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Streit mit Griechenland Varoufakis spielt keine Rolle mehr

Yanis Varoufakis' Auftritte haben Griechenland geschadet. Doch in Berlin hält man sich mit Forderungen nach einer Regierungsumbildung in Athen zurück. Druck von außen wäre nur kontraproduktiv.

Das Verhältnis von Yanis Varoufakis und Wolfgang Schäuble gilt als zerrüttet. Auch bei den Euro-Partnern sind die Auftritte und Äußerungen des griechischen Finanzministers in den vergangenen Wochen auf wenig Gegenliebe gestoßen. Doch eines werde Angela Merkel aber auf keinen Fall tun, heißt es in Berlin, sie werde anders als der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, keine Regierungsumbildung oder gar neue Koalition in Athen fordern: "Das ginge nur nach hinten los". Daran ändert auch die vorherrschende Meinung nichts, dass ein neuer griechischer Finanzminister oder eine Koalition ohne die Rechtsnationalisten eine Lösung sicher einfacher machen würde. "Aber wenn der Rat von außen kommt, wird das einen Regierungsumbau eher noch verzögern", heißt es.

Aus Athen und Berlin hagelte es zuletzt gegenseitige, auch persönliche Vorwürfe. Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, hat die Bundeskanzlerin jetzt die Reißleine gezogen und den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras kommenden Montag nach Berlin eingeladen. Nun sollen die Chefs sich mit der Frage beschäftigen, wie Griechenland in der Euro-Zone gehalten werden kann. Varoufakis spielt keine Rolle mehr.

Kritik aus den eigenen Reihen an Varoufakis

Tsipras hat seinem Finanzmister in den vergangenen Tagen zwar demonstrativ den Rücken gestärkt - trotz der Stinkefinger-Affäre und der viel kritisierten Homestory in dem französischen Magazin "Paris Match". Das tat er aber nicht nur mit Blick auf die europäischen Partner, sondern auch wegen der aufkommenden Kritik in den eigenen Reihen. In der Syriza-Partei ist man ebenso unzufrieden mit den Verhandlungen, die Varoufakis führt. Allerdings werden hier eher die möglichen Zugeständnisse kritisiert, die Varoufakis den Euro-Partner machen könnte.

Deshalb will Berlin Tsipras stärker in die Verantwortung zu nehmen - und damit den als dogmatisch eingestuften Finanzminister Varoufakis umgehen. Auf seinem ersten EU-Gipfel im Februar war der Syriza-Chef als Neuling noch betont nett empfangen worden - obwohl keine der 27 anderen EU-Regierungen Sympathie für das Linksaußen-Rechtsaußen-Bündnis in Athen hegt. Aber auf dem am Donnerstag beginnenden Gipfel dürfte Tsipras merken, dass seine Schonzeit vorbei ist. Das bekam er schon zu spüren, weil ihm sowohl in Paris als auch in Brüssel Gesprächswünsche versagt wurden. EU-Ratspräsident Donald Tusk mahnte offen, auf dem Gipfel seien keine blumigen Referate gefragt, sondern konkrete Ankündigungen, wie Athen die Zahlungsunfähigkeit abwenden wolle.

Tsipras Probleme werden anerkannt

Tsipras soll vor allem klar gemacht werden, dass am Ende er als Regierungschef die Verantwortung für ein Scheitern Griechenlands tragen werde - nicht etwa Varoufakis. Dass es dem Syriza-Chef nicht leicht fallen wird, nun mit entscheidenden, aber aus Sicht der anderen Europäer unrealistischen Wahlversprechen zu brechen, wird dabei als Hürde anerkannt - ebenso wie Tsipras' hohe Zustimmungswerte in Griechenland selbst. Aber Teil der "Chef-Behandlung" vom EU-Gipfel bis zum Treffen mit der Kanzlerin am Montag ist es, Tsipras klarzumachen, dass dem Wählerwillen in Griechenland der Wählerwillen in allen anderen, meist wesentlich größeren Euro-Ländern gegenübersteht.

tis/Reuters Reuters

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