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Michael Pagel (†39)

B.Z. trauert um ihren stellvertretenden Chef

Der stellvertretende Chefredakteur der B.Z, Michael Pagel (39), ist tot
Der stellvertretende Chefredakteur der B.Z, Michael Pagel (39), ist tot Foto: Charles Yunck

Adieu, Michael! Die B.Z. trauert um ihren stellvertretenden Chefredakteur Michael Pagel (†39) . Er starb am Sonntag.

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wie oft haben wir diesen Satz gesagt und geschrieben, über anderes und andere, eine Journalistenbinse, platt, aber dann doch irgendwie wahr. Am Samstagnachmittag war es so weit, durch Tränen verschleiert, unwirklich, aber endgültig. Die Hoffnung war gestorben, die besten Ärzte konnten meinem lieben Michael, meinem Freund und Stellvertreter, diesem großartigsten Menschen, den man sich vorstellen kann, nicht mehr helfen.

Wir nahmen Abschied, so gut das ging, seine starke Ehefrau, die kleine Tochter, die Familie und die Freunde. Sonntag Morgen, um kurz nach neun, ist Michael Pagel gestorben.

Am Donnerstag vor Pfingsten kam die SMS, in der er über seltsame Flecken auf dem Arm schrieb, ich nahm es nicht ernst, er wohl. So waren wir als Team. Der Pessimist und der Optimist. „Sorgen-Michi“ habe ich ihn genannt, dabei wusste ich, dass genau dieser Zweifel, die Hartnäckigkeit, das Noch-einmal-Herumdrehen der Fakten, ihn zu einem so ausgezeichneten Journalisten machten und zum besten Kollegen, den man als Chefredakteur haben kann. Einer, der Nein sagt, wo man aus dem Impuls heraus Ja sagt, und umgekehrt. Kein Schleimer, kein Sparringspartner, kein Sidekick. Ein Partner auf Augenhöhe, eine Ergänzung, einer, der reinen Wein einschenkt. Die andere Hälfte.

Ich bin so unendlich dankbar, dass er sechs Jahre bei mir war und werde ihn so schrecklich vermissen.

Die Flecken waren Blutkrebs, aus dem Büro musste er in die Charité und blieb dort für Monate, während draußen aus Frühling Sommer wurde, der Sommer, der der erste hätte sein sollen in dem Haus, das er sich als heimlicher Architekt hat bauen lassen. Dann kam der Herbst und es gab endlich Hoffnung. Ein Spender in den USA, die Transplantation, es ging ihm erst schlecht und dann immer besser. Die Weihnachtszeit mit der Familie am Wannsee war die letzte wirklich gute Zeit in seinem Leben.

Michael Pagel kam vor mehr als zehn Jahren aus Lübeck nach Berlin und er machte hier seine Träume wahr. Er war ein Mann ohne Fehl und Tadel, ich weiß von keinen Schatten auf seinem Tun. Er war von einer Bescheidenheit, die uns beschämte. Er war immer da, wo und wenn man ihn brauchte, so loyal, so treu, so gut, so klug. Die Hybris, die uns Journalisten zuweilen befällt, sie gab es bei ihm nicht.

Ab Januar wurden die Nachrichten düsterer. Ein Rückschlag hier, ein Rückschlag dort. Ein Infekt, Fieber. Schlappheit, wieder in die Klinik, andere Spritzen, neue Chemo. Ich schrieb zurück: Du schaffst das.

Ich glaubte noch daran, als er selbst es nicht mehr tat.

Ich kann und ich will es immer noch nicht fassen.

Jeder Tod ist ungerecht und ich versündige mich, aber ich sage trotzdem: Dieser spezielle Tod ist so sinnlos, unerklärbar, grausam. Michaels Tod ist kein Schicksal, er ist eine Tragödie und wir bei der B.Z. werden uns dagegenstemmen, wir werden so arbeiten und entscheiden, wie wir es bei ihm gesehen und von ihm gelernt haben.

Michael Pagel war vor allem ein Vorbild.

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