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WritersWorkshop E-Zine

Inhaltsverzeichnis

Editorial

Cui bono - Wie Sie mir nur einer Frage eine simple Grundidee zu einer komplexen Romanhandlung ausbauen

Aus Sicht des Döner-Torsos: Was Sie beim Wechsel der Erzählperspektive innerhalb einer Szene beachten sollten

Kindle Unlimited in Deutschland - Chancen und Optionen für Autoren

Scrivener-Tutorial: Wie ordnet man seine Scrivener-Projekte mit Sammlungen?

Weniger ist mehr: Wie ein Wochenfokus Ihre Produktivität beim Schreiben steigert

5 Zutaten für einen spannenden Romananfang

Narcissus - Top-Konditionen für Selfpublisher

Die SchreibDilettanten

    Folge 134: 10 Gründe, nicht zu schreiben…

    Folge 135: Stil

    Folge 136: Lernpsychologie für Autoren

    Folge 137: Lieblingsautor Sebastian Fitzek

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Editorial

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WritersWorkshop E-Zine


Cui bono - Wie Sie mit nur einer Frage eine simple Grundidee zu einer komplexen Romanhandlung ausbauen

Artikel von Richard Norden

Auf eine Idee für eine Romanhandlung zu kommen, ist recht einfach: Man braucht nur einen Protagonisten, der etwas will, das er nicht ohne weiteres erreichen kann (da ihm z.B. der Antagonist dabei im Wege steht) - oder einen Antagonisten, dessen Plan die Welt des Protagonisten aus dem Gleichgewicht bringt und den der Protagonist daher aufhalten muss.

Doch damit hat man leider noch lange nicht genug Material, um einen kompletten Roman zu schreiben. Die Handlung ist damit immer noch zu rudimentär, zu gradlinig und zu leicht durchschaubar. Für einen kompletten Roman (wie z.B. ein NaNoWriMo-Projekt) braucht man mehr Komplikationen, mehr Vielschichtigkeit und zusätzliche Konflikte, damit einem nicht spätestens auf halbem Wege der Stoff ausgeht und die Spannung im Sande versickert.

Egal wie erbittert und kreativ sich Protagonist und Antagonist wieder und wieder bekämpfen, austricksen und sich gegenseitig in die Suppe spucken - auf Dauer wird das langweilig. Spannung ist nicht ein Tauziehen zwischen Gut und Böse, bei dem abwechselnd mal der eine und mal der andere vorne zu liegen scheint.

Wahre Spannung kommt auf, wenn weitere Personen mit eigenen Motiven aktiv in die Handlung eingreifen - egal ob sie dem Helden helfen, ihn behindern, ihn in die Irre führen oder in gar offen bekämpfen. Je mehr solche Einflussfaktoren es gibt, desto unvorhersehbarer wird die Handlung und desto weniger wird der Leser in der Lage sein, das Buch vor der letzten Seite zur Ende zu legen.

Das klingt nach einer schwierigen Aufgabe, doch in Wahrheit brauchen Sie nur Stift, Papier, ein wenig Zeit - und eine einzige Frage...

Cui bono: Wem nützt es?

In polizeilichen Ermittlungen oder Gerichtsprozessen wird gerne die Frage "Cui bono?" gestellt - ein lateinischer Ausdruck, der auf den römischen Staatsmann Marcus Tullius Cicero zurückgeht und frei übersetzt bedeutet: "Wem nützt es?"

In der Kriminalistik dient die Cui-Bono-Frage dazu, den Verdächtigen mit dem besten Motiv zu erkennen. Es liegt immer die Vermutung nahe, dass derjenige, der am meisten von einem Verbrechen profitiert, mittelbar oder unmittelbar dafür verantwortlich ist.

Doch da wir für unseren Roman keinen Verdächtigen suchen, sondern weitere vom zentralen Konflikt betroffene Personen oder Gruppierungen, erweitern wir die Frage des alten Cicero noch etwas und fragen "Wem nützt oder schadet es?"

In Ihrem Roman haben Sie üblicherweise zwei miteinander unvereinbare Ziele: das Ihres Protagonisten und das des Antagonisten. Erreicht Ihr Protagonist sein Ziel, hat der Antagonist damit verloren - und umgekehrt. Im zentralen Konflikt Ihres Romans kann es immer nur einen Sieger geben. Faule Kompromisse oder ein simples "unentschieden" sind nicht möglich.

Doch neben Ihrem Protagonisten und Ihrem Antagonisten gibt es noch eine ganze Reihe anderer Personen, deren Leben vom Ziel Ihres Protagonisten und/oder vom Ziel Ihres Antagonisten auf die eine oder andere Weise beeinflusst wird. Das Ziel unserer Frage ist es, diese Personen zu identifizieren und zu prognostizieren, ob und in welcher Weise sie aktiv in die Handlung eingreifen werden, um ihre eigenen Interessen zu wahren.

Für unsere Zwecke ist es egal, ob es Ihr Protagonist oder Ihr Antagonist ist, der mit seinem Plan den Ball ins Rollen bringt: Will Ihr Protagonist das Verschwinden seines Onkels aufklären, einen besser bezahlten und interessanteren Job finden oder nach Neuseeland auswandern? Will Ihr Antagonist ein Gemälde aus dem Louvre stehlen, seinen reichen Erbonkel vergiften oder mit aus einem Forschungslabor gestohlenen tödlichen Viren die Regierung erpressen?

Jedes dieser Ziele, ob nun "gut", "böse" oder neutral, beeinflusst nicht nur das Leben Ihres Protagonisten bzw. Antagonisten, sondern auch das anderer Menschen. Fragen Sie also: "Wem nützt oder schadet es?", um weitere interessante Facetten der Handlung aufzudecken.

Die Cui-Bono-Frage in der Praxis

Ein Beispiel: Ihr Protagonist will das mysteriöse Verschwinden seines Onkels aufklären.

Wenn der Onkel beispielsweise auf einer Expedition im Amazonas verschollen ist und sein Wissenschaftler-Kollege für die dort gemeinsam gemachten Entdeckungen ein heißer Kandidat für den nächsten Nobelpreis für Biologie ist, tut sich genügend Konfliktpotential auf.

Die schwangere Freundin Ihres Protagonisten wird nicht gerade begeistert sein, wenn er sich in ein so waghalsiges Abenteuer begeben will - ebensowenig wie sein Chef, der keine Lust hat, einem seiner wichtigsten Mitarbeiter einige Wochen bis Monate unbezahlten Urlaub zu gewähren. Ganz zu schweigen vom Kollegen des verschwundenen Onkels, der nicht das geringste Interesse hat, wenn mehr über die mysteriösen Umstände des Verschwindens bekannt wird.

Wenn Sie ein wenig mit der Cui-Bono-Frage herumspielen, finden Sie mit Sicherheit mindestens ein Dutzend mehr oder weniger wichtiger Charaktere, die vom Plan Ihres Protagonisten tangiert werden. Was wäre z.B., wenn der Vater des Protagonisten hoch verschuldet wäre und seine letzte Chance ist, dass der verschollene Onkel für tot erklärt wird, da er im Testament seines kinderlosen und äußerst wohlhabenden Bruders als Alleinerbe eingetragen ist?

Vielleicht würde er anfangs seinen Sohn sogar bei der Suche unterstützen, in der Hoffnung, Beweise für den Tod seines Bruders zu finden und so die Zeit abzukürzen, bis dieser für tot erklärt und sein Testament vollstreckt wird.

Doch was wäre, wenn er einen geheimnisvollen Brief ohne Absender erhält, in dem angedeutet wird, dass sein Bruder noch lebt? Ist Blut wirklich dicker als Wasser? Würde der Vater Ihres Protagonisten nun versuchen, die Suche nach seinem Bruder zu behindern, damit dieser niemals gefunden wird und er zumindest nach fünf Jahren das Erbe kassieren kann? Oder würde er gar jemanden engagieren, der dem Protagonisten hinterher reist und dafür sorgt, dass der Onkel niemals (oder zumindest nicht mehr lebend) gefunden wird?

