Das FBI als Terrorhelfer

"Illusion of Justice" - HRW-Bericht wirft FBI-Agenten vor, unbescholtene Muslime zu terroristischen Taten angestiftet zu haben

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Es ist nicht das erste Mal, dass einem bei den Anti-Terror-Bemühungen der USA die Umdrehung des bekannten Mephistopheles-Spruchs einfällt: "Ein Teil von jener Kraft, // Die stets das Böse will und stets das Gute schafft." Führt man sich den aktuellen Bericht der Human Rights Watch-Organisation mit dem Titel Illusion of Justice vor Augen, der 27 Fälle von Terroristen in den USA unter die Lupe nimmt, dann ist man geneigt, die counterterrorism-Arbeit des FBI mit der genau entgegengesetzen Maxime zu charakterisieren: Dass hier eine Kraft am Wirken ist, die stets das Gute will - oder es zumindest behauptet - und das Böse schafft (s.a.: FBI züchtet Terroristen).

An dieser Stelle wurde schon öfter auf die seltsamen Verwicklungen von FBI-Undercover-Agenten bei der Planung von Terroranschlägen hingewiesen (Wie man einen Terroristen macht). Die Verwicklungen waren derart, dass sich auch US-Richter des öfteren die Frage stellten, ob die Anschläge ohne Beteiligung der verdeckten FBI-Ermittler überhaupt erst geplant worden wären - was auf Erfolgsgeschichten von vereitelten Terror-Anschlägen einen derartigen Zweifel warf, dass man als vernünftiger Nachrichtenleser bei Meldungen von solchen vereitelten Terroranschlägen zunächst einmal nach der Beteiligung des FBI forscht.

"Illusion of Justice" schildert solche Beispiele. An den Einzelfällen wird die Umsetzung der großen Themen der Anti-Terror-Politik veranschaulicht: Prävention, ein großes Überwachungsnetz, Verdachtsmuster, Machtmissbrauch, Täuschung der Öffentlichkeit, Nichtachtung von Grundrechten. Im Fokus stehen Minderheiten. Im vorliegenden Bericht insbesondere Muslime.

Wie der Co-Autor Tarek Z. Ismail erklärt spielt die "radicalization theory" eine große Rolle bei der Fahndungsarbeit. Ihr liegen verschiedene Stufen der Radikalisierung von Muslimen zugrunde, mit einfachsten Symptomen wie zum Beispiel das Wachsenlassen von Bärten, eine gewisse Offenheit für Salfismus etc...Der entscheidende Punkt ist, dass sich Undercover-Agenten nach diesem Muster "Kandidaten" einer überwachten muslimischen Gemeinschaft heraussuchen, um mit ihnen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.

Der erlangte Nähe wurde dann erwiesenermaßen in eingen Fällen dazu genutzt, um die Männer dazu zu überreden, ihre Überzeugungen in die Tat umzusetzen - in eine Straftat, die dann rechtzeitig vereitelt wurde und in der Öffentlichkeit als Beispiel für die gute Arbeit der Antiterror-Arbeit dargestellt wurde.

Der Öffentlichkeit wird Falsches verkauft, so der Schluss von HRW aus den Recherchen. Zwar gebe es die Bedrohung durch den Terrorismus, "aber in vielen Fällen, die wir dokumentiert haben, gab es keine Bedrohung, bis das FBI auf den Plan trat und dabei mithalf, die Personen zu Terroristen zu machen".

Am Bericht beteiligt war auch das Institut für Menschenrechte der Columbia Law School. Dort wird vor allem darauf verwiesen, dass die Haftbedingungen von Verurteilten häufig nicht Menschenrechtsstandards genügen.