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Justizminister Maas warnt vor Sicherheitswahn

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wirft der Union im Kampf gegen den Terror Aktionismus vor Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wirft der Union im Kampf gegen den Terror Aktionismus vor
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wirft der Union im Kampf gegen den Terror Aktionismus vor
Quelle: dpa
Die Union will die Vorratsdatenspeicherung und den Einsatz der Bundeswehr im Innern neu regeln. Justizminister Maas aber warnt vor Aktionismus, der Rechtsstaat dürfe nicht aus der Balance geraten.

Sind die Deutschen ausreichend vor Terroranschlägen geschützt? Ist es nötig, weitere Sicherheitsgesetze zu beschließen? Oder reagiert die Politik schon jetzt überzogen auf die Bedrohungslage?

Das Attentat im Regierungsviertel der kanadischen Hauptstadt Ottawa hat den Koalitionsstreit über die Terrorabwehr neu entfacht. Während die Union umstrittene Instrumente wie den Einsatz der Bundeswehr im Inland und die Vorratsdatenspeicherung wieder auf die Tagesordnung hebt, warnt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vor Aktionismus.

„Jede terroristische Bedrohung ist immer auch eine Bewährungsprobe für den Rechtsstaat“, sagte Maas der „Welt am Sonntag“. Nach immer weiteren Verschärfungen des Strafrechts zu rufen, greife zu kurz. „Wir müssen viel intensiver darüber debattieren, was wir präventiv tun können, um die Radikalisierung von jungen Menschen zu verhindern.“

Das Strafrecht werde nur dort verändert, wo es wirklich sinnvoll sei, betonte Maas. Nach den Plänen des Justizministers soll sich künftig strafbar machen, wer Deutschland verlässt, um sich an schweren Gewalttaten im Ausland zu beteiligen oder sich dafür ausbilden zu lassen. Für Terrorismusfinanzierung soll ein eigener Straftatbestand geschaffen werden. „Weitere Verschärfungen“, so Maas, „sind reine Symbolik.“

Werbung für Terrorgruppen unter Strafe stellen

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl nannte die Pläne des Justizministers „nicht ausreichend“. Auch die Werbung für terroristische Vereinigungen müsse unter Strafe gestellt werden. Außerdem will Strobl den Einsatz der Streitkräfte neu regeln.

Bei bestimmten terroristischen Angriffen aus der Luft gebe es „keine andere Möglichkeit, als die Bundeswehr im Innern einzusetzen“. Strobl regte an, „rechtlich nachzubessern“, um „Klarheit zu schaffen“. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen nur Flugzeuge abgeschossen werden, in denen ausschließlich Terroristen sitzen. Karlsruhe verlangt dazu einen Beschluss des gesamten Bundeskabinetts.

Der Fraktionsvize der Union bezieht sich auf Überlegungen, das Grundgesetz zu ändern, damit die Entscheidung über den Abschuss von Terrorflugzeugen notfalls vom Verteidigungsminister allein getroffen werden kann. Strobl dringt auch auf einen neuen Anlauf bei der Vorratsdatenspeicherung: „Wir sollten uns in Deutschland und Europa so schnell wie möglich auf eine Mindestspeicherdauer von drei Monaten verständigen.“ Das Bundesverfassungsgericht hatte die anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten gekippt. Der Europäische Gerichtshof erklärte auch die entsprechende EU-Richtlinie für ungültig.

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen warnte, die deutsche Islamistenszene wachse rasant. Inzwischen zählten 6300 Menschen zu den radikalislamischen Salafisten. Vor wenigen Jahren habe es nur 2300 Salafisten gegeben.

Auch sind wesentlich mehr Islamisten nach Syrien und in den Irak ausgereist, als bisher bekannt. Nach Recherchen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ in Sicherheitskreisen liegt die tatsächliche Zahl der in diese beiden Länder ausgereisten Islamisten bei etwa 1800.

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„Wir müssen die offiziellen Angaben mit dem Faktor vier multiplizieren, um eine realistische Zahl zu erhalten“, sagte ein Verfassungsschützer der Zeitung. Eine Analyse der vorhandenen Daten und die Kenntnis der salafistischen Netzwerke führten zu diesem Schluss.

Warnung vor Einzeltätern

 Besonders vor der Gefahr durch Einzeltäter warnt der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer. Der CSU-Politiker sagte der „Welt“: „Auch wenn keine konkreten Anschlagspläne bekannt sind, ist die Bedrohung durch radikalisierte Islamisten genauso wie in anderen europäischen Ländern als durchaus ernst zu bezeichnen.“

Noch mehr als terroristische Zellen würde er „einsame Wölfe“ fürchten, so Mayer. Der Innenexperte bezieht sich damit auf Einzeltäter, „die sich über das Internet oder durch Hassprediger radikalisieren und kaum oder gar nicht mit anderen Islamisten kommunizieren“. Die Sicherheitsbehörden schließen ein solches Szenario explizit nicht aus.

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