Deutschland und EU vor der Rezession?

Auch wegen der Russland-Sanktionen muss Wirtschaftsminister Gabriel bisherige Prognosen nach unten korrigieren

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Es war zu erwarten, dass die Bundesregierung ihre bisherigen Prognosen zum Wirtschaftswachstum nicht halten kann, nachdem im zweiten Quartal die Wirtschaft erstmals wieder schrumpfte. Dabei hatten sich die Sanktionen gegen Russland und die Gegenmaßnahmen des Landes noch nicht sonderlich ausgewirkt. Doch diese Spannungen drückten auf das Investitionsklima. Deshalb kam Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nun zu dem Ergebnis, dass die Lage schlechter sei, als die Bundesregierung noch Anfang des Jahres erwartet hatte. "Es kann sein, dass am Ende die Wachstumszahlen noch etwas unter unserer Prognose von 1,8 Prozent liegen", sagte er im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.

Aber er streicht heraus: "Trotzdem wird Deutschland, gemessen am europäischen Vergleich, ja immer noch eine ausgesprochen gute Konjunkturentwicklung haben." Er beschreibt aber auch, dass "diese Krise Russland/Ukraine" das Investitionsklima insgesamt dämpft. Unternehmen hätten Sorge, ob sie überhaupt noch investieren sollen und "nicht nur die, die mit Russland Handel treiben, sondern auch andere Unternehmen –, eine solche schwere Auseinandersetzung ist einfach schlecht fürs Investitionsklima".

Dabei können Deutschland und auch die Eurozone noch froh darüber sein, dass Russland auf die zuletzt verschärften Sanktionen nicht mit neuen Gegenmaßnahmen beantwortet hat. Es sieht so aus, dass Moskau weiter auf Deeskalation setzt und die Sanktionsspirale nicht weiter beschleunigen will. So hatte Vize-Ministerpräsident Dmitri Kosak kürzlich erklärt, dass momentan keine neuen Sanktionen geplant seien. Der mögliche Entzug der Überflugrechte und besonders angedeutete Importbeschränkungen für Autos hätten die deutsche Wirtschaft besonders getroffen.

Auch in der Eurozone wird die Stimmung schlechter, hatte kürzlich schon der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) festgestellt. Es kann erwartet werden, dass die Eurozone wieder in die die Rezession zurückrutscht, nachdem sie zuletzt im zweiten Quartal stagnierte. Entsprechend ist das Vertrauen in die Wirtschaft im September auf den niedrigsten Stand seit November gefallen. Ein Index zur Stimmung bei Managern und Verbrauchern sank von 100,6 im August auf 99,9 im September, teilte die wie die Europäische Kommission heute in Brüssel mit.

Es ist ganz offensichtlich, dass die EZB-Politik, die Geldmärkte zu fluten, nicht einmal das Ziel erfüllt, die Konjunktur anzukurbeln, was ohnehin keine Aufgabe der EZB ist. Der gelingt es ohnehin immer weniger, für eine offizielle Inflationsrate von 2% zu sorgen. Auch große Euroländer wie Spanien rutschen immer tiefer in die Deflation ab. Dort sind im dritten Monat in Folge die Preise im Verhältnis zum Vorjahr gefallen. Damit ist Spanien auf der Reise, auf der sich auch schon Griechenland und Portugal befinden.