NSA-Ausschuss: BND trickst bei Auslandsüberwachung in Deutschland
Nur auf Druck des Bundeskanzleramts und mit juristischen Tricks erhielt der BND Zugriff auf ausländische Kommunikation in Deutschland. Der NSA-Ausschuss hält diese Praxis für problematisch.
Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat sich über einen rechtlichen Umweg Zugang zu ausländischer Kommunikation in Deutschland verschafft. Der frühere BND-Mitarbeiter Stefan Burbaum sagte am Donnerstag vor dem NSA-Ausschuss des Bundestags in Berlin, dass beim Zugriff auf Datenströme zwischen Deutschland und dem Ausland nach dem G-10-Gesetz auch solche Daten erfasst worden seien, die eine rein ausländische Kommunikation beträfen. Der SPD-Ausschussobmann Christian Flisek sagte, der BND nutze offenbar Anordnungen nach dem G10-Gesetz als "Türöffner", um an sonst unzugängliche Daten zu gelangen. Das sei problematisch.
Der Jurist Burbaum arbeitete von 2002 bis 2005 beim deutschen Auslandsgeheimdienst und war für die rechtliche Bewertung der sogenannten strategischen Fernmeldeaufklärung zuständig. Der BND darf laut Artikel-10-Gesetz bis zu 20 Prozent des internationalen Fernmeldeverkehrs zwischen Deutschland und dem Ausland nach Stichworten durchsuchen. Dabei filtert der BND nach Angaben Burbaums innerdeutsche Verkehre generell aus.
Zugang durch die "Hintertür"
Dies gilt allerdings nicht für rein ausländische Kommunikation, die als Routineverkehr bezeichnet wird und für die keine rechtlichen Einschränkungen gelten. Allerdings sind die deutschen Telekommunikationsanbieter laut Paragraf 1 der Verordnung zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜV) nicht gesetzlich verpflichtet, für Routineverkehr einen Übergabepunkt zur Verfügung zu stellen. Der BND wertet jedoch die Datenströme, die laut G-10-Gesetz angezapft werden dürfen, auch auf rein ausländischen Verkehr hin aus. Der Linke-Abgeordnete André Hahn warf dem BND laut Netzpolitik.org vor, sich damit einen Zugang durch die Hintertür zu verschaffen. Nach Ansicht Burbaums ist das jedoch nicht verboten.
Offenbar gab es aber Widerstände vonseiten des Telekommunikationsbetreibers, die Daten dafür zu nutzen. Erst auf Druck des Bundeskanzleramts hin habe der Anbieter seine Daten zur Verfügung gestellt. Dabei handelte es sich nach Angaben Burbaums um leitungsgebundene Kommunikation, bei der es nach Angaben einer BND-Mitarbeiterin auch eine automatische Datenweitergabe an die NSA gab. Die Operation Eikonal, ein Kooperationsprojekt mit der NSA, war zunächst als Auswertung leitungsgebundener Kommunikation gestartet und wurde später auf Satelliten- und Internetkommunikation ausgedehnt.
Zu den Problemen mit der Filterung paketvermittelter Daten wollte sich Burbaum jedoch nicht äußern, da es zur damaligen Zeit nur theoretische Überlegungen dazu gegeben habe. Er bestätigte jedoch die Aussagen eines früheren BND-Zeugen, wonach der Geheimdienst mit eigener Hardware und Software an den Übergabepunkten die Daten vorgefiltert und dann an die Zentrale nach Pullach geleitet habe.
Deutsche "Funktionsträger" ungeschützt
Thema der Vernehmung war zudem die bereits mehrfach diskutierte Funktionsträgertheorie. Demnach ist der deutsche Geschäftsführer einer ausländischen Firma im Ausland nur vor Ausspähung geschützt, wenn er privat telefoniert, nicht aber bei geschäftlichen Gesprächen. Der Grünen-Ausschussobmann Konstantin von Notz sagte, um das zu unterscheiden, müssten Geheimdienstler bereits mithören. Da habe der Grundrechtseingriff dann schon stattgefunden. "Das Konstrukt der Funktionsträger ist in der Praxis so absurd, wie es juristisch anmutet", sagte er.
Ausländer im Ausland sind so gut wie gar nicht vor Ausforschung durch den BND geschützt - es sei denn sie kommunizieren mit einem Deutschen oder geschäftlich als Mitarbeiter einer deutschen Firma. SPD, Linke und Grüne rügten das scharf. SPD-Obmann Christian Flisek beklagte, bei der Überwachung von Ausländern im Ausland bewege sich der BND weitgehend im rechtsfreien Raum. Hier sei über Änderungen zu reden. Die Linke-Obfrau Martina Renner bezeichnete die Rechtsauffassung des BND als fragwürdig und abwegig. Von Notz erklärte, die gesamte Rechtmäßigkeit bei der BND-Fernmeldeaufklärung stehe infrage.
Der Ausschuss soll die Spähaffäre rund um die NSA aufarbeiten. 2013 war ans Licht gekommen, dass der US-Geheimdienst massenhaft auch in Deutschland Daten ausforscht. In der Affäre geriet der BND ebenfalls schwer in die Kritik, vor allem wegen seiner Kooperation mit der NSA.
Bisher wird BND vom Bundesrat gedeckt.
Geheimdienste halten sich nicht an Gesetze. Klingt komisch. Ist aber so. Ein echter...
The no trick works as a trick.