Nach der Einigung auf ein Reformpaket beim EU-Gipfel in Brüssel hat David Cameron das Datum für das Brexit-Referendum bekannt gegeben. Am 23. Juni sollen die Briten über ein mögliches Ausscheiden aus der Europäischen Union abstimmen. Das Datum gab Cameron bekannt, nachdem sich auch sein Kabinett für einen Verbleib in der EU ausgesprochen hatte.

Cameron lobte die erreichte Einigung mit den 27 EU-Partnerländern. Zu den britischen Bürgern sagte er, das Schicksal der Nation liege nun in deren Händen. Er selbst hatte am Freitag nach der Einigung erklärt, er werde sich nun mit Herz und Seele für ein "Ja" für einen Verbleib in der EU einsetzen. Er habe von den anderen EU-Ländern die von ihm angestrebten Zugeständnisse erhalten.

Vertreter der deutschen Wirtschaft äußerten sich besorgt über einen möglichen EU-Austritt Großbritanniens. "Ein Brexit wäre der Schneeball, der eine Lawine in Gang setzen kann", sagte der Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er erwarte für diesen Fall "eine spürbare Erosion der europäischen Einheit".

Kein "europäischer Superstaat"

Durch das neue Brüsseler Reformpaket soll das britische Sozialsystem mehr Schutz vor ungerechtfertigten Ansprüchen durch EU-Migranten bekommen, sagte Cameron. Das Königreich werde dank der Einigung kein Teil eines "europäischen Superstaates". Der Deal erlaube Großbritannien, am Rande der Europäischen Union zu stehen, wenn andere Nationen eine engere Gemeinschaft anstrebten. Außerdem werde sich Großbritannien niemals der Eurozone anschließen.

Der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, schrieb auf Twitter, es habe eine einstimmige Unterstützung für das neue Abkommen gegeben. Estlands Regierungschef Taavi Roivas sagte: "Ich glaube wirklich, dass David nach Hause gehen und dem britischen Volk raten kann, Ja dazu zu sagen, in der EU zu sein." Sein dänischer Amtskollege Lars Løkke Rasmussen twitterte: "David Cameron hat hart für Großbritannien gekämpft. Guter Deal für das Vereinigte Königreich und die EU. Glückwünsche!" Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite sagte, es liege nun an den Briten, zu entscheiden.

Die größten Spannungen während der Verhandlung gab es um die von Großbritannien gewünschte Einschränkung von Sozialleistungen an EU-Migranten. Vor allem die osteuropäischen Länder waren dagegen, da die meisten dieser Migranten aus ihren Ländern stammen. Nun wurde beschlossen, dass frisch nach Großbritannien kommende Arbeitnehmer aus der EU vier Jahre warten müssen, bis sie Sozialleistungen wie Steuergutschriften oder Kindergeld bekommen. Diese Befreiung gilt für Großbritannien sieben Jahre, Cameron hatte 13 Jahre angestrebt.

Darüber hinaus muss sich Großbritannien dem Bekenntnis einer immer enger zusammenwachsenden Union nicht anschließen. Der neuen Einigung zufolge sollen Empfehlungen für eine immer engere Union für Großbritannien nicht gelten.

Angesichts des anstehenden Referendums haben die EU-Gegner in London Premierminister David Cameron attackiert. Die Vereinbarung sei "nicht das Papier wert, auf der sie geschrieben ist", sagte Nigel Farage von der rechtspopulistischen UKIP bei einer Veranstaltung von Brexit-Befürwortern in London.

Zugleich berichteten britische Medien, dass sich mindestens vier Minister gegen Cameron stellen und beim geplanten Referendum für einen EU-Austritt werben wollten. Darunter sei auch Justizminister Michael Gove, ein bisheriger enger Vertrauter Camerons. Bis zu einem Fünftel der Tory-Abgeordneten seien Brexit-Befürworter.

Auch der Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn äußerte sich kritisch. Camerons Verhandlungen in Brüssel seien lediglich eine "theatralische Sideshow mit dem Ziel, seine Gegner in der konservativen Partei zu beruhigen", sagte Corbyn kurz vor dem Ende der Verhandlungen in Brüssel. Er werde sich aber für einen Verbleib in der Gemeinschaft einsetzen, fügte Corbyn hinzu.