Hightech-Ballone über dem Regenwald: Internet für Amazonas-Gebiete

Mit automatisiert fliegenden Solar-Ballons bringt die Google-Schwesterfirma Loon Breitband-Internet in den peruanischen Regenwald.

Jochen Siegle
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Entlegene Regionen des Amazonas in Peru sollen mithilfe von solarbetriebenen Gas-Ballons der Google-Schwesterfirma Loon mit Zugang zum Internet versorgt werden. Dazu arbeitet Loon mit Internet Para Todos Perú (IpT) zusammen, einem neutralen Mobilfunkanbieter für ländliche Infrastruktur, an dem unter anderen der spanische Telekommunikationsanbieter Telefónica und Facebook beteiligt sind.

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Ballone erleichtern die Internet-Versorgung von entlegenen Gebieten. (Bild PD)

Ballone erleichtern die Internet-Versorgung von entlegenen Gebieten. (Bild PD)

Mobiles Internet im Regenwald

Selbstfliegende Loon-Ballons der Alphabet-Tochter, die autonom in über 20 Kilometer Höhe ein Breitbandnetz errichten können, sollen zunächst Teile der Regenwald-Region Loreto erschliessen. Die Daten werden per LTE-Mobilfunk (4G) übertragen. Loreto, die grösste Verwaltungseinheit Perus, ist grösstenteils von tropischem Regenwald bedeckt.

Geplant ist, dass den Bewohnern dieser entlegenen Gegend über Dienste von Telefónica mobiles Internet angeboten wird. Im kommenden Jahr soll damit das Einzugsgebiet von rund 200 000 Menschen versorgt werden können. Ein Viertel der dort Lebenden hat laut Loon nicht einmal Zugang zu einem 3G-Netz, ausserhalb der besiedelten Gebiete steht vielen überhaupt kein zuverlässiger Mobilfunkdienst zur Verfügung.

Einsatz in Katastrophengebieten

Die Loon-Ballons sind aus einem vor mehreren Jahren gestarteten Projekt der Forschungsabteilung «X» des Google-Mutterkonzerns Alphabet hervorgegangen. Die mit Helium gefüllten Ballons haben nicht nur Mobilfunktechnik an Bord, sondern auch Solarzellen für ihre Stromversorgung. Sie kommunizieren miteinander und bauen über einem Gebiet im Bereich der Stratosphäre autonom ein Netzwerk auf. Eine selbstlernende Google-Software kümmert sich um die Steuerung und sorgt dafür, dass sich die Internet-Ballons selbsttätig auf und ab bewegen können, um ihre Position zu finden und zu justieren. In dieser Höhe wird der Flugverkehr nicht gestört und herrschen kaum Wettereinflüsse.

Peru ist das erste Land in Lateinamerika, das die Helium-Stationen für einen dauerhaften Zugang zum Internet einsetzt. Bisher ist die Technik nur in nichtkommerziellen Projekten zu Praxiseinsätzen gekommen – in Peru etwa in Katastrophengebieten als temporärer Ersatz für Mobilfunkmasten, die von Hochwasser durch El Niño 2017 zerstört wurden. Auch Anfang des Jahres wurden mit Loon-Ballons wieder Notfall-Verbindungen hergestellt, als ein kräftiges Erdbeben den Norden Perus erschütterte.

Zuvor wurden auch etwa in Puerto Rico Ballons der Google-Schwesterfirma in die Luft befördert, nachdem Hurrikans den Inselstaat massiv verwüstet hatten.

Auch in Afrika kommerzieller Dauerbetrieb

Ein erster kommerzieller Testlauf mit Loon-Stationen in 20 Kilometer Höhe über der Erde wurde bereits in Afrika gestartet. Dort wurde im Sommer damit begonnen, auf diese Weise kaum erschlossene Bergregionen Kenyas mit Breitband-Internet über LTE zu versorgen.

In Peru arbeitet Loon bereits seit 2014 mit Telefónica zusammen. Der dortige Mobilfunkbetreiber Internet para Todos Perú wurde im vergangenen Jahr gegründet und treibt den Ausbau mobiler Internetkonnektivität in ländlichen Gebieten zusammen mit Telefónica voran.

Die neuen Pläne sehen vor, dass Loon-Ballons nicht nur für schwer erreichbare Amazonas-Gebiete genutzt werden, sondern auch das terrestrische Netzwerk ergänzen sollen. Bis 2021 sollen mehr als 30 000 Gemeinden vernetzt sein. Der erstmalige Dauerbetrieb der Stratosphärenballons muss jedoch noch vom peruanischen Ministerium für Verkehr und Kommunikation genehmigt werden.

Die Technik scheint ausgereift: Loon hatte im Juli erklärt, dass die mittlerweile völlig automatisiert fliegenden Ballons insgesamt eine Million Stunden in der Luft unterwegs gewesen seien. Dabei seien etwa 40 Millionen Kilometer zurückgelegt worden.