Über ein Fünftel der Fördermittel für die Bürokratie

Der Bundesrechnungshof kritisiert das von Annette Schavan eingeführte "Deutschlandstipendium"

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2011 führte die damalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan mit erheblichem Werbeaufwand ein neues Förderinstrument für die Hochschulbildung ein, das so genannte Deutschlandstipendium, das eine "neue Ära der Stipendienkultur" begründen sollte. Vier Jahre später zieht jetzt der Bundesrechnungshof in einem Bericht, der Telepolis vorliegt, ein ganz anderes Fazit.

Die Wächter über das Steuergeld bemängeln unter anderem, dass der Anteil der Fördergelder, der nicht an die Studenten, sondern in die "Durchführung" des Programms fließt, im letzten Jahr bei stolzen 21 Prozent lag. Zum Vergleich: Gesetzliche Krankenkassen kommen mit etwa fünf Prozent Verwaltungskostenanteil aus, private mit knapp zehn und selbst die GEMA begnügt sich mit ungefähr 15 Prozent. In den beiden Jahren davor war der "Durchführungsaufwand" für das Deutschlandstipendium sogar noch höher: 2012 lag er bei 29 und 2011 bei 47 Prozent.

Trotz "unzureichender Erfolgkontrolle" und bislang lediglich angekündigter systematischer Begleitforschung und Evaluation sieht der Bundesrechnungshof außerdem "wesentliche Ziele nicht erreicht": Die Zahl der möglichen Stipendien ist nämlich immer noch doppelt so hoch wie die Zahl der tatsächlich vergebenen. Etwa 25 Prozent der Hochschulen machen gar nicht mit - unter anderem deshalb, weil ihnen der Aufwand, für 300 Euro im Monat nicht nur Noten, sondern auch "besondere Leistungen im Werdegang" von Studenten und "die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen" zu prüfen und Vergabeentscheidungen ausführlich zu begründen, unangemessen hoch erscheint.

Das Deutschlandstipendium war eines der Lieblingsprojekte der ehemaligen Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Screenshot 2011: Telepolis.

Aber auch die Hochschulen, die an dem Programm teilnehmen, können nur ungefähr 60 Prozent dessen ausschütten, was theoretisch möglich wäre. Die auf ein Jahr verteilten 3.600 Euro als Gegenleistung für eine zeitlich aufwendige Bewerbung decken nämlich in den meisten Städten nicht einmal annähernd die Lebenshaltungskosten. Und ein parallel zu einem Deutschlandstipendium gewährtes BAföG wird zwar nicht angerechnet, wohl aber andere Stipendien - es sei denn, sie liegen unter der Summe von sage und schreibe 30 Euro im Monat. Hinzu kommt, dass das Interesse von Unternehmen, sich an Deutschlandstipendien zu beteiligen, trotz kostenloser Werbung auf vielbesuchten Universitätswebsites weiterhin eher gering ist.

All das trägt dazu bei, dass 2013 lediglich 0,76 Prozent der Studenten ein Deutschlandstipendium beantragten und bezogen. Im Jahr davor lag der Anteil bei 0,6 und im Einführungsjahr bei 0,25 Prozent. Von den acht Prozent aller Studenten, die der Koalitionsvertrag 2009 als Zielmarke nannte, sind jedoch auch die 0,76 Prozent noch weit entfernt. Inzwischen hat man dieses Ziel auf zwei Prozent zurückgeschraubt.

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