Kiew wirft Russland Einmarsch vor : Nato: Über tausend russische Soldaten in der Ukraine
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Russische Soldaten und Panzer vergangene Woche in Kamensk-Schaktinski nahe der Grenze zur Ukraine Bild: REUTERS
Nach Angaben des Sicherheitsrats in Kiew hat das russische Militär die Stadt Nowoasowsk im Südosten der Ukraine übernommen. Der ukrainische Präsident Poroschenko spricht von einer russischen Intervention. Bei der Nato ist von „deutlich mehr“ als tausend russischen Soldaten die Rede.
In der Ukraine sind nach Nato-Angaben „deutlich mehr“ als tausend russische Soldaten aktiv. Die russischen Soldaten kämpften mit den Separatisten und unterstützten sie, sagte ein ranghoher Nato-Militärvertreter am Donnerstag im belgischen Mons. Zudem habe die Lieferung von Waffen und Ausrüstung aus Russland in Menge und Qualität zugenommen.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat Russland einen militärischen Einmarsch in sein Land vorgeworfen. Er habe „einen Besuch in der Türkei abgesagt, (...) da eine Intervention russischer Streitkräfte in der Ukraine stattfand“, teilte Poroschenko am Donnerstag mit. „Der Platz des Präsidenten ist heute in Kiew.“ Die Lage in der Ostukraine habe sich „extrem verschärft“, betonte er. Der ukrainische Sicherheitsrat hatte zuvor mitgeteilt, bei den Kämpfen in der Ostukraine habe das russische Militär die Kontrolle über „die Stadt Nowoasowsk sowie eine Reihe von Ortschaften der Kreise Nowoasowsk, Starobeschewo und Amwrosijewk“ übernommen.
Der Anführer der prorussischen Separatisten, Alexander Sachartschenko, bestätigte, dass russische Soldaten auf Seiten der Aufständischen kämpfen. Die Soldaten hätten sich zu diesem Zweck beurlauben lassen, zitiert das russische Fernsehen den Regierungschef der selbstausgerufenen „Volksrepublik Donezk.“
Ein Kämpfer der regierungstreuen Asow-Bataillons berichtete der Nachrichtenagentur Reuters, vor zwei Tagen sei unter der Flagge der „Volksrepublik Donezk“ militärische Ausrüstung in die Region gebracht worden, es seien aber „reguläre russische Truppen“. Der Bürgermeister Nowoasowsks bestätigte demnach den Angriff und den Beschuss durch Panzer aus dem Osten. Damit droht im Ukraine-Konflikt eine dritte Front zu entstehen - neben den Kämpfen nahe der Städte Donezk und Luhansk.
Poroschenko forderte Sondersitzungen des UN-Sicherheitsrats und des EU-Rates. „Die Welt muss sich zur heftigen Verschärfung der Lage in der Ukraine äußern“, sagte er.
Russlands OSZE-Botschafter weist Vorwurf zurück
Der russische Vertreter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Andrej Kelin, dementierte am Mittag einen Einmarsch in der Ostukraine. Die russische Führung habe „keinerlei Interesse“ an einer Invasion in der Ostukraine, sagte er laut Nachrichtenagentur APA nach einer OSZE-Sondersitzung in Wien. „Wir haben ganz klar gesagt, dass Russland mit Ausnahme von zehn Grenzsoldaten keine Truppen in der Ostukraine hat.“ Zu den aktuellen Berichten könne er nur sagen, dass Russland nicht an einer Entsendung von Truppen interessiert sei. Die westlichen Bedenken entbehrten jeder Grundlage.
Auch die andauernden Vorwürfe der Führung in Kiew seien „sinnlos“. „In Nowoasowsk ist die ukrainische Armee nach zehn Artillerieschüssen weggelaufen und hat das Feld kampflos den Separatisten überlassen - das ist alles, was passiert ist“, sagte Kelin der Agentur Itar-Tass zufolge, Auch Keln berief sich dabei auf den Bürgermeister Nowoasowsks.
Washington: „Feindlicher Einfall“
Schon zuvor war berichtet worden, Russland habe nach Angaben der amerikanischen Regierung weitere Panzerkolonnen, gepanzerte Fahrzeuge und Raketenwerfer in die Ukraine geschickt. Russische Truppen seien 50 Kilometer hinter der Grenze auf ukrainischem Boden entdeckt worden, ohne dass Details des Einsatzes bekannt wären, teilte das amerikanische Außenministerium am späten Mittwochabend in Washington mit. „Dieser feindliche Einfall deutet darauf hin, dass ein von den Russen gesteuerter Gegenangriff im Gange sein dürfte“, sagte Sprecherin Jen Psaki laut der amerikanischen Zeitung „New York Times“. Zudem seien russische Soldaten zur Beerdigung zurück in ihr Heimatland gebracht worden.