sind augenscheinlich. Bild: Ausschnitt aus einem Propagandavideo

Das unübersichtliche Beziehungsgeflecht untereinander wird von einem weiteren Komplex überlagert: den unterschiedlichen Gunstzuweisungen und konkreten Waffen-und Finanzhilfen der Proxymächte. Saudi-Arabien verfolgt bei seinen Ausbildungsplänen für eine Bodentruppe in Syrien ganz eigene Ziele und unterstützt andere Gruppen, denen man das Attribut "moderat" nur in dem Sinne zuweisen könnte, dass sie derzeit in keiner Verbindung zum IS stehen, früher aber schon. Gemeinsam ist allen nur ein Ziel: die Absicht, die säkular ausgerichtete Regierung in Syrien zu stürzen.

Vertreter der CIA hatten vor kurzem eingeräumt, dass der Auswahlprozess (englisch: vetting) von Personen oder Gruppen, die man als moderat und verlässlich einstuft, nicht mehr funktioniere; die früher angewandten Kriterien würden bei syrischen Gruppen nichts taugen: "We’re completely out of our league." Auf die Treue und Gefolgschaft von Warlords könne man nicht mehr setzen. Als Beispiel für ein "erfolgreiches Vetting" wird dazu Afghanistan genannt... Freilich ohne das Schlamassel zu erwähnen, das daraus folgte.