Sie sehen, wie sich allein durch die Frage "Wem nützt oder schadet das Ziel des Protagonisten oder des Antagonisten noch?" eine Handlung innerhalb kürzester Zeit von einere relativ simplen Idee zu einer komplexen Geschichte entwickeln kann.

Das funktioniert natürlich ebenso gut mit Zielen eines Antagonisten.

Ein Beispiel: Der Gangsterboss Corelli will mit seinem Drogenkartell an die Ostküste expandieren und darum das dort herrschende Vinci-Syndikat übernehmen oder zerschlagen. Das tangiert nicht nur die Polizei und die Drogenfahndung, sondern auch die von dieser gewaltsamen Übernahme bedrohten Gangster, die nun auf Corellis Abschussliste stehen. Wie heißt es so schön: Der Feind meines Feindes ist mein Freund?

Ihr Protagonist, ein aufrechter Polizist, hat auch noch eine Rechnung mit Corelli offen:  Seine Frau starb vor Jahren bei einem Bombenanschlag, der eigentlicht ihm galt und der ganz klar Corellis Handschrift trägt. Würde Ihr Protagonist sich hinter dem Rücken seiner Kollegen mit dem Syndikatsboss Vinci verbünden, um den Mörder seiner Frau zur Strecke zu bringen? Wie würde er das vor sich selbst rechtfertigen? Und welche Konsequenzen hätte eine solche Entscheidung auf seine Kollegen oder andere laufende Ermittlungen? Die Geister, die man einmal gerufen hat, wird man bekanntlich nur schwer wieder los...


Die Ideen, die durch die Cui-Bono-Fragetechnik ausgelöst werden, machen eine Handlung nicht nur komplexer, sondern auch realistischer. Wir alle leben in komplexen sozialen Strukturen, die einander stark überlappen: Familie, Firma, Verein, Clique, Religion, politische Partei et cetera... Jede dieser Gruppierungen hat eigene Werte und Ziele, die auch für ihre Angehörigen gelten und die durchaus zu einem handfesten Dilemma durch konkurrierende und nicht miteinander vereinbare Ziele führen können.

Wenn Sie erst einmal damit anfangen, eine vermeintlich einfache Ausgangssituation mit der Cui-Bono-Frage zu durchleuchten, breiten sich die Ideen meist wie ein Buschfeuer in alle Richtungen aus. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass man oft kaum schnell genug schreiben kann, um die ganzen Ideen für mögliche Konflikte, Szenen und überraschende Wendungen zu notieren, die einem dabei in den Sinn kommen.

Probieren Sie es einfach selbst einmal aus - zum Beispiel mit einer Idee für den anstehenden NaNoWriMo 2014. Ich bin sicher, dass die Ergebnisse Sie überzeugen werden.


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Aus Sicht des Döner-Torsos: Was Sie beim Wechsel der Erzählperspektive innerhalb einer Szene beachten sollten

Artikel von Stephan Waldscheidt

Die Wahl der Erzählperspektive (POV = Point Of View) ist eine der wichtigsten Entscheidungen, die Sie für Ihren Roman treffen müssen. Die paar Faustregeln à la »Kein Perspektivwechsel innerhalb einer Szene« sind jedoch nur sehr beschränkt verallgemeinerbar. Schlimmer: Sie verführen den Autor dazu, die Sache mit dem POV auf die leichte Schulter zu nehmen, nach dem Motto: »Ich habe mich für eine Perspektive entschieden, jetzt brauche ich beim Schreiben nie mehr darüber nachzudenken.«

Eine Szene aus Wolfram Fleischhauers Thriller »Torso« (Droemer 2011) zeigt, warum man auch beim Schreiben und Überarbeiten die Erzählperspektive nicht aus dem Blick verlieren sollte.

In der folgenden Szene findet ein Perspektivwechsel statt, eigentlich kein Problem, wenn der Wechsel dem Leser klar wird (aber nur soweit klar, dass er nicht darüber nachdenkt und aus der Geschichte gerissen wird!).

Das Problem ist ein anderes.

Wir sind in der Szene bei der weiblichen Heldin des Romans, Elin. Wie schon in den Szenen davor, die jeweils durchgängig aus einem POV heraus geschildert werden. Der Leser erwartet also auch in dieser Szene den »POV Elin«. Doch dann kommt der Wechsel zu Cemal, einem Dönerbudenbesitzer und Freund von Elins Bruder Erich.

Zunächst Elins POV, auf Seite 41:

Elin schob die Teetasse von sich weg. Es war natürlich Nuran, die da sprach. Nuran, die auf jede Frau eifersüchtig war, die auch nur in die Nähe von Cemal kam. Nuran, die nicht wollte, dass ihr Mann mit der Schwester eines Geschäftspartners redete, der sich angeblich erhängt hatte. Eines Geschäftspartners, der nicht einmal Türke war.

Erzählt wird aus der nahen dritten Person, die Gedanken sind Elins. Danach folgen fast zwei Seiten Dialog – und zwar objektiv, keine Gedanken, keine Wertungen, kein innerer Monolog. Das hat den Vorteil, dass der Übergang zum »POV Cemal« fast unbemerkt kommt.

Cemal schaute irritiert vor sich auf den Tisch. Elins blasses Gesicht hatte sich ein wenig gerötet. Ihre Augen glänzten. Jetzt sah sie Eric ähnlich. Ja, im Grunde sah sie fast wie ein Mann aus mit ihren kurzen blonden Haaren. Wie ein sehr schöner Mann. Wie Eric. (S. 43)

Danach folgen eine Seite objektiv erzählter Dialog und Handlung, bis auf Seite 44 der POV wieder zurück zu Elin wechselt.

Das Problem bei diesen Wechseln der Erzählperspektive ist nicht der Übergang. Oder der Bruch einer Regel, die es tatsächlich gar nicht gibt. Natürlich »dürfen« Sie in einer Szene den POV wechseln. Das kann durchaus sinnvoll sein und effektvoll.

Warum aber ist es hier problematisch?

Weil der Leser die Perspektivwechsel nicht mitvollzieht. Der Dialog zwischen den beiden Aus-schnitten wird zwar, isoliert man ihn, objektiv erzählt. Nach dem ersten Ausschnitt aus Elins Sicht meint der Leser jedoch noch immer, er befände sich in Elins Kopf. Es gibt keinen Grund, warum er diese Perspektive hätte verlassen sollen. Schließlich ist er ja viele Seiten in Elin gereist.

Darum trifft ihn der POV-Wechsel zu Cemal umso härter.

Kein Problem für einen geübten Leser: Der hüpft nun zu Cemal und will es sich dort gemütlich machen. Vielleicht schafft er es, den darauffolgenden objektiven Abschnitt aus Cemals Sicht zu sehen. Vermutlich aber fühlt er sich in der Schwebe, sprich: weiter von der Geschichte weg und damit dort, wo Sie ihn als Autor nicht – in Worten: niemals – haben wollen. Sie wollen ihn so nah dran und drin wie möglich. Im ungünstigsten Fall nimmt der Leser die Szene oszillierend mal aus Elis, mal aus Cemals Sicht wahr.

Doch dann kommt es noch schlimmer, ein weiterer überraschender Wechsel:

Er meint es ja nur gut, dachte sie bei sich. Aber wie konnte er diesen aus zermanschten Drüsen und Knorpel zusammengebackenen, vor Fett triefenden Fleischbatzen nur ernsthaft als Essen bezeichnen? (S. 44)

Drei Empfehlungen:

  1. Mehr als einen Perspektivwechsel in einer Szene sollten Sie nur vornehmen, wenn Sie einen verdammt – in Worten: verdammt! – guten Grund dafür haben. Wenn Sie Ihre Leser so nahe wie möglich bei Ihren Figuren haben möchten, ist der häufige Wechsel des POV eine schlechte Idee.

