Als Folge aus dem Germanwings-Absturz in den französischen Alpen, der vom Copiloten absichtlich herbeigeführt worden sein soll, hält Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ein Berufsverbot für Menschen mit Depressionen für denkbar. Voraussetzung sei eine "sorgfältige medizinische Begutachtung", sagte Herrmann dem Focus laut einem vorab veröffentlichten Bericht.

Wenn diese Begutachtung zu dem Ergebnis komme, "dass etwa ein Pilot, ein Busfahrer oder ein Taxifahrer dauerhaft nicht mehr geeignet ist, Menschen oder sonstige Güter zu transportieren, ohne dass Gefahr für Leib und Leben anderer besteht, dann kann solchen Personen auch der Führerschein beziehungsweise die Lizenz entzogen werden", sagte Herrmann.

SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach äußerte sich ähnlich. "Bei bestimmten Formen der Depression könnte ein Berufsverbot unter bestimmten Umständen notwendig sein", sagte Lauterbach dem Magazin. Das hänge aber sehr vom Einzelfall ab. "Wenn etwa eine gefährliche Depression klar diagnostiziert wird und sich der Patient einer Behandlung verweigert, wäre ein Berufsverbot die letzte Konsequenz."

Psychiater sehen die Diskussion über Konsequenzen aus dem Flugzeugabsturz mit Besorgnis. "In der öffentlichen Diskussion wird fälschlicherweise vermittelt, dass von psychischen Erkrankungen, insbesondere eine der häufigsten, der Depression, Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen, gegen die Schutzmaßnahmen erforderlich sind", schrieben die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, der Berufsverband Deutscher Nervenärzte und der Berufsverband Deutscher Psychiater in einer vor wenigen Tagen veröffentlichen gemeinsamen Stellungnahme. Mit "großer Bestürzung" werde die "völlig übereilte, von Spekulationen getragene, Meinungsbildung zu psychischen Erkrankungen als Ursache für den wahrscheinlich willkürlich herbeigeführten Flugzeugabsturz" wahrgenommen.

Stigmatisierende Wirkung politischer Forderungen

Forderungen aus der Politik, etwa die Schweigepflicht für den Fall zu lockern, dass Patienten mit psychischen Erkrankungen in verantwortungsvollen Positionen sind, verschärften die stigmatisierende Wirkung der Meinungsbildung, kritisierten die Fachverbände. "Solche Forderungen sind für Menschen mit psychischen Erkrankungen kränkend und sie gefährden das Arzt-Patienten-Verhältnis. Sie werden dazu führen, dass betroffene Menschen seltener und vielleicht zu spät Hilfe und Behandlung suchen", heißt es in der Stellungnahme.  

Bereits heute seien Ärzte im Übrigen "zu gezieltem vorbeugendem beziehungsweise die Gefährdung bekämpfendem Handeln berufsrechtlich verpflichtet", wenn sie bei Patienten aufgrund einer psychischen Erkrankung Gefährdungstendenzen feststellen, schrieben die Verbände. Dies gelte sowohl für Selbst- als auch für Fremdgefährdung. "Bei der Gefährdung höherer Rechtsgüter, z. B. Leib und Leben Anderer, ist die ärztliche Schweigepflicht in der Regel nicht mehr bindend. Juristisch stehen ihm dazu der Paragraph 34 Strafgesetzbuch (rechtfertigender Notstand) und vor allem die Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetze der Länder zur Verfügung, die eine sofortige Unterbringung in den geschützten Bereich eines psychiatrisch-psychotherapeutischen Krankenhauses vorsehen", heißt es weiter.

Durch das Flugzeugunglück am 24. März waren 150 Menschen ums Leben gekommen. Der Copilot der Germanwings-Maschine, steht im Verdacht, den Flugkapitän aus dem Cockpit ausgesperrt und dann das Flugzeug absichtlich zum Absturz gebracht zu haben.