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Offener Brief an Bundesregierung Nahost-Experten fordern Ende von Rüstungsexporten nach Israel

Dialog mit der Hamas, mehr Druck auf Israel: Deutsche Nahost-Experten fordern von der Bundesregierung eine andere Haltung in der Gaza-Krise. Die Bilanz der bisherigen Politik sei ernüchternd.
Israelischer Panzer am Gaza-Streifen: Forderung nach Kurswechsel der Bundesregierung

Israelischer Panzer am Gaza-Streifen: Forderung nach Kurswechsel der Bundesregierung

Foto: BAZ RATNER/ REUTERS

Berlin - Ein Bündnis von mehr als 90 deutschen Nahost-Experten hat die Bundesregierung zu einem Kurswechsel in der Politik gegenüber Israel und Palästina aufgerufen. In einem offenen Brief an die Regierung und Bundestagsabgeordneten  fordern sie mehr Einsatz für einen dauerhaften Waffenstillstand und ein Ende der Blockade des Gaza-Streifens. Die Initiatoren schreiben:

"Ohne Aufhebung der Blockadepolitik gibt es keinerlei Entwicklungsperspektive für die Menschen in Gaza und keine Chance für die Zweistaatenlösung."

Zu den Erstunterzeichnern gehören unter anderem Ulrike Freitag, Direktorin des Zentrums Moderner Orient in Berlin, und Udo Steinbach, Gründungsdirektor des Giga-Instituts für Nahost-Studien. Auch ehemalige Botschafter und führende Mitarbeiter der Heinrich-Böll-Stiftung haben den Brief unterschrieben.

"Die Hamas bleibt, ungeachtet der Aktivitäten ihres militärischen Flügels, eine populäre politische Partei", heißt es in dem Aufruf weiter. "Der Dialog mit den politischen Vertretern der Hamas sollte deshalb nicht länger verweigert werden, die Bilanz der Isolationspolitik seit dem Wahlsieg 2006 ist ernüchternd."

Dieser Austausch müsse die Forderung nach einer Anerkennung Israels im Rahmen eines Friedensabkommens einschließen. Die palästinensische Einheitsregierung, auf die sich Fatah und die islamistische Hamas Anfang Juni verständigt hatten, solle gestärkt werden.

"Fahrlässiger Einsatz von deutschen Steuermitteln"

Beim Wiederaufbau des Gaza-Streifens solle Deutschland von Israel Kompensationen für die Zerstörung ziviler Infrastruktur einfordern, die seit Jahren mit Geldern der EU und Deutschlands finanziert wird. Zudem fordern die Experten einen kritischeren Umgang mit Waffenausfuhren an Israel:

"Wir bitten Sie, die restriktiven deutschen Rüstungsexportbestimmungen auch im Nahen Osten auf alle Konfliktparteien anzuwenden sowie die militärische Zusammenarbeit mit Israel auf den Prüfstand zu stellen."

Eine Perspektive für die Palästinenser könne es nur geben, wenn der Status quo geändert werde, heißt es in dem Brief:

"Milliarden von Euro, die in Staatsaufbau oder Entwicklung fließen, sind fehlinvestiert, wenn sie in der aktuellen oder der nächsten dann unweigerlich folgenden Welle der Gewalt zerstört werden. Das schadet in erster Linie den Menschen vor Ort. Es ist aber auch ein fahrlässiger Einsatz von deutschen Steuermitteln und ein verfehlter Ansatz für die Entwicklungs- und Demokratiearbeit."

syd