  2. Wenn Sie den POV in einer Szene wechseln, machen Sie das unauffällig deutlich. Das klingt paradox, aber der Einbau einer Leerzeile bereitet den Leser auf den Wechsel vor, ohne dass er sich dessen bewusst wird. Statt einer Leerzeile können Sie einen noch sanfteren Wechsel einbauen, etwa über ein Objekt, das den Besitzer und Betrachter wechselt. Eben liest Karl den Brief und denkt sich seins, dann reicht er ihn Elise, und jetzt liest sie ihn und macht sich ihre Gedanken. Sprich: Unterstützen Sie den Wechsel, indem Sie in der Hanndlung einen Wechsel stattfinden lassen. Stellen Sie sich Ihre Charaktere wie eine Wettlauf-Staffel vor, die die Perspektive über ein greifbares Objekt oder auch eine Berührung weitergibt.

  3. Machen Sie den Wechsel möglichst schnell deutlich, sprich: Zeigen Sie unverzüglich etwas Subjektives aus der neuen Perspektive. Allgemein: Lassen Sie die »objektiven« Ausschnitte zwischen klaren POV-Bekenntnissen nicht zu lange werden. Bauen Sie häufiger Sequenzen ein, die klar machen, aus wessen Perspektive Sie erzählen. Was zu lange ist, sagt Ihnen Ihr Bauch. Wenn nicht, müssen Sie ihn besser trainieren: mehr schreiben, mehr lesen.
     

Stephan WaldscheidtStephan Waldscheidt. Geboren und aufgewachsen im Saarland. Nach Studium und Arbeit im Marketing freier Schriftsteller. Leibt und lebt in und um Karlsruhe.

Als Paul Mesa schreibt und veröffentlicht er Romane, zuletzt »Insein für Outsider«. Als Stephan Waldscheidt gibt er in seinem Blog schriftzeit.de mehrmals wöchentlich Tipps zum Schreiben von Romanen. Das Schriftzeit-Archiv umfasst inzwischen über 600 Artikel. Daneben berät er Romanschriftsteller und publiziert eine erfolgreiche Reihe von Schreibratgebern, in der bislang zehn Titel erschienen sind. Einer davon, »Schneller Bestseller«, wurde 2013 mit dem Indie-Autorenpreis der Leipziger Buchmesse und von Neobooks ausgezeichnet. Zuletzt erschienen ist das umfassende Standardwerk »KLÜGER PUBLIZIEREN für Verlagsautoren und Selfpublisher«. Die Leser verzaubern, darum geht es.


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Kindle Unlimited in Deutschland - Chancen und Optionen für Autoren

Artikel von Richard Norden

Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse startet Amazons neue eBook-Flatrate Kindle Unlimited auch in Deutschland. Für 9,99 € pro Monat können Abonnenten beliebig viele Bücher aus der Kindle-Unlimited-Bibliothek ausleihen und lesen.

Was bringt die neue eBook-Flatrate für Autoren und Leser?

Von der Leserseite betrachtet ist Kindle Unlimited vor allem für Vielleser interessant. Wer jede Woche mehrere Bücher verschlingt, kann mit Kindle Unlimited einiges an Geld sparen.

Man sollte das Preis-Leistungs-Verhältnis von Kindle Unlimited einmal für sich selbst durchrechnen. Zumindest zu Beginn ist es so, dass Amazon hier relativ wenige Titel aus großen Verlagen am Start hat, sondern seine Kindle-Unlimited-Bibliothek überwiegend mit Büchern von Indie-Autoren bestückt.

Wenn man bedenkt, dass die meisten Indie-Bücher nicht mehr als 3,99 Euro kosten, lohnt sich Kindle Unlimited erst dann, wenn man Monat für Monat mehr als drei Bücher liest - ansonsten dürfte es günstiger sein, sich die Titel einfach zu kaufen, was zudem den Vorteil hat, dass man dauerhaft auf die Bücher zugreifen kann.

Ein unbestrittener Vorteil von Kindle Unlimited ist hingegen, dass das Risiko für den Leser minimiert wird und er sich eher trauen kann, auch Bücher von unbekannten Autoren einfach mal herunterzuladen und probezulesen. Wenn es einem nicht gefällt, kann man es einfach wieder löschen und sich etwas anderes aussuchen - aber vielleicht stößt man ja so auf einen neuen Lieblingsautor?

Die so herabgesetzte Hemmschwelle ist auch gut für die Autoren, die so über Kindle Unlimited neue Leser finden können.

Wie ist die Bezahlung?

Ein Nachteil für den Autor ist natürlich, dass er bei der Ausleihe eines seiner Bücher über Kindle Unlimited nicht genauso viel verdient, als wenn ein Leser sich das Buch tatsächlich gekauft hätte.

Stattdessen werden alle Ausleihen über Kindle Unlimited und die Prime-Leihbücherei zusammengefasst und ein weltweiter monatlicher Pott zu gleichen Teilen an alle Autoren ausgeschüttet, deren Bücher in diesem Monat ausgeliehen wurden. Ein Autor, dessen Bücher hundertmal ausgeliehen wurden, bekommt also einen doppelt so hohen Anteil wie einer, dessen Bücher im vergangenen Monat nur fünfzigmal ausgeliehen wurden.

Der Betrag, der pro Ausleihe für den Autor herausspringt, schwankt durch die seitens Amazon immer wieder mal angepasste Höhe des Potts und die Anzahl der Ausleihen von Monat zu Monat. Im Schnitt kann man momentan davon ausgehen, dass man mindestens 1,50 Euro pro Ausleihvorgang erhält - jedenfalls, wenn der Leser mindestens 10% des Buchs gelesen hat. Für den reinen Download oder alles, was ohnehin in der kostenlosen 10%-Leseprobe (= "Blick ins Buch") enthalten ist, gibt es also noch kein Geld.

Ob die Ausleih-Tantiemen lohnend sind oder nicht hängt von zwei Faktoren ab:

  1. Der Preis des Buchs. Wer sein Buch normalerweise für 2,99 € verkauft, bekäme für einen Verkauf zur Zeit runde zwei Euro - also mehr als für eine Ausleihe. Anders sieht das bei billigen Büchern im 99-Cent-Segment aus. Wer also z.B. eine Kurzgeschichte für 99 Cent anbietet, erhält für einen regulären Verkauf nur runde 30 Cent (35% Tantiemen des Netto-VK abzüglich MwSt). Wird die Geschichte hingegen über Kindle Unlimited ausgeliehen, gibt es dafür eine ebenso hohe Ausschüttung wie für einen 500-Seiten-Roman, der normalerweise für 4,99 € verkauft wird.

  2. Die Überlappung zwischen Kindle-Unlimited-Lesern und "normalen" Käufern: Es ist natürlich ganz normal, dass einige Käufe wegfallen, da der Leser Kindle Unlimited hat und sich das Buch daher einfach kostenlos ausleiht. Die Frage ist, wie viele Leser dazu kommen, die das Buch zum regulären Preis zwar nicht gekauft hätten, aber im Rahmen ihres Kindle-Unlimited-Abos zugreifen, da es sie keinen Cent zusätzlich kostet.

Wenn die Ausleihen die Verkäufe kannibalisieren, bleibt natürlich gerade bei teureren eBooks unterm Strich für den Autor weniger übrig. Ob das in der Praxis tatsächlich so ist, wird uns erst die Erfahrung der nächsten Monate zeigen.

Muss man sich für Kindle Unlimited exklusiv an Amazon binden?

Einer der Haupt-Nachteile für Indie-Autoren an Kindle Unlimited ist, dass man seine eBooks nur dort anmelden kann, indem man sie ins KDP-Select-Programm aufnehmen lässt - dasselbe Programm, das z. B. auch Gratis-Aktionen ermöglicht.

Der große Nachteil von KDP-Select ist der Exklusivitätsanspruch von Amazon: Wer sein Buch für KDP-Select anmeldet, darf das Buch nicht gleichzeitig auch noch über andere eBook-Shops vertreiben.

Aus Sicht der Gratis-Aktionen macht dies natürlich Sinn, da ein Preis von 0,00 € über Amazon, während das eBook z.B. bei Thalia noch 2,99 € kostet, ganz klar gegen die Buchpreisbindung verstoßen würde.

