Garnisionskirche Potsdam

Stiftung und Kirche nehmen Stadt in Geiselhaft

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Carl Hasenpflug: Die Garnisonkirche zu Potsdam, 1827
Carl Hasenpflug: Die Garnisonkirche zu Potsdam, 1827

POTSDAM. (hpd) Die Stiftung für den Wiederaufbau der Garnisonkirche musste in einem Bürgerbegehren eine Niederlage hinnehmen: In einer Befragung sprachen sich 14.285 Potsdamer gegen den Wiederaufbau der Kirche aus. Daraufhin musste sich das Stadtparlament noch einmal mit dem Thema befassen.

Allerdings enthielten sich in der Sonder­sitzung der Potsdamer Stadt­verordneten die Mehrzahl der VertreterInnen der Wähler­gruppen und Parteien zur Frage, ob das Bürger­begehren angenommen werden soll. Für die Bürger­initiative bedeutete das in erster Linie, dass durch taktisches Abstimmungs­verhalten ein Bürger­entscheid verhindert wurde.

Andererseits hieß das aber auch, dass Potsdams Oberbürger­meister, Jann Jakobs (SPD), in der Stiftung, die für den Bau der Kirche gegründet wurde und deren Mitglied auch die Stadt Potsdam ist, einen Antrag auf Auf­lösung der Stiftung ein­bringen musste.

Dieser Antrag wurde erwartungsgemäß abgelehnt. Die Stadt hat nur einen Sitz im elfköpfigen Kuratorium der Stiftung; für die Auf­lösung der kirchlichen Stiftung wäre jedoch eine Drei­viertel­mehrheit notwendig gewesen. Jakobs konnte also sicher sein, dass sein Antrag wirkungs­los bleiben wird.

Doch die Bürger­initiative “Für ein Potsdam ohne Garnison­kirche” will noch nicht aufgeben. Gestern veröffentlichte sie eine Presse­mitteilung, in der es heißt: “Das Ergebnis der Abstimmung im Kuratorium gegen die Auf­lösung der Stiftung der Garnison­kirche ist für die Bürgerinitiative nicht überraschend. Der OB hat sich keinerlei Mühen gemacht, den Auftrag des Bürger­begehrens ernsthaft zu ver­folgen. Eine Maß­nahmen­liste zur Über­zeugungs­arbeit gegen­über den Kirchen­vertreterInnen, die die BI erstellt hatte, wurde voll­kommen ignoriert.”

Sie weist darauf hin, dass der Ober­bürger­meister nur wenig Interesse an der Umsetzung des Bürger­begehrens hat, da er selbst für den Wieder­aufbau der Garnision­kirche sei. Er “befindet sich in einem ernst­haften Interessen­konflikt.” Das jedoch darf der Stadt nicht zum Nachteil gereichen. Und so erwägt die Bürger­initiative, die Kommunal­aufsicht als Kontroll­organ einzu­schalten: “Da der OB die Treue­pflicht in einer kirch­lichen Stiftung mit seinem Ver­halten höher ein­stuft als die Treue­pflicht gegen­über der Potsdamer Bürger­schaft.”

Zudem sieht die Bürger­initiative die Leiterin des Rechts­amts, Karin Krusemark, “in einem nicht zu tolerierenden Interessen­konflikt: Sie hat für den OB ein Rechts­gutachten erstellen lassen, welches dem OB seine geringe Handlungs­fähigkeit gegen­über dem Bürger­begehren bescheinigte.” Aller­dings ist sie nicht nur Leiterin des Rechts­amts, sondern auch Vor­stands­mitglied bei der Förder­gesell­schaft für den Wieder­aufbau der Garnison­kirche. “Daher verwundert das Ergebnis des Rechts­gutachtens wenig - genauso wenig wie die Tat­sache, dass das im Haupt­ausschuss am 28. August ‘zitierte’ Rechts­gutachten trotz Nach­fragens immer noch nicht ver­öffent­licht wurde.”

Potsdams Ober­bürger­meister wird von der Bürger­initiative dazu aufge­fordert, den Kuratoriums­sitzungen so lange fern­zubleiben, wie er “die Maßnahmenliste nicht abge­arbeitet hat”.

“Überraschend dagegen findet die BI die Kalt­schnäuzig­keit, die die Kirchen­männer im Kuratorium an den Tag legen” schreibt die Bürger­initiative in ihrer Presse­mitteilung. “Sie beharren stur auf dem Wieder­aufbau der Garnison­kirche und nehmen die Stadt in Geisel­haft. Die von der Stiftung immer wieder ange­führte soge­nannte Versöhnungs- und Friedens­arbeit wirkt nur noch wie ein Hohn.”