Die von dem amerikanischen Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald gegründete Nachrichten-Website The Intercept hat ein bisher geheim gehaltenes Dokument veröffentlicht, das zeigt, nach welchen Kriterien die USA Personen in ihre Terrordatenbank aufnehmen. Das 166 Seiten lange Regelwerk legt wörtlich fest, dass US-Behörden weder über "unumstößliche Beweise" noch "konkrete Fakten" verfügen müssen, um Personen für die Aufnahme in die Terror-Watchliste der USA zu nominieren. Ein "begründeter Verdacht" sei ausreichend.

Die Aufnahme in die Terrordatenbank der USA kann für die Betroffenen erhebliche Konsequenzen haben. So stammen zum Beispiel die Namen auf der sogenannten No-Fly-Liste aus dieser Datenbank. Wer auf ihr steht, darf mit keinem Flugzeug mehr fliegen, das in den USA startet oder landet. Den eigenen Namen wieder von der Liste entfernen zu lassen, ist so gut wie unmöglich.

Aktivisten kritisieren laut The Intercept, dass die Kriterien einen zu großen Personenkreis umfassen. "Anstatt eine Liste zu führen, die sich auf tatsächliche, bekannte Terroristen beschränkt, hat die Regierung ein unüberschaubares System erstellt, das auf der unbelegten und fehlerhaften Annahme basiert, man könne vorhersagen, ob eine Person einen Terrorakt in der Zukunft begehen wird", sagte Hina Shamsi, Vertreterin der Bürgerrechtsorganisation ACLU. Die Regierung stelle Menschen vor die unmögliche Aufgabe, ihre Unschuld für Taten zu beweisen, die sie nie begangen haben, sagte Shamsi. Sie fügte hinzu: "Diese Kriterien hätten niemals geheim sein dürfen."

In einem Rechtsstreit um die No-Fly-Liste wurde von einem Betroffenen bereits versucht, Zugang zu der nun veröffentlichten Kriterienliste, der sogenannten Watchlisting Guidance, zu erhalten. Dies wurde von den US-Behörden mit der Begründung abgelehnt, dass eine Veröffentlichung eine erhebliche Gefahr für die nationale Sicherheit zur Folge haben könnte.  

Das System zur Nominierung von Personen zur Aufnahme in die Terrordatenbank scheint laut dem Intercept-Bericht über nur geringe Kontrollmechanismen zu verfügen. So sieht die Nationale Antiterror-Zentrale (NCTC), die für die Datenbank verantwortlich ist, laut dem Regelwerk alle Nominierungen durch die zuständigen US-Behörden als gerechtfertigt an, sofern keine Beweise vorliegen, die das Gegenteil belegen. In der Praxis kommt das nur selten vor: Laut Regierungsangaben wurden im vergangenen Jahr fast 470.000 Menschen für die Aufnahme auf die Terror-Watchlist nominiert. Lediglich 4.900 Nominierungen wurden abgelehnt. Insgesamt wurden in den vergangenen fünf Jahren über 1,5 Millionen Menschen in die Terrordatenbank eingetragen. 

Die Watchlisting Guidance sieht mehrere Möglichkeiten vor, Personen sogar dann auf die schwarze Liste zu setzen, wenn kein begründeter Verdacht vorliegt. So können unter anderem Familienangehörige von Terrorverdächtigen in die Datenbank aufgenommen werden. Anhaltspunkte, dass diese selbst in terroristische Aktivitäten verwickelt sind, seien dafür nicht nötig. Das gleiche gilt für Personen, die eine "mögliche Verbindung zum Terrorismus" haben, gleichzeitig jedoch nicht genügend belastende Informationen vorlägen, um einen begründeten Verdacht zu belegen.

Betroffene Personen haben kaum eine Möglichkeit sich dagegen zu wehren. Offiziell wird ihnen nicht einmal die Aufnahme in die Terrordatenbank mitgeteilt: "Der Grundsatz der US-Regierung lautet, den Watchlisten-Status einer Person weder zu bestätigen noch zu dementieren", steht in dem Regelwerk. "Dieses System verhöhnt die Idee des Rechtsstaatsprinzips und das Recht, seinem Ankläger entgegentreten zu können", kommentiert Jeremy Scahill, einer der Autoren des Enthüllungsberichts.