Eine Kopplung von Kindle Unlimited ans KDP-Select-Programm ist hingegen pure Berechnung von Amazon. Amazon möchte Exklusivität und damit Wettbewerber ausschließen.

Für Autoren stellt sich daher die Frage, ob es nicht doch einen nicht-exklusiven Weg in die Kindle-Unlimited-Bibliothek gibt, der es einem dennoch ermöglicht, seine Bücher parallel auch noch über andere Shops anzubieten.

Bookrix als Hintertür ins Kindle-Unlimited-Programm - aber lohnt sich das?

Mit dem seit Anfang des Jahres zu Bastei Lübbe gehörenden Distributor Bookrix tut sich bereits die erste Hintertür auf, über die Indie-Autoren ihr Buch in die Kindle-Unlimited-Bibliothek bringen können, ohne sich exklusiv an Amazon zu binden.

Da Bookrix mit Amazon hinsichtlich Kindle Unlimited kooperiert (siehe Slogan "Jetzt auch Kindle Unlimited" auf der Bookrix-Homepage), können Indie-Autoren, die ihre Bücher über Bookrix an Amazon verteilen, anscheinend frei entscheiden, ob sie mit ihren Büchern auch an Kindle Unlimited teilnehmen wollen oder nicht (Quelle: Bookrix-Autorengruppe "eBooks mit Bookrix verkaufen").

Offenbar sind die Konditionen so geregelt, dass Bookrix für jedes ausgeliehene Buch, von dem mindestens 10% gelesen werden, 50% des normalen Verkaufserlöses bekommt. Hiervon dürften dann wiederum 70% an den Autor gehen.

Als Autor muss man jetzt die Vor- und Nachteile beider Optionen gegeneinander abwägen: Wenn man Amazon über Bookrix beliefert, statt Amazon dort auszuklammern und es über das KDP-Programm selbst zu beliefern, bekommt man natürlich weniger Tantiemen, da auch Bookrix seinen Anteil kassiert.

Dafür kommt ggf. Geld für Ausleihen über Amazons Kindle-Unlimited-Programm dazu - aber in den meisten Fällen deutlich weniger, als man als Indie-Autor bei einem direkten Vertrieb über Amazon erhalten würde. Grob gerechnet bekommt man über einen Distributor wie Bookrix bei normalen Verkäufen knappe 50% des Netto-Verkaufspreises (70% von 70% = 49%). Bei einer Ausleihe erhält Bookrix nur 50% dieses Betrags, somit also auch der Autor. Bleiben 25% vom Netto-VK.

Wenn wir davon ausgehen, dass die Ausschüttungsquote von ca. 1,50 € je Ausleihe von Amazon relativ konstant gehalten wird, um die Autoren bei Laune zu halten und die exklusive Bindung an Amazon weiterhin interessant zu machen, kann man bei einem Verleih über Bookrix erst mit eBooks im Preissegment über 6,99 € ähnliche Tantiemen erzielen: 6,99 € VK abzgl. 19% MwSt = 5,87 € Netto-VK. Hiervon gehen statt 70% nur 35% an Bookrix (die oben erwähnten 50% des "normalen Verkaufserlöses"), also 2,06 €. Wenn hiervon 70% an den Autor gehen, wären das 1,44 €.

Man kann sich nun natürlich leicht ausrechnen, wie wenig man als Indie-Autor bei der Ausleihe eines 2,99 €-Buchs erhält, wenn man sein Buch über Bookrix statt exklusiv über Amazon anbietet: gerade mal 62 Cent - also deutlich weniger als die Hälfte dessen, was Amazon einem "exklusiven" KDP-Select-Autor zahlt.

Schreibratgeber bei Kindle Unlimited

Ich selbst habe zum Start von Kindle Unlimited meine Bücher zumindest für die nächsten drei Monate für KDP-Select angemeldet. All meine Schreibratgeber können also momentan kostenlos gelesen werden, wenn man sich für den kostenlosen Probemonat von Kindle Unlimited anmeldet.

Wenn Sie also "Kreativ mit der Matrix", "Zeit zum Schreiben", "Produktiver Schreiben" o.ä. bisher noch nicht gelesen haben, ist jetzt die beste Gelegenheit dazu. ;-)

Zwischen den Jahren werde ich Bilanz ziehen, ob sich Kindle Unlimited aus meiner Sicht gelohnt hat. Danach richtet es sich dann, ob ich meine Bücher weiterhin in KDP-Select (und damit auch in der Kindle Unlimited Bibliothek) lasse oder ob ich stattdessen wie ursprünglich geplant auch noch ePub-Versionen über andere Distributoren anbiete.


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Scrivener-Tutorial: Wie ordnet man seine Scrivener-Projekte mit Sammlungen?

Artikel von Axel Hollmann

Willkommen zu einem weiteren Artikel über die Schreibsoftware Scrivener. Wie immer bezieht sich der Beitrag auf die Mac-Version des Programms, er dürfte aber auch für Windows-User nützliche Infos bieten. Viel Spaß beim Lesen!

Sammlungen sind eine der vielen Möglichkeiten, die Scrivener bietet, um die Inhalte eines Projekts zu ordnen. Gerade als Autor von Krimis und Thrillern bieten sie mir die Möglichkeit, jederzeit die Übersicht über meine Figuren und die Handlung zu behalten, sodass ich Sammlungen inzwischen in jedem meiner Schreibprojekte nutze.

Wie funktionieren sie?

Screenshot Scrivener 

Um Sammlungen darzustellen, muss man im Menu Ansicht -> Sammlungen -> Sammlungen einblenden auswählen. Schon ändert sich die linke Spalte (Mappe) in die Sammlungsansicht. Und die „Mappe“ wird als eine Sammlung dargestellt (1).


Schön und gut, aber wozu verwendet man Sammlungen?

Sammlungen sind Zusammenstellungen von Texten und Ordnern. Und die Sammlung „Mappe“ ist einfach die Zusammenstellung aller Texte und Ordner. Soweit klar? Nein? Okay, versuchen wir es einfach mal mit einem Beispiel, dann wird das Prinzip sicherlich schnell klar.

Es gibt zwei verschiedene Arten von Sammlungen, mit denen ich arbeite:

Die erste sind "normale" Sammlungen. In meinem Beispiel Sammlungen wie „Mappe“ und „Handlung“. Man legt sie an, indem man einfach auf das + Zeichen (2) drückt. Fertig. Schon ist eine „Neue Sammlung“ entstanden, der ich dann noch einen eigenen Namen und eine schöne Farbe (über das Kästchen neben dem Namen der Sammlung) vergeben kann. Und wie füge ich Dokumente solch einer Sammlung zu? Ganz einfach, indem ich sie aus der Mappe direkt auf die Sammlung ziehe. Fertig. Und indem ich sie in der Sammlung markiere und einfach auf die „Backspace“-Taste drücke, werfe ich sie wieder aus der Sammlung hinaus. Die komplette Sammlung lösche ich übrigens mit dem - Zeichen (2).

Und das ist ganz wichtig: Dokumente werden nicht etwa in die Sammlung verschoben, in der Sammlung befindet sich sozusagen nur ein Verweis auf das Dokument, d. h. die Dokumente bleiben in der Mappe erhalten, wenn ich sie aus der Sammlung lösche. Ich habe in der Mappe nur einen zusätzlichen Verweis auf das Dokument abgelegt. In meine Sammlung „Handlung“ kopiere ich z. B. alle Dokumente kopiere, die mir dafür besonders wichtig erscheinen. Und indem ich die Sammlung anklicke, sehe ich alle diese Dokumente sofort auf einen Blick.

Und es wird noch besser. Denn die zweite Art von Sammlungen sind: gespeicherte Suchen.

