Berlin will Kurden aufrüsten :
Waffen für die Infanterie des Westens

Berthold Kohler
Ein Kommentar von Berthold Kohler
Lesezeit: 2 Min.
Kurdische Kämpfer feuern bei Mossul auf Stellungen von IS-Dschihadisten.
Die Weitergabe von Kriegsgerät ist mit Risiken verbunden. Doch kann sich auch der schuldig machen, dem schon das zu schmutzig ist. Die Entscheidung der Bundesregierung ist richtig.

Mit Waffen, „die man heute liefert“, könnten „morgen unschuldige Menschen umgebracht werden“. Da hat der stellvertretende SPD-Vorsitzende Stegner zweifellos recht. Das ist in Krisen- und Kriegsgebieten immer wieder geschehen. Auch mussten nicht nur die Amerikaner schon in die Mündungen ihrer eigenen Gewehre und Kanonen blicken, weil sich in Ländern wie Irak oder Afghanistan die Verhältnisse geändert hatten oder das Kriegsmaterial auf dem Schwarzmarkt landete.

Das alles zwingt zur Vorsicht bei der Weitergabe von Rüstungsgütern, selbst noch bei vierzig Jahre alten „Milan“-Raketen. Doch gibt es auch – furchtbare – Gründe zur Eile. Denn im Norden des Iraks werden schon seit Wochen in Massen unschuldige Menschen umgebracht. Die Dschihadisten des „Islamischen Staats“ brauchen dazu keine modernen Systeme. Zum Massakrieren von ganzen Volksgruppen und zum Abschlachten von entführten Journalisten genügt ihnen die Waffentechnik der Antike.

Die westlichen Demokratien müssen diesem Zivilisationsbruch und der Ausdehnung dieses totalitären Horrorregimes nicht nur deshalb entgegentreten, weil das ihre Werteordnung und ihr Selbstverständnis von ihnen verlangt. Der „Islamische Staat“ stellt eine akute Bedrohung für die ohnehin schon instabile Lage im Nahen Osten sowie eine langfristige Gefahr für die innere Sicherheit Europas und der Vereinigten Staaten dar.

Selbst schuld, meinen da Arabienspezialisten wie Stegner: Obama müsse im Irak nun ausbaden, „dass durch den Krieg von seinem Vorgänger Bush die Strukturen dort kaputt gemacht worden sind“. Sollte das ein Plädoyer dafür sein, künftig lieber die Strukturen von lupenreinen Diktaturen wie der von Saddam Hussein zu erhalten? Wohl kaum. Offenbar müssen aber vor allem deutsche Innenpolitiker noch lernen, dass die mörderischen Auseinandersetzungen in der arabischen Welt nicht allein dadurch einzudämmen sind, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung dort Konfliktbewältigungsseminare abhält.

Der Einsatz von eigenen Bodentruppen kommt für Amerikaner und Europäer nach den gemachten Erfahrungen nicht in Frage. Damit sind die Kurden die Infanterie des Westens. Es ist, bei allen Risiken, richtig, sie besser auszurüsten, und das nicht nur mit Nachtsichtgeräten. Es wäre falsch, dem Irrglauben zu folgen, schuldig mache sich immer nur der, der Waffen liefere.