Politik

Bericht des Thüringer Ausschusses Politik hat beim NSU komplett versagt

Vernichtender könnte das Urteil kaum ausfallen: Der NSU-Untersuchungsausschuss in Thüringen hat die "Geschichte eines einzigen Versagens" der Politik zusammengetragen. Der Landtag entschuldigt sich bei den Opfern.

Der Thüringer Landtag hat sich bei den Angehörigen der Opfer des "Nationalsozialistischen Untergrundes" entschuldigt. "Wir bitten Sie für die Verdächtigungen und für die lange Zeit fehlende Empathie um Verzeihung", sagte Landtagspräsidentin Birgit Diezel. Der rechtsextremen Terrorzelle NSU werden zehn Morde in der Zeit von 2000 bis 2007 zur Last gelegt - vorwiegend an Migranten.

So viele Akten hatte der thüringer NSU-Untersuchungsausschuss schon nach einem halben Jahr Arbeit gesammelt.

So viele Akten hatte der thüringer NSU-Untersuchungsausschuss schon nach einem halben Jahr Arbeit gesammelt.

(Foto: dpa)

Thüringen trage als Land, aus dem die mutmaßlichen Täter stammen, "eine besondere Verantwortung und eine besondere Schuld", sagte die Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Dorothea Marx. Die SPD-Politikerin hatte Diezel zuvor den Abschlussbericht im Thüringer Landtag übergeben. Diezel sagte, mit dem Untersuchungsausschuss habe das Parlament "einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung geleistet". Der Bericht zeige auch, dass staatliches Handeln jederzeit hinterfragt werden könne und wie wichtig parlamentarische Kontrolle sei.

In dem bereits vorab bekanntgewordenen Dokument stellen die Abgeordneten den Thüringer Sicherheitsbehörden, der Staatsanwaltschaft, aber auch der Politik ein vernichtendes Urteil bei der Verfolgung der NSU-Terrorzelle aus. Die Geschichte der Fahndung nach dem Trio sei "ein einziges Versagen" und ein "Fiasko" gewesen, heißt es in dem knapp 1800 Seiten umfassenden Bericht.

"Verdacht gezielter Sabotage"

Wichtige Informationen seien zurückgehalten, Spuren und Hinweise nicht verfolgt worden, beklagt der Ausschuss. Auch bei der Zusammenarbeit zwischen den Behörden, vor allem zwischen dem Thüringer Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt, habe es eklatante Mängel gegeben, wobei vor allem der Verfassungsschutz dabei den angeblichen Schutz von "Quellen" in der rechtsextremen Szene vorgeschoben habe.

Die Häufung falscher oder nicht getroffener Entscheidungen lassen nach Ansicht des U-Ausschusses auch "den Verdacht gezielter Sabotage" bei der Suche nach dem untergetauchten Trio zu. Zumindest mittelbar hätten die Sicherheitsbehörden zudem den Aufbau rechtsextremer Strukturen in Thüringen begünstigt. Als Beispiel nennt der Bericht den Umgang mit dem rechtsextremen V-Mann Tino Brandt, der übermäßig hohe Prämien erhalten habe und offenbar vor gegen ihn gerichteten Ermittlungen gewarnt worden sei.

Thüringens Innenminister Jörg Geibert würdigte die Arbeit des Ausschusses als wichtigen Beitrag "für die Aufarbeitung dieses beispiellosen Falles von Behördenversagen in Bund und Ländern". Der CDU-Politiker verwies darauf, dass zuvor eine vom Innenministerium eingesetzte Kommission bereits eklatante Versäumnisse der Behörden benannt hatte.

Der Thüringer Untersuchungsausschuss war vom Parlament einstimmig eingesetzt worden und hatte im Februar 2012 seine Arbeit aufgenommen. Dabei erhielt das Gremium gleich bundesweite Aufmerksamkeit, als die Ausschussvorsitzende Dorothea Marx vorschlug, das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe vorzuladen. Alle Vertreter der fünf Landtagsfraktionen brachten in dem Abschlussbericht nun allerdings Sondervoten unter.

Quelle: ntv.de, nsc/AFP/dpa

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