Wie du bestimmt schon weißt, bietet Scrivener eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Mappe nach Stichworten zu durchsuchen (3). Einfach in das Suchfeld „Kapitel“ eingeben und über das Suchmenu (wird über das Dreieck neben dem Lupensymbol aufgerufen) „Suchen in: Titel“, „Bediener: Genauer Satz“, „Optionen: Suchen Manuskript ... Nur“ eingeben (auf die anderen Optionen will ich jetzt nicht eingehen. Die Standardeinstellungen führen in der Regel zum gewünschten Ergebnis) und schon werden alle Dokumente gesucht und angezeigt, die sich im Ordner „Manuskript“ befinden und im Titel den Ausdruck „Kapitel“ haben. In meinem Fall: Alle Kapitel meines Manuskripts (denn ich lege jedes Kapitel meines Romans in Scrivener als einzelnen Text ab).

Markiere ich jetzt noch im Suchmenu den Punkt „Suche als Sammlung speichern“ habe ich eine Sammlung, in der sich alle Kapitel meines Manuskripts befinden. Kapitel, die ich später dem Manuskript in der Mappe hinzufüge, sind dann auch in der Sammlung (im Gegensatz zu "normalen" Sammlungen. Hier muss ich jedes Dokument einzeln hinzufügen). Und Kapitel, die ich in der Mappe aus dem Ordner Manuskript lösche, verschwinden auch aus der Sammlung. Ist das nicht praktisch? Nur die Sammlung „Kapitel“ aufgerufen und auf einen Blick sehe ich alle Kapitel vor mir.

Und der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt: Unheimlich praktisch kann es z. B. sein, wenn ich alle Texte, die ich noch überarbeiten will, mit dem Label „Bearbeiten!“ versehe und mir dann eine Sammlung aus einer gespeicherten Suche nach diesem Label anlege. Egal, in welchem Ordner sich die Texte befinden (ob im Manuskript, meinen Figurenbeschreibungen, Notizen, der Handlung ...), in der Sammlung „Bearbeiten!“ sehe ich sie dann auf einen Blick.
 

Axel HollmannAxel Hollmann wurde 1968 in Berlin geboren. In der Jugend steckte er seine Nase in jeden Science-Fiction- und Fantasyroman, dessen er habhaft werden konnte, so dass sich in seinen Regalen Comics und Rollenspielbücher stapelten. Nach dem Abitur studierte Axel Hollmann Betriebswirtschaftslehre, bis das Studium (unter anderem) seiner neuentdeckten Leidenschaft für Stephen Kings Thriller zum Opfer fiel. Er begann mit einem kaufmännischen Beruf und rechtzeitig vor seinem 30ten Geburtstag gelang es ihm, sein lebenslanges Hobby zum Beruf zu machen: er wurde Mitinhaber eines Buch- und Rollenspielladens.

Irgendwann beschloss Axel Hollman, selbst Thriller und Krimis zu schreiben, anstatt immer nur die Bücher anderer Autoren zu verkaufen. Mit „Asphalt“ und "Schlaglicht" sind bereits zwei seiner Triller rund um die toughe Reporterin Julia Wagner beim Ullstein-Label Midnight erschienen. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Berlin, wo er neben dem Schreiben zusammen mit Marcus Johanus den wöchentlichen Podcast "Die SchreibDilettanten" veröffentlicht.

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Weniger ist mehr: Wie ein Wochenfokus Ihre Produktivität beim Schreiben steigert

Artikel von Richard Norden

Eines großes Paradoxon der Produktivität beim Schreiben ist, dass man umso weniger geschafft bekommt, je mehr man sich vornimmt. "Mehr" ist in diesem Fall nicht vom Pensum her zu sehen, sondern von der Anzahl unterschiedlicher Dinge.

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich neige immer dazu, mir viel zu viel vorzunehmen. Es gibt so viele Projekte, die man gerne umsetzen möchte. Das reicht von kleine Dingen wie einem Blogpost oder einem Artikel fürs E-Zine über mittelgroße wie eine Kurzgeschichte bis hin zu großen Projekten wie einem Sachbuch oder einem Roman. So viele verlockende Ideen, dass man sich gar nicht entscheiden kann (und auch nicht entscheiden möchte), was davon man tatsächlich in Angriff nehmen und was man doch besser auf später verschieben sollte.

Und dann sind da natürlich noch die Dinge, die einfach gemacht werden müssen, obwohl sie einem wesentlich weniger Spaß als das eigentliche Schreiben machen. Änderungen an der Homepage oder dem Blog, Buchcover entwerfen und natürlich diverse Marketing-Aktivitäten. Schließlich ist Schreiben zwar schön, aber ohne Marketing verkaufen sich auch die besten Bücher nicht.

Also nimmt man sich von den lästigen Aufgaben nicht zu viele vor und verteilt den Rest der zur Verfügung stehenden Schreibzeit auf zwei bis drei Projekte, die momentan besonders hoch in der eigenen Gunst stehen. Vielleicht ein neuer Blogpost, ein paar Seiten für das neue Sachbuch und ein wenig für die nächste Kurzgeschichte planen. Ein so zusammengestellter Wochenplan hat ein bisschen was von einem Abendessen am Büffet: von allem etwas, damit man nicht das Gefühl hat, auf etwas verzichten zu müssen.

Doch genau wie beim Büffet nicht alles zusammen passt und manche verwegene Kombination am nächsten Morgen für Magendrücken sorgt, kann einem auch ein solcher Wochenplan schwer wie ein Backstein im Magen liegen.

Je mehr unterschiedliche Dinge man sich für die Woche vorgenommen hat, desto mehr bremst man sich selbst aus. Wenn man sich morgens ans Schreiben setzt, steht man vor der leidigen Entscheidung, womit man denn nun anfangen soll. Erst mal der Blogpost? Aber eigentlich hätte ich viel mehr Lust, an der Kurzgeschichte zu arbeiten. Nach ein paar halbherzigen Versuchen, einen guten Blogpost aus dem Boden zu stampfen, gibt man der Versuchung nach und widmet sich der Kurzgeschichte. Doch irgendwie wollen einem die Ideen nicht richtig kommen. Vielleicht liegt es an der rasch näher rückenden Deadline für das Sachbuch? Also wird die Kurzgeschichte beiseite gelegt und man macht sich ans Sachbuch, während im Hintergrund der Blogpost und das Sachbuch ungeduldig mit den Füßen scharren und auf ihre Chance warten. Ganz zu schweigen von den lästigen Marketing-Aufgaben, vor denen man sich bisher auch gedrückt hat.

Und ehe man sich versieht, ist die Zeit, die man sich mühsam zum Schreiben freigeschaufelt hatte, fast um und man muss ernüchtert, frustriert und schlecht gelaunt erkennen, dass man nichts Greifbares als Gegenwert für die verlorene Zeit vorzuweisen hat - nur geistiges Chaos. Die Erkenntnis, dass die Zeit verstrichen ist und man keinen Schritt weiter als vorher ist, frustriert einen und sorgt für Stress und Kopfschmerzen. Die Laune sinkt in den Keller - und, glauben Sie mir: das ist nicht die beste Ausgangssituation für den nächsten Tag.

Rezeptfreies Gegenmittel: der Wochenfokus

Ganz anders sieht die Sache aus, wenn Sie sich für jede Woche einen Schwerpunkt vornehmen: einen Wochenfokus. Eine Sache, um die Sie sich in dieser Woche mit Vorrang kümmern. Ein Ziel, auf das Sie sich konzentrieren und bei dem Sie in dieser Woche so weit wie möglich voran kommen wollen.

Diese Konzentration auf ein einziges Ziel wirkt auf den ersten Blick wie ein schmerzlicher Verzicht auf all die anderen Dinge, die man gerne machen würde, doch manchmal ist weniger tatsächlich mehr - und dies ist einer dieser Fälle.

Um sich für den richtigen Wochenfokus zu entscheiden, überlegen Sie, welches Ihrer möglichen Projekte zuerst fällig ist. Wenn Sie beispielsweise bis Samstag Ihren nächsten Blogpost online haben müssen, die Deadline für Ihr Buch hingegen noch ein paar Monate entfernt ist, ist der perfekte Wochenfokus Ihr Blog.

Sie könnten jetzt natürlich den Fokus auf Ihr Blog legen, bis Sie Ihren nächsten Blogpost geschrieben, überarbeitet und vorterminiert haben, und anschließend den Rest der Woche an Ihrem Roman oder Sachbuch arbeiten. Doch dann haben Sie in der nächsten Woche wieder dasselbe Problem.

