Die Voyager-2-Sonde verabschiedet sich abrupt vom Einflussbereich der Sonne

Vor einem Jahr ist die Raumsonde Voyager 2 in den interstellaren Raum eingetaucht. Wie eine Auswertung der Messdaten zeigt, erfolgte der Übergang von der Heliosphäre in den interstellaren Raum von einem Tag auf den anderen.

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Mit der Heliopause endet der Einflussbereich der Sonne, die sogenannte Heliosphäre. Beide Voyager-Sonden befinden sich nun im interstellaren Raum. (Bild: Nasa / JPL-Caltech)

Mit der Heliopause endet der Einflussbereich der Sonne, die sogenannte Heliosphäre. Beide Voyager-Sonden befinden sich nun im interstellaren Raum. (Bild: Nasa / JPL-Caltech)

(dpa) · Messungen der Raumsonde Voyager 2 zeigen eine erstaunlich scharfe Grenze des Innenraums unseres Sonnensystems. Die Sonde hat vor einem Jahr diese sogenannte Heliosphäre verlassen und ist damit in den interstellaren Raum eingetaucht. Im Fachblatt «Nature Astronomy» präsentieren fünf Forscherteams jetzt die Auswertung der Messdaten von dieser Passage vom 5. November 2018. Sie lief demnach etwas anders ab als bei der Schwestersonde Voyager 1, die diese Grenze bereits am 25. August 2012 überquert hatte. Die beiden Sonden werden nun voraussichtlich Milliarden Jahre lang durchs All driften.

Eine Blase im interstellaren Gas

Unsere Sonne bläst einen kontinuierlichen Teilchenstrom ins All. Dieser heisse Sonnenwind hat eine grosse Blase im interstellaren Gas ausgehöhlt, die Heliosphäre. Sie endet dort, wo der Druck des dünnen, heissen Sonnenwinds dem des dichteren und kühleren lokalen interstellaren Mediums gleicht. Die Schwerkraft der Sonne reicht noch viel weiter in den interstellaren Raum hinein, so dass auch dort noch ferne Asteroiden und Kometen unseres Systems kreisen.

Als die beiden Sonden vor mehr als 40 Jahren gestartet wurden, «hatten wir keine Vorstellung, wie gross die Blase ist, die die Sonne in das interstellare Medium eingeschnitten hat», erläuterte der Voyager-Chefwissenschafter Edward Stone vom California Institute of Technology an einer Pressekonferenz zu den neuen Datenanalysen.

Die beiden Raumsonden haben die Grenze der Heliosphäre nun in fast gleicher Distanz passiert: Voyager 1 in etwa 121 astronomischen Einheiten, Voyager 2 in rund 119. Eine astronomische Einheit ist die Entfernung der Erde von der Sonne. Das deutet auf eine symmetrische Kugelform der Heliosphäre hin, zumindest auf einer Seite. Denn die beiden Sonden haben dieselbe Halbkugel der Heliosphäre durchquert.

Voyager 2 hat die Grenze der Heliosphäre (die sogenannte Heliopause) in nur einem Tag passiert, was einen scharfen Übergang zum lokalen interstellaren Medium bedeutet. «Die alte, historische Vorstellung, dass der Sonnenwind sich einfach allmählich reduziert, je weiter man in den interstellaren Raum vordringt, trifft nicht zu», erläuterte der Voyager-Forscher Don Gurnett von der Universität von Iowa, Koautor einer der Analysen. «Wir zeigen mit Voyager 2 – und vorher mit Voyager 1 –, dass es dort draussen eine ausgeprägte Grenze gibt.»

Zuvor war Voyager 2 durch eine etwa 1,5 astronomische Einheiten dicke Grenzregion geflogen, wo der Sonnenwind langsamer wird und sich staut. Anders als Voyager 1 hat die Schwestersonde dabei keine Bereiche beobachtet, in denen interstellares Material in die Heliosphäre eindringt. Stattdessen entdeckte Voyager 2 eine Art magnetische Wand, die ein Eindringen energiereicher, elektrisch geladener Teilchen aus dem interstellaren Raum in die Heliosphäre reduziert. Davon hatte Voyager 1 nichts bemerkt.

Erste Messungen jenseits der Grenze zeigen zudem, dass die Temperatur des lokalen interstellaren Mediums mit 30 000 bis 50 000 Grad merklich höher liegt als die erwarteten 15 000 bis 30 000 Grad. Die Forscher spekulieren, dass die Heliosphäre eine Art Bugwelle durch das interstellare Medium vor sich herschieben könnte.

Zur Neige gehende Energie

Den Voyager-Sonden wird allerdings voraussichtlich die Energie ausgehen, bevor sie eine solche Bugwelle erreichen und vermessen könnten. Stone schätzt, dass die radioaktiven Batterien noch etwa 5 Jahre reichen. «Als die beiden Sonden gestartet wurden, war das Weltraumzeitalter erst 20 Jahre alt», sagte der Planetenforscher. «Niemand hat erwartet, dass sie 40 Jahre halten würden.»

Die Voyagers hatten 1977 im Abstand weniger Tage ihre «grosse Tour» durchs äussere Sonnensystem begonnen und in den folgenden Jahren die Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun besucht. Voyager 1 war bereits hinter dem Saturn nach Norden abgebogen, Voyager 2 nach dem Besuch des Neptun Richtung Süden. Nach Jahrzehnten haben sie nun die Grenze der Heliosphäre passiert und sind damit auf dem Weg zu den Sternen.

«Die beiden Voyagers werden die Erde überdauern», betonte William Kurth von der Universität von Iowa, Koautor einer der Fachartikel. «Sie sind in ihren eigenen Umlaufbahnen um die Galaxie für fünf Milliarden Jahre oder mehr. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf irgendetwas stossen, ist nahezu null.»