• Die Opposition nutzt die Generaldebatte im Bundestag traditionell zur Abrechnung mit der Regierungspolitik.
  • Für die Linke wirft Sahra Wagenknecht der Kanzlerin vor, den Konflikt mit Russland um die Ukraine anzuheizen. In der Wirtschaftspolitik bescheinigt Wagenknecht der Regierung "Nullkompetenz".
  • Kanzlerin Merkel bezichtigt Russland, in der Ukraine internationales Recht gebrochen zu haben. Eine politische Lösung sei aber möglich.
  •  Merkel verteidigt die von der Regierungskoalition beschlossene Frauenquote. Für die Grünen ist das "Quötchen" nur ein Anfang.
  • Grünen-Abgeordnete inszenieren einen "Heulsusen-Protest" gegen Unionsfraktionschef Kauder.

Linke-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht hat den Kurs der schwarz-roten Bundesregierung im Ukraine-Konflikt mit Russland angegriffen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe Deutschland in die "Neuauflage eines Kalten Krieges mit Russland hineingetrieben", der den Frieden in Europa gefährde, sagte Wagenknecht in der Generaldebatte im Bundestag. "Sie warnen vor einem Flächenbrand, aber Sie gehören doch zu denen, die mit brennendem Zündholz herumlaufen", sagte die Linke. Sie forderte die Kanzlerin auf, die Sanktionen gegen Russland zu stoppen.

Merkel sagte, sie glaube an eine politische Lösung des Konflikts. "So anstrengend und lang der Weg auch ist, so überzeugt bin ich dennoch, dass er uns gelingen wird", sagte sie. Wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland seien weiter unvermeidlich. "Für unsere Bemühungen, die Krise zu überwinden, brauchen wir Geduld und einen langen Atem", sagte Merkel. Ziel sei eine souveräne und territorial unversehrte Ukraine. Militärisch sei der Konflikt nicht zu lösen.

"Wir lassen nichts unversucht, in Gesprächen mit Russland zu einer diplomatischen Lösung zu kommen", sagte Merkel. Sie warf Russland erneut vor, die europäische Friedensordnung zu gefährden und internationales Recht zu brechen.

"Nullkompetenz in der Wirtschaftspolitik"

Wagenknecht hielt der Regierung auch eine verfehlte Wirtschafts- und Sozialpolitik vor. "Ihre Politik, Frau Merkel, spaltet Deutschland und versündigt sich an der Zukunft, weil Sie nicht den Mut haben, sich den organisierten Interessen von Banken und Konzernen entgegenzustellen", sagte sie. Die im Haushalt 2015 geplante schwarze Null bei der Neuverschuldung sei "Ausdruck einer Nullkompetenz in der Wirtschaftspolitik". 

Merkel dagegen hob den geplanten Verzicht auf neue Schulden im Bundeshaushalt 2015 hervor. "Jahrzehntelang hat der Staat über seine Verhältnisse gelebt, und damit machen wir Schluss", sagte sie. Dies sei trotz eingetrübter Konjunkturaussichten realistisch, da die Ausgangslage der deutschen Wirtschaft robust sei. Solide Haushalte und eine Politik, die Wachstum fördere und investiere, seien keine Gegensätze.

Die Kanzlerin verteidigte die von den Koalitionsspitzen endgültig besiegelte Frauenquote für Aufsichtsräte. "Wir können es uns nicht leisten, auf die Kompetenz der Frauen zu verzichten", sagte Merkel. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann nannte die Quote "vor allem ein starkes Signal an die qualifizierten Frauen in diesem Land".

Aus Sicht der Grünen ist die Einigung der Regierungskoalition zur Frauenquote ein Teilerfolg. "Das Quötchen ist nur ein Anfang, wir werden weiter daran arbeiten, dass Frauen wirklich und in allen Bereichen die gleichen Chancen bekommen", sagte die Abgeordnete Renate Künast. Sie hatte als Grünen-Fraktionschefin in der vorherigen Legislaturperiode vergeblich versucht, die von der damaligen Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) abgelehnte Frauenquote durchzusetzen.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warf der Kanzlerin Angst vor Veränderung vor. "Wenn ich Ihnen zuhöre, sehe ich nur diffusen, grauen Nebel vor mir", sagte er. Nötig seien mehr Klimaschutz, Kinderbetreuung und Investitionen.

"Heulsusen-Protest" der Grünen

Mehrere Fraktionsmitglieder der Grünen packten bei der Rede von Unionsfraktionschef Volker Kauder Taschentücher aus und winkten dem CDU-Politiker damit zu. Kauder hatte Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) in der Debatte um eine Frauenquote als weinerlich bezeichnet.

Der "Heulsusen-Protest" der Grünen rührte den Redner aber nicht weiter. Kauder nutzte die Gelegenheit zur Kritik am rot-rot-grünen Bündnis in Thüringen. "Ja, Sie haben allen Grund, Sie von den Grünen, (...) die Taschentücher bei sich zu behalten", sagte er . "Das ist zum Weinen, was Sie nach 25 Jahren der friedlichen Revolution in Thüringen veranstalten." Dort könnte mit Bodo Ramelow der erste Linke-Ministerpräsident eines Bundeslandes gewählt werden.