Solange Sie also in dieser Woche nicht zwingend noch etwas anderes erledigen müssen, sollten Sie lieber die gesamte Woche dafür einplanen, sich einen Puffer von Blogposts für die nächsten Wochen aufzubauen. Nutzen Sie diese Woche, um möglichst viele Ideen für weitere Blogposts zu sammeln und zumindest eine Handvoll Blogposts fertigzustellen und vorzuterminieren. Das verschafft Ihnen ein paar Wochen Luft, in denen Sie sich um Ihre anderen Projekte kümmern können, ohne einen Gedanken an Ihr Blog verschwenden zu müssen.

Wochenplanung mit dem Wochenfokus

Wenn Sie Ihre nächste Woche planen, sollten Sie nicht nur Ihren Wochenfokus festlegen, sondern auch dieses Projekt wie ein Uhrwerk in seine "beweglichen Teile" zerlegen. Was könnten Sie in der nächsten Woche alles machen, um dieses Projekt voran zu treiben oder es womöglich sogar schon zum Abschluss zu bringen? Schreiben Sie alles auf, was Ihnen in diesem Zusammenhang in den Sinn kommt.

Im nächsten Schritt markieren Sie die Punkte, die Sie jetzt bereits in Angriff nehmen können und die, wenn Sie diese abhaken können, Ihr Projekt am meisten voran bringen. Im obigen Beispiel mit dem Blog wäre das natürlich alles, was mit Ihrem Blogpost für diese Woche zu tun hat. Egal wie viele tolle Ideen für weitere Blogposts Sie sammeln - das alles ist nichts wert, wenn Sie nicht bis Samstag einen kompletten Blogpost geschrieben und veröffentlicht haben.

Gerade bei großen und komplexen Projekten wie einem ganzen Roman oder Sachbuch haben Sie durch die unterschiedlichen "beweglichen Teile" Ihres Projekts die Möglichkeit, unterschiedliche Zeiten und Gelegenheiten optimal für Ihr Fokus-Projekt zu nutzen. So kann es sein, dass Sie abends zwar zu müde sind, um noch an der Rohfassung Ihres Buchs weiter zu schreiben, aber durchaus noch Lust haben, am Buchcover zu basteln, den Klappen- bzw. Werbetext vorzubereiten oder noch ein paar fehlende Informationen im Internet zu recherchieren.

Warum ist der Wochenfokus so effektiv?

Die Effektivität der Wochenfokus-Technik kommt daher, dass Sie erstens keine Zeit mit Entscheidungen vergeuden, woran Sie heute und jetzt arbeiten sollten, und zweitens die Anlaufzeiten minimieren. Jedes Mal, wenn Sie auf ein anderes Projekt wechseln, verlieren Sie Zeit, um sich wieder so tief in das Projekt einzuarbeiten, wie Sie vorher "drin" waren. Eine Viertelstunde ist das Mindeste, was Sie bei jedem Wechsel zwischen Projekten verlieren - oft ist es sogar deutlich mehr. Auf eine Woche hochgerechnet verlieren Sie so schnell mehrere Stunden wertvolle Schreibzeit.

Sie können das ein wenig mit dem Versuch vergleichen, fünf Autos von der Startlinie zum zwei Kilometer entfernten Ziel zu fahren. Ständig zwischen mehreren Projekten hin und her zu springen ist wie, in einen Wagen zu steigen, Gas zu geben, hundert Meter zu fahren, anzuhalten, auszusteigen, zur Startlinie zurück zu gehen, in den nächsten Wagen zu steigen und auch diesen hundert Meter weit zu fahren, bevor man wieder anhält und in einen anderen Wagen steigt.

Raten Sie mal, wie lange dieser Fahrer braucht, bis er alle fünf Wagen im Ziel hat - verglichen mit seinem Konkurrenten, der in einen Wagen steigt und diesen mit Vollgas bis zum Ziel fährt, bevor er zur Startlinie zurück läuft und sich den nächsten Wagen schnappt.

Fokus ohne Reue

Denken Sie daran: die Entscheidung gilt nur für eine einzige Woche. Am Ende der Woche können Sie für die nächste Woche eine neue Entscheidung treffen. Wollen Sie die in den letzten Tagen aufgebaute Eigendynamik beibehalten und mit Vollgas am selben Projekt weiter arbeiten, oder jetzt erst mal auf ein anderes Projekt wechseln?

In den ersten Wochen werden Sie sich vielleicht nervös und angespannt fühlen und das Gefühl haben, etwas Wichtiges zu verpassen. Doch bereits nach wenigen fokussierten Wochen werden Sie merken, dass Ihre Produktivität enorm zugenommen hat und dass Sie kein schlechtes Gefühl mehr dabei haben, alle anderen Projekte zumindest für eine Woche auf Eis zu legen.

Glauben Sie mir: ich spreche aus eigener Erfahrung und würde auf das Setzen eines "Wochenfokus" nicht mehr verzichten wollen. Es beruhigt, vermeidet Stress und sorgt zugleich dafür, dass man besser voran kommt, als man es früher für möglich gehalten hätte.

Der Wochenfokus ist (natürlich auf einem größeren Maßstab) dasselbe wie der Verzicht auf das fälschlicherweise so oft glorifizierte Multitasking, das, wie Untersuchungen erwiesen haben, unsere geistige Leistungsfähigkeit noch mehr herabsetzt als das Rauchen von Haschisch. Setzen Sie auf stressfreie, fokussierte Produktivität - einerseits mit dem klassischen "Singletasking", bei dem Sie sich zu jedem Zeitpunkt nur auf eine Aufgabe konzentrieren, und andererseits mit dem "Wochenfokus".

Ein As im Ärmel: das "Priorität B"-Projekt

Natürlich ist es in der Praxis leider nicht immer möglich, sich eine komplette Woche lang ausschließlich auf ein einziges Projekt zu konzentrieren. Generell kann man dabei drei unterschiedliche Fälle unterscheiden:

  1. Das Wochenfokus-Projekt ist entweder so klein oder bereits so weit fortgeschritten, dass man es im Laufe der Woche komplett abschließen kann. Da man den Rest der Woche natürlich nicht einfach ungenutzt verstreichen lassen will, braucht man ein "Priorität B"-Projekt, das nach dem Abschluss des Wochenfokus-Projekts für den Rest der Woche nachrückt.
    Historisches Beispiel: Der Schriftsteller Anthony Trollope (einer der produktivsten Autoren der Geschichte) war dafür bekannt, dass er, sobald er das Wort "ENDE" unter die letzte Seite seines aktuellen Romans geschrieben hatte, direkt ein neues Blatt in seine Schreibmaschine spannte und, ohne eine Pause zu machen, direkt mit dem ersten Kapitel des nächsten Romans begann.

  2. Man steht zeitlich so mit dem Rücken zur Wand, dass man in der laufenden Woche bei zwei Projekten zumindest einen wichtigen Meilenstein erreichen muss. In diesem Fall sollte man abwägen, bei welchem der beiden Projekte man den Meilenstein am schnellsten erreichen kann. Dieses Projekt nimmt man zuerst in Angriff und wechselt, sobald man den Meilenstein erreicht hat, für den Rest der Woche auf das andere Projekt.
    Das möglichst schnelle Abhaken des ersten Meilensteins nimmt den Druck aus der Woche und sorgt dafür, dass man sich den Rest der Woche ausschließlich auf das zweite Projekt konzentrieren kann.

  3. Je nachdem, in welcher Phase sich ein Projekt befindet und wie viele (oder eher: wie wenige) "bewegliche Teile" das Projekt momentan hat, kann man nicht unbedingt jede sich auftuende Zeitlücke produktiv für dieses Projekt nutzen. Für die Gelegenheiten, bei denen Sie absolut nichts (oder zumindest nichts Sinnvolles) an Ihrem Wochenfokus-Projekt arbeiten können, sollten Sie ebenfalls ein "Priorität B"-Projekt in der Hinterhand halten, auf das Sie dann umschwenken können. Natürlich versteht es sich von selbst, dass Sie direkt wieder zu Ihrem Wochenfokus-Projekt zurück wechseln, sobald sich wieder die Gelegenheit bietet, daran aktiv weiter zu arbeiten.

