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Abschlussbericht Thüringer Landtag entschuldigt sich bei Angehörigen von NSU-Opfern

Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss hat offiziell seinen Abschlussbericht vorgelegt. Das 1800 Seiten starke Papier bezeichnet die Ermittlungen als "Desaster". Landtagspräsidentin Birgit Diezel bat die Angehörigen der Opfer um Verzeihung.
Abschlussbericht des Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses: Offiziell vorgelegt

Abschlussbericht des Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses: Offiziell vorgelegt

Foto: Michael Reichel/ dpa

Erfurt - Der Thüringer Landtag hat sich bei den Angehörigen der Opfer des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) entschuldigt. "Wir bitten Sie für die Verdächtigungen und für die lange Zeit fehlende Empathie um Verzeihung", sagte Landtagspräsidentin Birgit Diezel in Erfurt. Der rechtsextremen Terrorzelle NSU werden zehn Morde in den Zeit von 2000 bis 2007 zur Last gelegt - vorwiegend an Migranten.

Thüringen trage als Land, aus dem die mutmaßlichen Täter stammen, "eine besondere Verantwortung und eine besondere Schuld", sagte die Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Dorothea Marx. Sie hatte Diezel zuvor den Abschlussbericht im Thüringer Landtag übergeben.

Der mehr als 1800 Seiten starke Bericht bescheinigt den Sicherheitsbehörden Versagen bei der Verfolgung der drei Mitglieder der Terrorzelle. Die Ermittlungen seien ein "Desaster" gewesen, aus dem Konsequenzen gezogen werden müssten, heißt es darin. Das Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe hatte 1998 untertauchen können und war erst 2011 aufgeflogen. Zschäpe muss sich derzeit vor dem Oberlandesgericht München verantworten.

"Ein einziges Versagen"

Mit der zweieinhalbjährigen Arbeit des Untersuchungsausschusses habe das Parlament "einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung geleistet", sagte Diezel. Der Bericht zeige auch, dass staatliches Handeln jederzeit hinterfragt werden könne und wie wichtig parlamentarische Kontrolle sei.

In dem bereits vorab bekannt gewordenen Dokument stellen die Abgeordneten den Thüringer Sicherheitsbehörden, der Staatsanwaltschaft, aber auch der Politik ein vernichtendes Urteil aus. Die Geschichte der Fahndung nach dem Trio sei "ein einziges Versagen" und ein "Fiasko" gewesen. Wichtige Informationen seien zurückgehalten, Spuren und Hinweise nicht verfolgt worden, beklagt der Ausschuss.

Auch bei der Zusammenarbeit zwischen den Behörden, vor allem zwischen dem Thüringer Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt, habe es eklatante Mängel gegeben, wobei vor allem der Verfassungsschutz den angeblichen Schutz von "Quellen" in der rechtsextremen Szene vorgeschoben habe. Die Häufung falscher oder nicht getroffener Entscheidungen lassen nach Ansicht des U-Ausschusses auch "den Verdacht gezielter Sabotage" bei der Suche nach dem untergetauchten Trio zu.

wit/dpa/AFP