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Schweiger antwortet Augstein "Ich will Edathy nicht fertigmachen. Mir geht es um die Opfer"

Darf Til Schweiger den Fall Edathy kommentieren? "Spiegel"-Autor Jakob Augstein zweifelt die Kompetenz Schweigers an. Jetzt äußert sich Schweiger erneut - direkt an Augstein. "Ja, ich bin befähigt."
Von Til Schweiger

Jakob Augstein hat sich in seiner Kolumne für "Spiegel Online" mit der Öffentlichkeit im Fall Edathy beschäftigt. Darin kritisiert er die Art, wie viele ihr Unverständnis für die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage öffentlich zum Ausdruck bringen. Er sieht beim Thema Pädophilie die gleiche "mangelnde Barmherzigkeit, die man dem Täter vorwirft". "Ungesundes Volksempfinden" nennt er das und stellt fest, dass "Facebook zum Glück nicht der Rechtsstaat ist". Seiner Ansicht nach darf persönliche Sympathie keine Rolle bei der juristischen Bewertung spielen. Das Einstellen eines Verfahrens gegen Geldauflage sei "mehr als üblich" und passiere rund 260.000 Mal pro Jahr.

Auch Til Schweiger und dessen öffentliche Kritik an dem Edathy-Verfahren im stern beschäftigen Augstein. In seiner Kolumne stellt er Schweigers Qualifkation infrage, sich überhaupt zum Thema zu äußern. Nun antwortet der Schauspieler mit einem offenen Brief:

Sehr geehrter Herr Augstein,

auch wenn Sie glauben, dass mich zwei abgebrochene Studiengänge nicht befähigen, etwas Sinnvolles in der Causa Edathy hinzuzufügen, möchte ich Ihnen hiermit voller Überzeugung mitteilen: Doch, ich bin befähigt, denn ich bin ein Bürger dieses Rechtstaates, der brav seine Steuern zahlt und der auch brav wählen geht, auch wenn es ihm immer schwerer fällt, sich für eine Partei zu entscheiden. Der Versuch, mich mit dem Hinweis auf meine Pornofilmsynchronvergangenheit zu diskreditieren ist so billig, blöde und so leicht zu durchschauen, dass ich darüber wirklich nur ungläubig lachen musste. Geschenkt! Den Rest Ihres Artikels finde ich aber sehr ärgerlich, weil Sie - mit völliger Absicht - am eigentlichen Thema vorbeischreiben.

Sie zitieren einen Kollegen, der zugleich auch noch Jurist ist, Herrn Darnstädt, der sagt, das Gericht sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anklage in der Causa Edathy "vergleichsweise belanglos" ist. Ich bin zwar kein Jurist, zugegeben, aber ich verstehe das nicht, denn Edathy hat nachweislich strafbares Material konsumiert. Heißt das also, dass der Konsum von Kinderpornografie "vergleichsweise belanglos" ist? Sieht die Staatsanwaltschaft dies genauso, oder etwa die ermittelnden Beamten? Ich kann es mir nicht vorstellen, denn dann könnten wir ja den Konsum von nur ein bisschen Kinderpornografie gleich ganz legalisieren? Warum ist denn dann das Verfahren überhaupt eröffnet worden? Nur um einen armen Mann öffentlich ans Kreuz zu nageln?

Die Menschen, die dieses Urteil genauso wenig verstehen wie ich, bezeichnen Sie als Meute und als Netzpöbler. Diese Überheblichkeit von Ihnen ist bekannt, also auch geschenkt! Natürlich habe auch ich einige sehr schlimme Kommentare gelesen, von denen ich mich ausdrücklich distanziere. Mir geht es auch nicht darum, jemanden fertig zu machen, mir geht es um etwas ganz einfaches: Warum schreibt kaum einer über die Opfer? Warum können Ihre Kollegen von Spiegel TV das viel besser, als Sie?

Warum schreiben fast alle nur über Rechtsprechung und deren Auslegung, warum wird immer wieder betont, Recht hat nichts mit Rechtsempfinden zu tun? Warum hat der Verlag, der Ihnen zu erheblichen Teilen mitgehört, fast ausschließlich darüber berichtet, wer wann wie jemanden angelogen hat? Ist das wichtiger als vehement darüber zu berichten, wie schrecklich und skrupellos diese Kinderpornografienetzwerke - also Kindesmissbrauchsproduktionsnetzwerke - vorgehen und wie sehr die, die das konsummieren, diese unterstützen? Edathy hat durch seine Käufe bei Azov genau das getan. Ist das wichtiger, als sich vehement für den Schutz der Schwächsten, unserer Kinder, einzusetzen? Sie haben doch selber Kinder! Malen Sie sich doch mal aus, was passieren würde, wenn Sie selbst betroffen wären! Ich halte fest, dass die Causa Edathy durch einen durchaus üblichen (Sie schreiben 260.000 mal pro Jahr) Deal mit dem Gericht beendet worden ist. Gilt dieser "Deal" bei allen Straftaten? Auch bei Steuervergehen? Das wüsste ich gerne. Und ich wüsste gerne, warum man solche Deals nicht abschaffen kann. Steuerschlupflöcher wurden auch nach und nach - völlig zu Recht - dichtgemacht.

Es ist an der Zeit, dass man solche "Deals" abschafft, gerade in Belangen von Missbrauchsabbildungen, die nichts anderes als Mord an der Kinderseele sind. Aber das sehen Sie sicher anders, nicht wahr?

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