Asteroidenstaub tauchte die Erde womöglich vor Jahrmillionen in eine Eiszeit

Als ein Asteroid in unserem Sonnensystem durch eine Kollision zerfiel, erreichte der Staub auch die Erde. Die langsame Abkühlung in jener Zeit liess viele neue Arten entstehen.

Sven Titz
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Durch die Kollision eines Asteroiden entstand vor 470 Millionen Jahren eine Menge Staub im Sonnensystem – hier eine künstlerische Darstellung. Forscher nehmen an, dass dadurch auf der Erde eine Eiszeit ausgelöst wurde. (Bild: Don Davis / Southwest Research Institute)

Durch die Kollision eines Asteroiden entstand vor 470 Millionen Jahren eine Menge Staub im Sonnensystem – hier eine künstlerische Darstellung. Forscher nehmen an, dass dadurch auf der Erde eine Eiszeit ausgelöst wurde. (Bild: Don Davis / Southwest Research Institute)

Vor 470 Millionen Jahren war das Klima auf der Erde ziemlich homogen – es war fast überall warm oder mild. Das änderte sich im Laufe des Ordoviziums allerdings. Der Globus geriet in eine Eiszeit; es bildeten sich deutlich unterscheidbare Klimazonen aus. An den Polen gefror das Meer.

Jetzt will ein Team um Birger Schmitz von der Lund University eine wichtige Ursache für den Wandel gefunden haben: Gemäss der neuen Studie ist genau im passenden Zeitraum ein riesiger Asteroid zwischen Mars und Jupiter durch eine Kollision zu Staub zerfallen; dieser Staub hat sich dann im inneren Bereich unseres Sonnensystems verteilt und die Sonnenstrahlung verringert. Das könnte laut den Autoren ein entscheidender Faktor dafür gewesen sein, dass die Erde damals in eine Eiszeit überging.

Das Resultat sei vollkommen unerwartet gewesen, sagt Schmitz gemäss einer Medienmitteilung. Die Analyse von Sedimentgestein in Südschweden brachte die Forscher auf die Spur des Asteroiden, wie sie im Wissenschaftsmagazin «Science Advances» berichten. In dem ehemaligen Meeresboden konnten sie extraterrestrisches Helium messen. Dieses Helium ist offenbar mit dem Asteroidenstaub auf die Erde gelangt. In dem Gestein fanden sie auch seltene Mineralien, die oft in Asteroiden enthalten sind.

Kein Nachteil für die Artenvielfalt

«Normalerweise gewinnt die Erde pro Jahr ungefähr 40 000 Tonnen extraterrestrischen Materials», sagt der Mitautor Philipp Heck, ein Kurator am Field Museum in Chicago. Durch bei der Asteroidenkollision entstandenen Staub hat die Erde tausend bis zehntausend Mal so viel Material erhalten. Die Wissenschafter schätzen, dass der Asteroid einen Durchmesser von 150 Kilometern besass.

Für die Biodiversität war die Abkühlung offenbar kein Nachteil, sondern sogar ein Vorteil. Das liegt vor allem daran, dass der Staub nicht plötzlich auftauchte, sondern im Laufe von zwei Millionen Jahren seine abkühlende Wirkung entfaltete. Dadurch war es dem Leben auf der Erde möglich, sich allmählich an die sinkenden Temperaturen anzupassen. In dieser Zeit entstanden damals viele neue Spezies.

Sofern die Resultate des Teams um Schmitz der Überprüfung durch Fachkollegen standhalten, wäre es der zweite nachgewiesene Fall einer Beeinflussung des Lebens auf der Erde durch ein astronomisches Ereignis. Der mutmasslich durch die Asteroidenkollision ausgelöste Klimawandel im Ordovizium unterscheidet sich allerdings stark von dem Ereignis vor 66 Millionen Jahren. Damals führte ein Einschlag eines Asteroiden (oder Kometen) im heutigen Mexiko zu einer rasanten Abkühlung – zusätzlich wohl verstärkt durch vulkanische Aktivität in der gleichen Zeit –, was das Aussterben der Dinosaurier zur Folge hatte.