Andrea Voßhoff : Die Hüterin der Daten
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Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff Bild: Steffi Loos/CommonLens
Als Abgeordnete stimmte Andrea Voßhoff für die Datenspeicherung auf Vorrat. Nun ist sie Deutschlands oberste Datenschützerin. Kritiker schimpfen: Da wurde „der Bock zur Gärtnerin“ gemacht.
Mangelnde Leidenschaft für den Schutz der Privatsphäre kann man der neuen Bundesbeauftragten nicht unterstellen. Nicht nur, dass Andrea Voßhoff wie ein Wasserfall die Gefahren des „digitalen Zeitalters“ beschwören kann. Reizwörter wie „Profilbildung“, „gläserner Mensch“ und „Fremdbestimmung“ gehen ihr flüssig von den Lippen. Vor allem: Schon vor ihrem Amtsantritt hat sie auch ganz persönlich Vorsicht walten lassen und etwa für Bestellungen im Internet verschiedene Mailaccounts eingerichtet, so dass sie später sogar eine Spam-Attacke einer Quelle zuordnen konnte. Als Voßhoff dann vom Bundestag zur obersten Datenschützerin gewählt wurde, hat sie außerdem ihr persönliches Facebook-Konto gelöscht. Nicht aus Opportunismus, versichert die frühere rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion: „Ich finde, die Nutzung wäre mit der Ausübung meines Amtes nicht vereinbar.“
Aus dem rot-grünen Lager erntete Voßhoff dennoch Feindseligkeiten. Weil die 55Jahre alte Juristin im Parlament einst für die Vorratsdatenspeicherung votiert hatte, wetterten manche, da habe die große Koalition den „Bock zur Gärtnerin“ gemacht. „Ich möchte an meiner Arbeit gemessen werden“, kontert sie: „Damit kann ich am Ende hoffentlich am besten überzeugen.“ Einen Hehl aus ihrem früheren Abstimmungsverhalten im Parlament habe sie nie gemacht, versichert die gebürtige Emsländerin. Allerdings habe sie von Anfang an betont, dass am Ende der Europäische Gerichtshof entscheiden werde. Und seit dieser die entsprechende EU-Richtlinie gekippt hat, zweifelt Voßhoff daran, dass die Mitgliedstaaten überhaupt noch eine Ausgestaltung finden könnten, die dem Anliegen der Verbrechensbekämpfer entspricht.
Voßhoff findet Google-Urteil gut
Für ihren neuen Job ist Voßhoff zusammen mit ihrem Mann – einem Juristen im Ruhestand – nach Bonn gezogen, wo die Behörde ihren Hauptsitz hat. Nicht jeder weiß, dass sie nicht nur über den Datenschutz zu wachen hat, sondern auch über die Informationsfreiheit des Bürgers gegenüber dem Staat und seiner Verwaltung – in gewisser Weise genau das gegenteilige Anliegen. Die Kontrolle der Bundesministerien und all ihrer nachgeordneten Behörden beim Umgang mit sensiblen Informationen über die Menschen steht aber im Vordergrund. Für die Privatwirtschaft sind hingegen vor allem die Datenschutzbeauftragten der Bundesländer zuständig; diese können auch – anders als die Bundesbeauftragte – echte Sanktionen verhängen und nicht nur Beanstandungen aussprechen. Dennoch darf man sich die Amtschefin als eine mächtige Frau vorstellen: 300 Jobcenter und 400 Sozialversicherungsträger müssen jederzeit mit Kontrollen durch ihre Mitarbeiter rechnen; ebenso sage und schreibe 3000 Telekommunikationsbetreiber und 1500 Postdienstleister.
Mit dem „Recht auf Vergessenwerden“ in den Suchmaschinen im Internet haben die Europarichter kürzlich abermals den Datenschutz gestärkt. „Die Kriterien des Google-Urteils sind sehr vage“, bedauert Voßhoff: „Der Gesetzgeber sollte die Einzelheiten festlegen.“ So lasse sich auch sicherstellen, dass Informations- wie Meinungsfreiheit der Internetnutzer nicht zu kurz kommen. Den Luxemburger Richterspruch findet sie gut – auch wenn es mittlerweile Vorwürfe gibt, dass Google auf Antrag auch Zeitungsartikel löscht, die ihre Richtigkeit haben und noch von aktueller Bedeutung sind. „Die Informationen selbst sind ja nicht weg“, versucht Voßhoff zu beruhigen: „Wenn es dagegen um das pauschale Löschen von Inhalten ginge, wäre dies wegen der Kollision mit dem Recht auf Informationsfreiheit bedenklich.“