Sehr geehrte Ratsuchende,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Wenn in dem Verlagsvertrag eine ausschließliche Rechteeinräumung vereinbart wurde, müssen diese Rechte zunächst an Sie zurückgelangen, bevor Sie die entsprechenden Rechte einem anderen Verlag einräumen können.
Enthält der Vertrag keine Regelung bezüglich einer Kündigungsmöglichkeit und auch keine Verpflichtung zu einer Neuauflage, bleibt nur eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund, wenn z.B. das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört ist. Hierfür müssen aber schon gravierende Gründe vorliegen (fortlaufende Unregelmäßigkeiten bei der Honorarausschüttung etc.).
Abgesehen davon können Sie und der Verlag den Verlagsvertrag natürlich auch einvernehmlich aufheben. Da der Verlag ja offensichtlich kein großes Interesse mehr an einer Verbreitung hat, vielmehr Ihr Werk im sogenannten „Copyright-Grab" zu liegen scheint, ist es gut möglich, dass der Verlag sich (eventuell gegen Zahlung einer Entschädigung) bereit erklärt, den Vertrag zu beenden und die Rechte wieder frei zu geben.
Lässt sich der Verlag aber nicht darauf ein, bleiben nur die Rücktritts- bzw. Rückrufrechte aus § 32 VerlG in Verbindung mit § 30 VerlG und aus § 41 UrhG
.
§ 32 VerlG setzt voraus, dass der Verlag das Werk nicht vertragsmäßig vervielfältigt oder verbreitet. Dies ist anhand des Vertrags zu bestimmen, wobei der Vertragszweck zu berücksichtigen ist. Soweit wie üblicherweise eine Ausübungspflicht des Verlegers vereinbart ist, kommt es für die Frage, ob eine unzureichende Ausübung vorliegt, neben der vertragsgemäßen Herstellung im Rahmen der Verbreitungspflicht insbesondere darauf an, ob der Verleger das zur Förderung des Absatzes Gebotene getan hat. In welchem Rahmen ein Verleger für ein ihm zur Veröffentlichung überlassenes Werk zu werben hat und wie weit seine Vertriebsbemühungen zu gehen haben, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Hierbei ist zu beachten, dass es durchaus üblich ist, dass Werbe- und Vermarktungsaktivitäten im Wesentlichen im Erscheinungsjahr stattfanden. Es kann nicht als unzureichend eingestuft werden, wenn ein Verlag angesichts der Vielzahl von Neuerscheinungen, die jedes Jahr auf den Markt kommen, den Schwerpunkt ihrer Werbe- und Vermarktungsaktivitäten auf die Zeit nach dem Erscheinen des Buches gesetzt hat (so dass OLG München: Urteil vom 06.12.2007 - 29 U 2420/07
).
Im Streitfall müssten Sie die nicht vertragsgemäße Verbreitung beweisen. In der Praxis sieht es meist so aus, dass der Verlag seine Werbebemühungen darlegt und Sie darlegen müssen, dass diese nicht vertragsgemäß waren. Inwieweit dies erfolgreich sein würde, lässt sich ohne Kenntnis der erfolgten Maßnahmen des Verlages nicht beurteilen. Dieselbe Problematik tritt bei § 41 UrhG
auf (der nach herrschender Meinung neben § 32 VerlG anwendbar ist), sofern eine Nichtausübung bzw. unzureichende Ausübung von Nutzungsrechten geltend gemacht wird.
In jedem Fall muss dem Verlag eine angemessene Frist zur ausreichenden Ausübung unter Ankündigung des Rückrufs gesetzt werden, bevor der Rücktritt erklärt werden kann. Eine angemessene Frist hängt von der Nutzungsart ab, sollte aber 6 Monate nicht unterschreiten. Bei endgültiger Verweigerung durch den Verlag ist eine Nachfrist überflüssig. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist könnten Sie die Rechteeinräumung widerrufen und die Rechte würden an Sie zurückfallen.
Ich würde Ihnen daher raten, zunächst auf den Verlag zuzugehen und um Zustimmung zur Vertragsauflösung zu bitten. Weigert sich der Verlag, sollten Sie diesen schriftlich unter Fristsetzung zur ausreichenden Ausübung der eingeräumten Rechte auffordern und bei erfolglosem Fristablauf die Rechte zurückrufen. Ist dies geschehen, können sie die Rechte an Ihrem Werk dem neuen Verlag einräumen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
13. Dezember 2010
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19:41
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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