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US-Bundesstaat Florida: Schüsse an der Marjory Stoneman Douglas High School

Foto: WSVN.com/ REUTERS

"School Shootings" 2018 In der Schule, an der Uni - 21 Tote in 45 Tagen

Ein 19-Jähriger feuert in Florida auf Schüler und Lehrer. 17 Menschen sterben. Es ist das 18. "School Shooting" in den USA in diesem Jahr - und das mit der höchsten Opferzahl.

Nach dem tödlichen Angriff auf eine Schule in Parkland, Florida, herrscht in den USA Entsetzen - nicht nur, weil ein 19-jähriger Ex-Schüler 17 Menschen erschossen hat. Sondern auch, weil sich Fälle dieser Art an Schulen in den USA häufen. Als Nikolas Cruz in Parkland um sich schoss, war das Jahr 2018 gerade einmal 45 Tage alt.

In diesen knapp sieben Wochen gab es - die Tat in Parkland inbegriffen - 18 "School Shootings" in den USA, wie die "Washington Post"  unter Berufung auf "Everytown for Gun Safety" berichtet. Die Organisation setzt sich für strengere Waffengesetze ein.

Diese Zählung umfasst auch Unfälle mit Schusswaffen, bei denen sich versehentlich Schüsse lösten. In der Liste tauchen außerdem Fälle auf, in denen Universitäten Tatorte waren, sowie Angriffe mit Schusswaffen, bei denen niemand verletzt wurde.

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US-Bundesstaat Florida: Schüsse an der Marjory Stoneman Douglas High School

Foto: WSVN.com/ REUTERS

Doch selbst wenn man nur die Vorfälle zählt, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden, weist die Statistik für dieses Jahr im Schnitt immer noch jede Woche mehr als einen Vorfall mit Schusswaffen an Schulen oder Universitäten in den USA auf. Inklusive der Toten von Parkland starben laut "Everytown for Gun Safety" und "Gun Violence Archive" an US-Schulen oder Universitäten seit Jahresbeginn 21 Menschen durch Schüsse anderer Personen. Sechs Beispiele:

22. Januar, Gentilly, Louisiana: Aus einem Pick up-Truck feuerte ein Unbekannter auf Schüler der NET Charter High School. Ein 14-Jähriger wird laut "Everytown" verletzt. Die Polizei nimmt später zwei weitere Schüler fest, von denen einer Schmauchspuren an den Händen hatte. Der andere trug Munition bei sich.

22. Januar, Italy, Texas: Ein 16-Jähriger feuert in der Mensa der Italy High School Schüsse ab, wie "Time"  berichtet. Dabei verletzt er ein 15-jähriges Mädchen, das ins Krankenhaus gebracht wird. Als er auf einen weiteren Schüler schießen will, wird er gestoppt. Die Polizei nimmt den Jungen fest.

23. Januar, Benton, Kentucky: Ein 15-jähriger Schüler stürmt mit einer Waffe an die Marshall County High School und schießt um sich, wie der Guardian berichtet . Ein 15-jähriges Mädchen stirbt noch in der Schule. Eine zweite 15-Jährige erliegt ihren Verletzungen im Krankenhaus. 17 Menschen werden verletzt, die meisten durch Kugeln, andere im Gedränge. Der Schütze wird festgenommen.

31. Januar, Philadelphia, Pennsylvania: Auf dem Parkplatz der Abraham Lincoln High School fallen Schüsse. Ein 32-Jähriger wird zweimal ins Bein getroffen und erliegt später im Krankenhaus seinen Verletzungen, wie der Sender ABC berichtet. 

1. Februar, Los Angeles, Kalifornien: Eine 12-Jährige bringt eine Waffe mit in die Salvador Castro Middle School. Wohl ohne Absicht löst sich ein Schuss. Die Kugel verletzt einen 15-Jährigen lebensgefährlich am Kopf, vier weitere Personen erleiden Verletzungen.

5. Februar, Oxon Hill, Maryland: Ein 17-Jähriger wird an der Oxon Hill High School von zwei Schüssen in die Brust getroffen. Die Polizei nimmt seine 17-jährige Ex-Freundin und einen 18-Jährigen fest. Sie vermutet, dass die beiden räuberische Absichten hatten. Das Opfer überlebt.

Foto: SPIEGEL ONLINE (Kartendaten © OpenStreetMap-Mitwirkende (ODbL); Foto: Google Earth)

Die Folgen der Schusswaffenvorfälle an Schulen sind nicht immer so gravierend wie in Parkland. Aber die Taten häufen sich seit Jahren. Seit 2013 zählte "Everytown for Gun Safety" 290 "School Shootings". Über die vergangenen Jahre betrachtet deutet sich als Trend an: Das Problem wird insgesamt eher größer als kleiner.

Im Video: 17 Tote bei Bluttat in Florida

SPIEGEL ONLINE

Über viele der Vorfälle wird wegen dieser Häufung kaum mehr berichtet. Kritiker fürchten, dass ein gefährlicher Gewöhnungs- und Abstumpfungseffekt einsetzt: "Werden diese Massenerschießungen jetzt zur Routine? Sagen wir jetzt jedes Mal danach 'genug ist genug', und dann geht es einfach so weiter?", empörte sich etwa Bill Nelson, Senator der Demokraten aus Florida, nach der Tat in Parkland.

Dazu kommt, dass nach quasi jedem größeren Vorfall eine wie ritualisiert geführte Debatte einsetzt: Kritiker fordern eine Verschärfung der Waffengesetze in den USA, ihre Gegner lehnen dies ab - so geht das seit Jahren. Die Amerikaner sind seit Jahrzehnten gespalten in der Frage, ob ihr vergleichsweise laxes Waffenrecht strenger werden soll.

"Schwieriger, ein Bier zu bekommen als eine solche Waffe"

Nicht zuletzt US-Präsident Donald Trump verteidigt den freien Besitz von Waffen, flankiert von einer starken Waffenlobby im Land, allen voran die National Rifle Association (NRA). Der Kongress hatte auch nach dem Massaker 2012 in Newtown, Connecticut, die Waffengesetze in den USA nicht verschärft. Damals starben an der Sandy Hook Grundschule 20 Kinder und sechs Lehrer; der Amokläufer hatte zuvor bereits seine Mutter erschossen. Nach der Tat beging er Suizid.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur AP hatte der 19-jährige Schütze in Florida die Tatwaffe, eine AR-15, vor einem Jahr legal gekauft. Solche Waffen sind ab einem Alter von 18 Jahren erhältlich. Der Rechtsprofessor Richard W. Painter sagte: "Für einen 19-Jährigen in Florida ist es wahrscheinlich schwieriger, ein Bier zu bekommen als eine solche Waffe."

Nach jüngsten Berechnungen der "New York Times"  stellen Amerikaner etwa 4,4 Prozent der Weltbevölkerung, ihnen gehören inzwischen aber 42 Prozent aller Schusswaffen auf der Erde.

Die hohe Zahl von Waffen im ganzen Land und ihre ständige Verfügbarkeit lässt die Zahl der Attacken nach Ansicht von Kritikern immer weiter ansteigen. Statistiken untermauern diese Vermutung.

2017 erreichte die Waffengewalt in den USA ein besonderes Ausmaß. Fast 16.000 Menschen starben durch Schusswaffen, rund doppelt so viele wurden verletzt.

Über die Jahre betrachtet, lässt sich als Trend erkennen: Das Ausmaß der Waffengewalt wird größer, die Zahl der Opfer steigt.