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Kultur Kommentar

Porno für Intellektuelle

Freier Autor

Wer als israelischer Künstler nach einem Businessplan sucht, bei dem es nicht auf die Begabung ankommt, sollte das Israel-Bashing in Betracht ziehen. Zwar ist das Angebot an jüdischen Kulturschaffenden, die am jüdischen Staat leiden unübersehbar; die weltweite Nachfrage jedoch kann immer noch nicht befriedigt werden. Israelkritik ist die geistige Pornografie des Intellektuellen.

Die geben – diesmal in Gestalt der „Akademie der Künste der Welt“ – der Künstlerin Yael Bartana Geld dafür, am 28. Juni in Köln den Jom ha’Scho’a kritisch nachzustellen. Bartana ist bisher schon mit der „kritischen Befragung“ israelischer Symbole und Rituale in Erscheinung getreten. Einmal hat sie die vor Jaffa wehende israelische Fahne eingeholt und durch einen Olivenbaum ersetzt. Make peace not Israel.

Am 28. Juni werden einige von Bartana angeheuerte Aktivisten auf dem Kölner Roncalli-Platz für zwei Minuten innehalten, wie es alle Bürger Israels (mit Ausnahme einiger Ultra-Orthodoxer) am Holocaust-Gedenktag tun; der fällt allerdings nach unserem Kalender in den April oder den Mai. Die Akademie hat jedoch diese Performance für die „Impulse Theater Biennale 2013“ bestellt, die nun einmal vom 27. Juni bis zum 6. Juli läuft.

Immerhin wird so nicht der kalendarische Jom haSho’a entweiht. Denn das tut die Künstlerin, wenn sie alle Kölnerinnen und Kölner dazu aufruft, ihren Alltag am 28. Juni um elf Uhr für zwei Minuten unter dem Motto „Halt an und denke“ zu unterbrechen. Woran sollen sie nämlich beim Innehalten denken? An die sechs Millionen ermordeten Juden? An die Schuld der Großeltern und die Verantwortung der Lebenden? I wo. „Denn Drittes Reich und Holocaust (...) haben weitreichende Wirkungen in unsere Gegenwart hinein: die Gründung des Staates Israel, die Besetzung der palästinensischen Gebiete, Flucht, Vertreibung in Europa und im Nahen Osten. Selbst die finanziellen Ungleichheiten in der EU sind vielfach noch immer Folgen des Zweiten Weltkriegs, so wie es Deutschlands Wohlstand ist.“ So die offizielle Verlautbarung.

Holocaust – Israel – „Besetzung der palästinensischen Gebiete“: die dumme Assoziationskette funktioniert immer. Und die Besetzung Westjordans und des Gazastreifens ist nicht etwa Ergebnis der Tatsache, dass die arabischen Staaten einen Vernichtungskrieg gegen Israel verloren haben. Sie ist „eine Wirkung des Holocausts“. So wie die wirtschaftlichen Probleme etwa Spaniens, Portugals oder Irlands nicht die Folge falscher Wirtschaftspolitik, gieriger Banken und überforderter Staatskassen sind, sondern „Folgen des zweiten Weltkriegs“. Wie auch der Wohlstand Deutschlands, vermutlich dank Bombardierung, Besatzung, Demontage, Reparationen, Abtrennung der Ostgebiete und Teilung.

Holocaustgedenken heißt also: Gegen Israel und für Eurobonds zu sein. So in etwa. Die Dummheit höret nimmer auf.

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