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  4. Pass gegen Geld : Reiche kaufen sich in Malta Staatsbürgerschaft

Ausland Geschäft mit Pässen

Tausende Reiche werden gegen Geld EU-Bürger

Dieses Geschäftsmodell macht der EU-Kommission Sorgen: Mitgliedsstaaten verkaufen Pässe für viel Geld. Malta etwa verzeichnet riesigen Andrang. 200 Bewerber aus fast 30 Ländern wollen Europäer werden.

Pässe gegen Bezahlung – das ist ein neues Geschäft für immer mehr EU-Länder. Das Prinzip ist ganz einfach: Um die Staatshaushalte mit Millionen aufzubessern, verkaufen vor allem klamme EU-Länder die Staatsbürgerschaft an Reiche, die außerhalb der Europäischen Union leben – vorzugsweise Chinesen, Russen und Araber.

Im Gegenzug werden die Käufer EU-Bürger: Sie haben dann die gleichen Rechte wie alle anderen Unionsbürger. Sie dürfen sich frei bewegen, Unternehmen gründen, wohnen und arbeiten, wo sie wollen, und – besonders wichtig für viele Russen – sie können ihre Kinder problemlos auf europäische Universitäten schicken.

Experten erwarten, dass der Verkauf von Staatsbürgerschaften in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen wird. Schon jetzt ist die Nachfrage aus Drittstaaten nach EU-Pässen deutlich höher, als die Verkäufer in den europäischen Regierungszentralen erwartet hatten.

Das Geschäft ist so lukrativ, dass einzelne Unternehmen mittlerweile gegen hohe Provisionen die Vermittlung von Pässen anbieten: „Investor Immigration Services“ heißt das neue Geschäftsfeld. Einer der wichtigsten Vermittler ist die Firma Henley & Partners (H&P) mit Sitz auf der britischen Kanalinsel Jersey und einer Niederlassung in Zürich.

Brüssel ist machtlos gegen die Praxis

Die Europäische Kommission und das Europaparlament sehen die Entwicklung mit Bauchschmerzen. „Staatsbürgerschaft gegen Geld ist zynisch. Das hat nichts mit europäischen Werten zu tun. Diese Praxis muss sofort gestoppt werden“, sagte die Chefin des Haushaltskontrollausschusses im EU-Parlament, Inge Grässle (CDU), der „Welt“.

Es bestehe die große Gefahr, dass Kriminelle durch den Kauf von Staatsbürgerschaften viel leichter Zugang nach Europa erhalten. Grässle: „Die EU-Regierungen sollten schnellstmöglich gemeinsame Kriterien entwickeln, die für alle Mitgliedsstaaten verbindlich festlegen, wer einen EU-Pass bekommt. Es darf nicht länger so sein, dass reiche Menschen aus Nicht-EU-Ländern sich Staatsbürgerschaften in der Europäischen Union kaufen können, während die armen Menschen, die wegen Hunger und Gewalt aus ihrer Heimat fliehen, im Mittelmeer ertrinken.“

Bisher ist Brüssel gegen die neue Verkaufspraxis machtlos. Die EU-Gesetze sind eindeutig: Jedes der 28 Mitgliedsländer kann selbst entscheiden, wem es die Staatsbürgerschaft gewährt und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte dies in der Vergangenheit mehrfach bestätigt.

Namen der Käufer werden auf Malta veröffentlicht

Jetzt wurde bekannt, dass mehr als 200 Bewerber aus rund 30 Nicht-EU-Ländern die Staatsbürgerschaft von Malta kaufen wollen. Das teilte nicht etwa die Regierung in Valletta, sondern das Unternehmen H&P mit. Es ist offiziell für die Verwaltung des Passprogramms in Malta zuständig. Aus welchen Ländern die Interessenten stammen, teilte H&P aus Gründen der Vertraulichkeit nicht mit.

Die Regierung von Malta wurde von dem großen Andrang aus aller Welt überrascht. Sie hatte nach Angaben des britischen Senders BBC im ersten Jahr des Verkaufsprogramms nur mit etwa 50 Interessenten gerechnet. Der Inselstaat mit 420.000 Einwohnern will vorerst 1800 Staatsbürgerschaften vergeben. Laut Prognosen werden die Pässe in knapp zwei Jahren ausverkauft sein. Ende 2013 hatte die Regierung von Ministerpräsident Joseph Muscat das Pass-Verkaufsprogramm beschlossen. Ursprünglich wollte Malta seine Staatsbürgerschaft dabei für 650.000 Euro anbieten. Die Opposition schimpfte; Brüssel zeigt sich zerknirscht, stimmte aber zu.

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Muscat war erleichtert, aber er besserte sein Programm nach und verschärfte die Auflagen: Die Käufer müssen jetzt nicht nur 650.000 Euro in einen Staatsfonds investieren, sondern auch 350.000 Euro in Immobilien und 150.000 Euro in Staatsanleihen. Das sind insgesamt 1,15 Millionen Euro. Neu ist auch, dass die Namen der Käufer veröffentlicht werden und vor der Passvergabe zunächst eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung ausgestellt wird. Bis Anfang August hatte aber laut maltesischen Medien noch kein Bewerber einen Pass bekommen. H&P will die Aspiranten erst einmal ausführlich prüfen, hieß es.

Malta steht nicht allein. Auch Zypern verkauft seine Staatsbürgerschaft für drei Millionen Euro. Billiger ist es in Bulgarien: Wer 500.000 Euro investiert, kann ohne Sprachkenntnisse eingebürgert werden. Großbritannien vergibt gegen eine Investition von einer Million Pfund zunächst ein Visum, nach fünf Jahren unbegrenztes Aufenthaltsrecht und nach sechs Jahren den Pass. Auch Österreich verkauft EU-Pässe gegen Millionen-Investitionen – aber die Regierung in Wien schweigt darüber diskret.

Portugal stellt mehr als 1000 „Goldene Visa“ für Chinesen aus

Einige Länder bieten den Käufern statt Staatsbürgerschaften nur Aufenthaltsrechte von unterschiedlicher Dauer an. Besonders erfolgreich ist dabei das EU-Krisenland Portugal. Wer dort seit März 2013 aus einem Nicht-EU-Land entweder eine Million in ein Unternehmen investiert oder zehn Arbeitsplätze schafft oder für 500.000 Euro eine Immobilie kauft, erhält ein „Goldenes Visum“.

Es gewährt zunächst eine einjährige Aufenthaltserlaubnis, kann aber problemlos verlängert werden. Laut Portugals Ministerium für Außenhandel wurden bisher 1360 „Goldene Visa“ ausgestellt, 1101 Genehmigungen gingen dabei an Chinesen, 43 an Russen und 38 an Brasilianer. Insgesamt flossen in diesem Jahr nach 306 Millionen in 2013 rund 817 Millionen Euro in die klammen Staatskassen – die Regierung hatte nur 500 Millionen Euro erwartet. Bis zum Jahresende soll die Marke von einer Milliarde Euro geknackt sein.

Auch Lettland stellt Aufenthaltsbewilligungen gegen Bares aus: Wer 140.000 Euro in Immobilien investiert, darf fünf Jahre bleiben und hat gute Aussichten auf eine Verlängerung. Nach Angaben der Regierung haben seit Juli 2010 rund 4000 Bürger aus Drittstaaten eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Gewinn für Lettlands Haushalt: mehr als 800 Millionen Euro. Auch Griechenland, Ungarn, Irland und Spanien verkaufen Aufenthaltsrechte. Die Preise liegen zwischen 250.000 bis 500.00 Euro.

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