Probieren Sie es einfach mal ein paar Wochen lang aus. Es würde mich sehr wundern, wenn Sie anschließend wieder zum munteren Hin- und Herspringen zwischen mehreren Projekten zurückkehren würden.


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5 Zutaten für einen spannenden Romananfang

Artikel von Marcus Johanus

Keine Frage, der Anfang eines Romans ist sein wichtigster Teil. Ist er nicht spannend, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das ganze Buch schnell wieder aus der Hand gelegt wird.

Mit diesen Elementen gelingt ein spannender Einstieg in den Plot:

1. Ein unerwartetes Ereignis, das die Welt der Heldin durcheinanderbringt

Es ist wichtig, zu Beginn die Hauptfigur in ihrer Alltagswelt zu zeigen. Doch das ist keine Ausrede für Langeweile. Sie muss nicht beim Frühstück gezeigt werden oder bei anderen alltäglichen Dingen. Und wenn, dann müssen diese banalen Ereignisse mit dem Unerwarteten aufgepeppt werden.

Was könnte geschehen, das die Alltagswelt der Hauptfigur auf den Kopf stellt? Natürlich muss dieses Ereignis etwas mit dem Plot zutun haben und ihn in Gang bringen.

Das Klingeln des Weckers hämmerte in Philips Ohren. Ein Blick auf das Zifferblatt verriet ihm, dass es kurz nach fünf Uhr morgens war. Höchste Zeit zum Aufstehen, wenn er nicht zu spät im Büro erscheinen wollte.

Er quälte sich aus dem Bett und schlurfte zur Dusche, stellte sich in die  Kabine und drehte den Hahn auf. Doch was auf ihn herab prasselte war kein Wasser …

2.  Show Don’t Tell

Was Show Don’t Tell bedeutet, habe ich bereits in diesem Artikel erklärt. Gerade zu Beginn eines Romans ist dieses Prinzip wichtig. Die Gefahr, den Leser durch lange Hintergrundgeschichten zu langweilen und damit zu verlieren, ist am Anfang besonders groß.

Der Grund dafür ist einfach: Langes Erzählen spricht nur den Intellekt des Lesers an. Zeigen weckt seine sinnliche Wahrnehmung, seine Gefühle. Wird der Leser emotional angesprochen, steigert das die Wahrscheinlichkeit, dass er sich auf den Roman einlassen wird.

Der Autor hat das Bedürfnis, dem Leser zu Beginn der Handlung viel zu erzählen: Wer ist die Perspektivfigur? Woher kommt sie? Was will sie? Wo hält sie sich gerade auf? Wie sieht es da aus? Usw.

All diese Informationen braucht der Leser. Aber er muss sie nicht erzählt, sondern sollte sie gezeigt bekommen. Am besten geht das, wenn es schon auf der ersten Seite des Romans zu einem Konflikt kommt, vielleicht sogar schon zu einer Actionszene, irgendein intensives, sinnliches Erlebnis – der Hinweis auf ein Geheimnis ist das Mindeste.

Joleen ahnte, dass dieser Tag der schlimmste ihre Lebens werden würde, als sie mit dem Fuß auf das Bremspedal ihres Golfs hämmerte, der Wagen aber nicht langsamer wurde.

3. Lege die Basis für deinen Roman

Schon im ersten Absatz, bestenfalls im ersten Satz, muss der Leser erkennen können, zu welcher Zeit und wo die Handlung spielt, wer die Perspektivfigur ist und was für ein Buch er da eigentlich liest.

Ein Fantasyroman muss anders beginnen als ein Thriller, muss anders beginnen als ein Landhauskrimi, ein SF-Roman, ein Buch für Erwachsene, ein Kinder- oder Jugendbuch usw. …

Um zu trainieren, wie der Anfang deines Fantasy-Romans oder Thrillers usw. klingen sollte, hilft es, einfach mal die ersten Seiten deiner Lieblingsromane deines Genres hintereinander zu lesen. Was haben sie gemeinsam? Woran kannst du auf den ersten Blick erkennen, zu welchem Genre der Roman gehört?

Nein, das Cover zählt nicht …

4. Etabliere eine Erzählstimme

Genauso wichtig wie die Informationen, die in den ersten Sätzen vermittelt werden, ist die Erzählstimme des Romananfangs. Vielleicht ist sie sogar noch wichtiger. Das hängt auch ein wenig vom Genre ab.

Der Erzähler eines Kinderbuches benutzt andere Sätze und Wörter als der eines Hard-Boiled-Krimis.

Lea rieb sich die Augen. Die Sonne kam hinter den Wolken hervor und blendete sie, kitzelte warm ihre Haut. Dieser Tag wurde schöner und schöner. Pfeifend griff sich hier Fahrrad und radelte los.

Rupert Grass formte seine Augen zu Schlitzen, als er aus dem Büro torkelte. Verdammtes Sonnenlicht. Das war nicht seine Zeit. Er fingerte in den Tiefen seines Trenchcoats nach seinen Zigaretten. Vergebenes. “Ach Scheiße. Noch so ein Tag.”

5. Überarbeiten, überarbeiten, überarbeiten

Der ganze Roman sollte stets gründlich überarbeitet werden, damit er nicht nur sprachlich möglichst fehlerarm ist, sondern damit er auch allen anderen Ansprüchen eines guten Romans genügt.

Wer seine Leser ernst nimmt, überarbeitet den Anfang seines Romans doppelt so oft wie den Rest. Hier muss man als Autor wirklich alles geben.

Andererseits gilt es als Autor, nicht an den ersten Seiten eines Manuskripts festzukleben. Deswegen ist es so wichtig, die einzelnen Phasen der Überarbeitung voneinander zu trennen. Ich beende immer den ersten Entwurf eines Manuskripts, bevor ich mich dann der (mehrfachen und intensiven) Überarbeitung der ersten Seiten widme.
 

Marcus JohanusMarcus Johanus wurde 1972 in Berlin geboren, Abitur 1992, danach Lehramtsstudium in den Fächern Germanistik und Politologie. Er verdiente sich sein Studium mit Jugendarbeit, als Nachhilfelehrer, Einzelfallhelfer, Gitarrenlehrer, Nachtwächter, Webdesigner, Verkäufer in Spiele- und Buchläden und Bürohilfe.

Nach seinem Abschluss arbeitete Marcus Johanus zunächst als Geschäftsführer eines Spieleladens, bis er 2008 sein Referendariat aufnahm und zwei Jahre später abschloss. Heute lebt er mit seiner Frau Maria in Berlin.

Während des Studiums und in Workshops beschäftigte sich Marcus Johanus intensiv mit Techniken des kreativen und dramatischen Schreibens und verfasste Kurzgeschichten, Rezensionen und Texte für die Spielmagazine WunderWelten,Ringbote und Cthulhoide Welten und für das Rollenspiel H.P. Lovecrafts Cthulhu.

Seit 2009 schreibt Marcus Johanus Thriller, betreibt ein Autorenblog rund ums kreative Schreiben (http://www.marcus-johanus.de) und veröffentlicht seit dem Frühjahr 2012 mit Axel Hollmann zusammen Die SchreibDilettanten, den wöchentlichen Podcast für Romanautoren.

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Narcissus - Top-Konditionen für Selfpublisher

Artikel von Richard Norden

In kaum einem Bereich der Wirtschaft - nicht einmal in der IT-Branche - ist der Wandel in letzter Zeit so schnell wie im Selfpublishing.

Neben der Möglichkeit, sein eBook über Amazons KDP-Programm für (je nach Verkaufspreis) zwischen 35% und 70% Tantiemen zu veröffentlichen, haben sich in den letzten Jahren bei eBook-Distributoren wie Neobooks, Bookrix oder BoD feste Konditionssätze eingebürgert, die sich untereinander nicht allzuviel nehmen.

