Pro-Terror-Kunst?

Die Aufführung der Oper «The Death of Klinghoffer» an der New Yorker Metropolitan Opera findet unter beträchtlichem Polizei-Aufgebot statt.

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Vor dem Lincoln Center hielten New Yorker Ordnungskräfte Hunderte von Demonstranten in Schach. Grund dafür ist die Aufführung der Oper «The Death of Klinghoffer» an der Metropolitan Opera. (Bild: Mike Segar / Reuters)

Vor dem Lincoln Center hielten New Yorker Ordnungskräfte Hunderte von Demonstranten in Schach. Grund dafür ist die Aufführung der Oper «The Death of Klinghoffer» an der Metropolitan Opera. (Bild: Mike Segar / Reuters)

(köh.)

Der Vorwurf ist alt, das Erregungspotenzial jedoch noch lange nicht ausgeschöpft. Als die1991 unter der Regie von Peter Sellars in Brüssel uraufgeführte Oper «The Death of Klinghoffer» des amerikanischen Komponisten John Adams in dieser Woche nach monatelangen Protesten den Premieren-Vorhang hob, gab es in der Metropolitan Opera ein beträchtliches Polizeiaufgebot. Vor dem Lincoln Center hielten New Yorker Ordnungskräfte Hunderte von Demonstranten in Schach, unter denen sich auch der frühere Bürgermeister Rudolph Giuliani befand; während der Premiere wurden einzelne Störenfriede abgeführt. Stein des Anstosses ist die vermeintlich antisemitische Botschaft der Oper, die auf einem authentischen Fall beruht: der Ermordung des gelähmten, jüdisch-amerikanischen Passagiers Leon Klinghoffer, der 1985 auf dem von Palästinensern gekaperten Schiff «Achille Lauro» erschossen und in seinem Rollstuhl über Bord geworfen wurde.

Schon als die Oper vor fast einem Vierteljahrhundert in der Brooklyn Academy of Music ihre amerikanische Premiere feierte, hagelte es Kritik; eine besonders beanstandete satirische Szene im jüdischen Milieu wurde daraufhin gestrichen. Weil das von Alice Goodman verfasste Libretto in einem «Chor der verbannten Palästinenser» den Palästinensern eine – durchaus parteiische – Stimme verleiht, wird die Met nun der «Glorifizierung des Terrorismus» und der palästinensischen Propaganda geziehen. Adams' düster-melancholische Oper, die der «New York Times»-Kritiker Anthony Tommasini in seiner Premieren-Besprechung «a searching, spiritual and humane work» nennt, romantisiere und rationalisiere die Tat von Klinghoffers Mördern, klagen auch die Töchter des Ermordeten in einer Notiz im Programmheft. Jüdische Organisationen, allen voran die in New York ansässige Anti-Diffamierungs-Liga, verlangten schon seit Bekanntmachung der Saison-Pläne, das Werk abzusetzen. Der Chef der Metropolitan Opera, Peter Gelb, beugte sich dem lokalen Druck (und den Sponsoren), wenn auch nur halb, und willigte in einen Kompromiss, der niemanden glücklich macht: Die bis zum 15. November angesetzten acht Aufführungen finden statt, doch die geplante weltweite Kino- und Radio-Übertragung wurde abgesagt.

John Adams, der vor allem mit der Oper «Nixon in China» bekannt wurde, betonte, seine Komposition verurteile den brutalen Mord an Leon Klinghoffer. «Das Werk dramatisiert den Terrorismus, es billigt ihn nicht», erklärte auch der britische Regisseur Tom Morris in einer Video-Botschaft. Zu behaupten, «The Death of Klinghoffer» begrüsse den Mord an einem Juden, sei etwa das Gleiche, wie wenn jemand erkläre, die Oper «Othello» propagiere den Mord an der eigenen Ehefrau. Dass es dieser Beteuerungen bedarf, liegt in der Natur solcher Skandalisierungen: Die meisten Akteure des Protestes haben die Oper noch nie gesehen.