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Wirtschaft Rubel-Absturz

Deutsche Spitzenmanager schreiben Russland ab

Die ehemalige Supermacht Russland liegt am Boden. Die hiesige Wirtschaftselite sieht trotzdem keinen Anlass, die Sanktionen gegen Moskau zu lockern. Das Geschäft lohnt sich eh kaum noch.

Deutsche Spitzenmanager haben Russland offenbar abgeschrieben. Nur so lässt sich erklären, dass die hiesige Wirtschaftselite derzeit keinen Grund sieht, trotz der dramatischen Rubel-Krise die harten Sanktionen gegenüber Russland zu lockern. In einer Umfrage unter den Mitgliedern des „Leaders Parliament“ von Roland Berger Strategy Consult und der „Welt“ sprachen sich 65 Prozent der Führungskräfte gegen eine sanftere Gangart gegenüber dem Kreml aus.

Präsident Wladimir Putin müsse erst zur Lösung des Ukraine-Konflikts beitragen, forderten gut 56 Prozent der Befragten. Weitere neun Prozent sind davon überzeugt, dass Russland die Probleme selbst in den Griff bekommen kann.

Quelle: Infografik Die Welt

Mögliche negative Folgen für die deutsche Wirtschaft scheinen für die Managerelite derzeit hingegen keine große Rolle zu spielen. Gerade einmal 5,7 Prozent der Spitzenkräfte, die sich in der Umfrage für eine Lockerung der Sanktionen aussprachen, führten dieses Argument ins Feld.

Das ist eine erstaunliche Minderheit, wenn man bedenkt, dass sich das Gros der deutschen Exportwirtschaft zu Beginn der Krim-Krise noch gegen Sanktionen ausgesprochen hatte, um die wirtschaftlichen Beziehungen nicht zu gefährden. Immerhin gehen gut drei Prozent der deutschen Exporte nach Russland, außerdem ist die Wirtschaft auf Energielieferungen aus dem größten Flächenland der Welt dringend angewiesen. Nach Zahlen der Ratingagentur Moody’s bezieht Deutschland rund 40 Prozent seiner Gaslieferungen von Moskau.

Immerhin knapp 27 Prozent der Befragten fordern nun eine gemäßigtere Gangart, da es nicht im Interesse des Westens sei, Russland zu destabilisieren.

Das Geschäft mit Russland ist unattraktiv geworden

Der Sinneswandel der deutschen Manager mag auch daran liegen, dass sich die Geschäfte in Russland kaum noch lohnen. Grund ist der scharfe Verfall des Rubel. Dieser hat seit Januar zum Euro rund 40 Prozent an Wert eingebüßt, sprich: Wer Waren und Dienstleistungen in Russland verkauft, muss die Preise um rund zwei Drittel erhöhen oder aber Einbußen hinnehmen. Das scheint für die meisten Manager nicht mehr sonderlich attraktiv.

Einige Firmen wie der Autohersteller GM oder der amerikanische Konzern Apple haben bereits Konsequenzen gezogen und ihre Geschäftsaktivitäten deutlich zurückgefahren. Selbst der russische Präsident Putin merkte in seiner jährlichen Pressekonferenz am Donnerstag an, dass er als Vergeltungsmaßnahmen gegen die westlichen Sanktionen keine Exportbeschränkungen für Automobile aus dem Westen mehr einführen müsse, da der schwache Rubel wie eine Art Einfuhrsperre wirkt.

Zwar erwarten Ökonomen hierzulande nicht, dass die gesamte deutsche Wirtschaft in den Strudel der Russland-Krise gezogen wird. Für einzelne Branchen, die in Russland besonders aktiv waren, haben sich die Aussichten aber dramatisch verschlechtert. Im Oktober fielen die Exporte nach Russland 22 Prozent niedriger aus als noch im Vorjahr. Und ein Ende des Abwärtstrends ist nicht in Sicht.

Selbst die sinkenden Ölpreise, die Deutschland als Energieimportnation eher helfen sollten, vergrößern derzeit die Sorgen eher, weil sie die geopolitischen Risiken in der Welt nur noch verstärken. In diesem unsicheren Umfeld sehen die Manager offensichtlich keinen Vorteil darin, die harte Haltung gegenüber Moskau aufzugeben. Die Spitzenmanager scheinen sich im Umgang mit Russland derzeit den Vorschlag so manchen Erziehungsratgebers zu Herzen genommen zu haben, die in Trotzphasen eine konsequente Haltung empfehlen. Und diese Haltung ist umso leichter zu verfechten, je schlechter die Geschäfte in Russland ohnehin laufen.

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