Generell ist es meist so, dass die Distributoren 30% dessen einbehalten, was die eBook-Shops an sie ausbezahlen. Bei einem Buch im mittleren Preissegment von 2,99 € sind das 30% von 70%, also 21% des Netto-Verkaufspreises (also abzgl. MwSt).

Doch nun macht sich der italienische Distributor Narcissus (http://www.narcissus.me/de) daran, den Markt aufzumischen. Denn Narcissus zahlt fast quer durch die Bank 60% des Netto-VK als Tantiemen an die Autoren aus, behält also nur 10% für sich. Gut, rechnerisch ist diese Aussage nicht ganz korrekt, aber transparenter als die Rechenmodelle vieler anderer Anbieter. Denn Narcissus behält nicht 10% dessen, was die eBook-Shops an Narcissus auszahlen, sondern 10% des Netto-VK. So ergeben sich glatte 60% Tantiemen für den Autor.

Natürlich sind auch 60% immer noch weniger als die 70%, die man als Autor bei einer Direkt-Veröffentlichung über Amazon erhalten kann, doch Narcissus erhebt im Gegensatz zu BoD keinen Anspruch auf Exklusivität und räumt Autoren auch die Möglichkeit ein, einzelne Vertriebskanäle wie Amazon auszuklammern und diese selbst zu beliefern.

Vor allem im Niedrigpreissegment von unter 2,69 €, in dem Amazon nur 35% Tantiemen zahlt, ist Narcissus die beste Alternative. Denn wo man selbst als Indie-Autor von Amazon nur 35% erhält, bekommt Narcissus als Verlag dennoch die vollen 70%, so dass dennoch 60% des Netto-VK an den Autor ausgeschüttet werden können.

Eine sehr interessante Tabelle, die die Konditionen der einzelnen Anbieter für die drei Preissegmente unter 2,69 €, bis 9,99 € und über 9,99 € miteinander vergleicht, finden Sie in der Selfpublisher-Bibel von Matthias Matting unter http://www.selfpublisherbibel.de/ebook-distributoren-was-self-publisher-wirklich-ausgezahlt-bekommen-erweiterte-version/

Auch Narcissus selbst hat eine (sogar noch ausführlichere) Preisübersichts-Tabelle, die genau zeigt, was man als Autor bei welchem Verkaufspreis über die einzelnen Vertriebskanäle je verkauftem Buch verdient: http://www.narcissus.me/de/preisberechnung/

Man sollte sich allerdings nicht von den in der Tabelle aufgeführten außerordentlich hohen Tantiemen von 0,58 € für ein 0,99 € eBook für Verkäufe über Amazon blenden lassen. Diese höheren Tantiemen basieren noch auf dem zur Zeit noch geltenden niedrigeren luxemburgischen Mehrwertsteuersatz von lediglich 3% für eBooks, von dem Amazon (und die über Amazons KDP-Programm veröffentlichenden Autoren) bislang noch profitieren.

Doch durch die ab Januar 2015 geltende Gesetzesänderung (http://blog.richardnorden.de/reduzierte-mehrwertsteuer-fuer-ebooks-eher-das-gegenteil/), nach der immer der Mehrwertsteuersatz aus dem Land des Käufers gezogen wird, werden schon in einem knappen Vierteljahr auch hier 19% MwSt fällig - womit die Amazon-Tantiemen über Narcissus auf 0,50 € sinken.

Doch auch das ist natürlich immer noch deutlich mehr als das, was man in diesem Preissegment über Amazon selbst erhalten kann. Denn die 0,34 €, die in der Tabelle der Selfpublishing-Bibel noch für den Direktvertrieb über Amazon genannt werden, basieren ebenfalls noch auf dem niedrigen Mehrwertsteuersatz von nur 3% (0,99 € / 1,03 * 0,35 = 0,34 €). Für Verkäufe ab Januar 2015 zahlt Amazon für ein 99-Cent-Buch nur noch 0,29 € (0,99 € / 1,19 * 0,35 = 0,29 €) aus.

Wer also als Autor auf günstige eBooks mit Kurzgeschichten, Serials oder sehr kurzen Ratgebern setzt, kann bei einer Veröffentlichung über Narcissus 72% mehr Tantiemen für seine Verkäufe über Amazon erhalten - ein Angebot, bei dem kaum jemand leichtfertig abwinken dürfte.

Ich habe spaßeshalber mal den Vergleich zwischen einem Niedrigpreis-eBook über Narcissus und einem normalen Taschenbuch aus einem klassischen Publikumsverlag gemacht: Wenn ein Autor 6% Tantiemen für ein 8,99 € Taschenbuch bekommt, sind das ebenfalls 50 Cent - exakt derselbe Betrag, den man als Indie-Autor für ein 99-Cent-Buch über Narcissus erhält. Natürlich hinkt dieser Vergleich, aber dennoch zeigt er sehr gut die Relation zwischen klassischen Printbüchern und den vergleichsweise üppigen Tantiemen für Selfpublisher.

Auch die kleine bürokratische Hürde, dass man bisher bei Narcissus als Autor eine schriftliche Rechnung stellen musste, um eine Auszahlung seiner Tantiemen anzufordern, ist übrigens mittlerweile entfallen (https://help.narcissus.me/hc/de/articles/200529712-Was-muss-ich-tun-um-eine-Auszahlung-zu-erhalten-): Neuerdings zahlt Narcissus die Tantiemen quartalsweise per PayPal oder per IBAN-Überweisung (letzteres erst ab Tantiemen von 25 Euro) aus, gewährt sich selbst dabei aber ein Zahlungsziel von 60 Tagen. Im Klartext bedeutet das: Wenn man für die Monate Januar bis März beispielsweise 100 Euro Tantiemen erzielt hat, werden diese Ende Mai ausgezahlt.

Da Narcissus keinerlei Gebühren von Autoren verlangt und auch eine kostenlose ISBN-Nummer zur Verfügung stellt, ist Narcissus aus meiner Sicht die beste Wahl als Distributor. Lediglich bei eBooks über 2,69 € sollte man Amazon lieber ausklammern und selbst beliefern, um hier die vollen 70% Tantiemen zu erhalten.


Die SchreibDilettanten

Marcus Johanus und Axel Hollmann sind "Die SchreibDilettanten". Gemeinsam produzieren die beiden Berliner Schriftsteller jede Woche eine neue Folge ihres Podcasts für Romanautoren, der auf dem MP3-Player bzw. im Autoradio keines Schriftstellers fehlen solltefehlen sollte - und seit Folge 114 zusätzlich auch noch als Vlog bei YouTube.

Hier finden Sie die neuesten Folgen des Podcasts - präsentiert von den beiden Autoren.

Folge 134: 10 Gründe nicht zu schreiben…

Die Folge basiert auf dem Buch “21 Reasons you think you don’t have time to write” von Mette Ivie Harrison.

Ein paar Gründe, weshalb man auf die Idee kommen könnte, zum Schreiben keine Zeit zu haben, haben wir uns vorgenommen und besprechen, was wir von ihnen halten.

Link zum Blogpost | Direkter Link zum MP3-Podcast | Direkter Link zum YouTube-Vlog

Folge 135: Stil

In dieser Folge unseres Autorenpodcasts dreht sich alles um Stil. Wann steht die Sprache des Autors im Vordergrund, wann sollte sie besser in den Hintergrund treten? Und wie halten wir es damit?

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Folge 136: Lernpsychologie für Autoren

In dieser Folge der SchreibDilettanten geht es um Lernpsychologie für Autoren. Wie schreibt man am effektivsten?

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Folge 137: Lieblingsautor Sebastian Fitzek

Und wieder einmal widmen wir uns einem unserer Lieblingsautoren. In dieser Folge: der deutsche Thrillerautor “Sebastian Fitzek”, bekannt geworden durch seine Romane “Die Therapie”, “Der Augensammler” und viele andere mehr.

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Portrait Stephan Waldscheidt (C) Stephan Waldscheidt
Portrait Axel Hollmann (C) Axel Hollmann
Screenshot Scrivener (C) Axel Hollmann

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