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Finanzminister "ganz privat" Griechen spotten über Varoufakis' Hochglanz-Homestory

Varoufakis am Klavier, Varoufakis auf der Terrasse, Varoufakis mit Gattin am Abendbrottisch: Der griechische Finanzminister hat sich für eine Homestory fotografieren lassen. Das geht nach hinten los.
Finanzminister Varoufakis (Archivbild): Er kann auch heimelig

Finanzminister Varoufakis (Archivbild): Er kann auch heimelig

Foto: Petros Giannakouris/ AP/dpa

Athen - Giannis Varoufakis kann auch ganz anders; weich, feinsinnig, familiär. So präsentiert sich der griechische Finanzminister bestens ausgeleuchtet in der französischen Illustrierten "Paris Match" . Die Hochglanz-Homestory mitten in der Finanzkrise. In seiner Athener Wohnung zeigt sich das Ehepaar Varoufakis in verschiedenen Outfits und Posen - er im eng geschnittenen T-Shirt am Klavier, am Esstisch mit Gattin Danae auf der Terrasse mit Blick auf die Akropolis.

Doch so recht zünden will die Geschichte nicht. Zumindest nicht so, wie es sich die Protagonisten vermutlich ausgemalt haben. Denn für die Story setzt es in der Heimat vor allem Spott und Kritik.

Bei Twitter gab es am Freitag zahlreiche kritische Kommentare. Als Reaktion auf die Geschichte wurde eigens das Hashtag #litosvios eingerichtet - also "sparsames Leben". Damit spielen die Kritiker auf einige Aussagen des Ministers bei dessen Amtsantritt an. Er hatte die Griechen zur Sparsamkeit und einem einfachen Lebensstil animiert.

Twitter-Nutzer Haris Nikolakakis spottete: "Dieser Fototermin zeigt der ganzen Welt, wie schlecht es in Griechenland läuft."

Ebenfalls bei Twitter meinte Nutzer Vasso Kalaitzi eine gewisse Ähnlichkeit zu einem anderen, noch ein wenig berühmteren Glamour-Paar erkannt zu haben: "Das sind die griechischen Beckhams."

Die linksliberale Tageszeitung "Efimerida ton Syntakton" kommentiert - und hat ein besonderes Detail auf den Fotos von "Paris Match" entdeckt: "Es sind ja nicht die Bilder allein. Varoufakis liest da in seinem eigenen Buch. Ob er die Ausgabe auch sich selbst gewidmet hat?"

Auch in der Zeitung "Proto Thema", einem der meistgelesenen Blätter des Landes, kommt Varoufakis nicht gut weg. Ein Leser beschwert sich: "Absolute Peinlichkeit. Das Shooting fand kurz vor dem wichtigen Treffen mit der Euro-Gruppe statt. Europa wartete auf eine Liste mit griechischen Reformen - und Varoufakis sitzt am Klavier. Wie lange will uns dieser Clown noch im Ausland blamieren?"

Die Homestory erschien tatsächlich kurz nach einem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel. Am Rande hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor Journalisten von einem Gespräch mit Varoufakis berichtet, in dem sich dieser offenbar über den Umgang der Medien mit ihm beklagte.

Nicht nur die Fotos irritieren viele Beobachter, sondern auch die Aussagen, die der Politiker dem Blatt in den Block diktiert hat. Denn diese stehen im scharfen Kontrast zu der Fotostrecke. "Ich misstraue dem Star-System", sagte Varoufakis dort. "Dass ich nun Teil davon bin, ist für mich eine große Quelle der Besorgnis und der Unzufriedenheit", so der Minister weiter. Er wolle sich aber nicht gegen dieses "Star-System" auflehnen, "denn es bekämpfen, heißt, es in Gang halten". Er könne "ihm nur den Sauerstoff entziehen", so der Minister. Was auch immer er damit meint.

jok/AFP/Mitarbeit: Giorgos Christides