Ein Gericht hat in den Niederlanden die Vorschriften zur Emission von Stickstoff verschärft. Das treibt die Bauern auf die Barrikaden. Die herumgebotenen Lösungsvorschläge umfassen auch Nahrungsmittelzusätze für Kühe.
In den Niederlanden herrscht eine Stickstoffkrise. Wütende Bauern versuchten Mitte Oktober ein Verwaltungsgebäude in der Provinz Groningen zu stürmen. Landwirte fuhren mit Tausenden Traktoren nach Den Haag, um zu demonstrieren. Vertreter des Baugewerbes luden einige Tage später mitten in der Hauptstadt aus Protest tonnenweise Sand ab.
Sfeer totaal omslagen. Trekkers op een meter voor Provinciehuis Groningen en mensen proberen Provinciehuis binnen te dringen. #dvhn #boerenprotest pic.twitter.com/HahdQjzbXr
— Liselotte Schüren (@LSchuren) October 14, 2019
Ausgangspunkt dieser Ereignisse war ein Urteil des höchsten Verwaltungsgerichtes der Niederlande am 29. Mai. Der «Raad van State» entschied, dass die Behörden künftig Baubewilligungen für Projekte mit Stickstoffausstoss in der Nähe von Naturschutzgebieten nicht mehr so einfach wie bisher genehmigen dürfen.
In Den Haag is de Utrechtsebaan #A12 richting het Malieveld weer één grote parkeerplaats voor tractoren. Vanzelfsprekend is de weg dicht vanaf de afrit Den Haag-Bezuidenhout. pic.twitter.com/JfQ8a216Ps
— ANWBverkeer (@ANWBverkeer) October 16, 2019
Das 2015 lancierte «Programma Aanpak Stikstof» (PAS) ist nämlich laut dem Europäischen Gerichtshof nicht mit EU-Recht vereinbar. PAS erlaubte die Überschreitung der Grenzwerte, wenn dafür Kompensationsmassnahmen in der Zukunft vorgesehen sind.
Protest in Nederland ziet er toch wel heel anders uit dan protesten in de andere landen in de wereld #boerenprotest #bouwprotest pic.twitter.com/yluptTiFoP
— Harry Bos (@HarryBosGr) November 1, 2019
Rund 18 000 Bauprojekte sind deshalb sistiert worden, darunter zahlreiche Erweiterungsbauten von Bauern. Allgemein gilt die Nutztierhaltung als Hauptgrund für die in vielen Schutzgebieten über den Grenzwerten liegende Konzentration von Stickstoff im Boden. Dazu kann es kommen, wenn Landwirte ihre Felder zu stark düngen. Die Bauern bezweifeln jedoch die Zahlen der Regierung und fühlen sich zu Unrecht zum Klimasündenbock gestempelt.
Die Regierung von Premierminister Mark Rutte will bis Anfang Dezember Lösungen vorlegen. Einzelne der herumgebotenen Ideen sorgen bei den Landwirten aber eben für rote Köpfe.
Ein Vertreter der linksliberalen Regierungspartei D66 schlug vor, den Viehbestand zu halbieren. Ferner ist ein überarbeiteter Kompensationsmechanismus im Gespräch. Eine geringere Höchstgeschwindigkeit soll den Stickstoffausstoss verringern. Und die Bauern hätten den Kühen ein Enzym des niederländischen Chemiekonzerns DSM zu füttern, damit der Stickstoffgehalt in der Gülle um 10% sinke. Darauf könnten so viele suspendierte Bauvorhaben wieder aufgenommen werden, bis die von Autos und Kühen eingesparte Menge Stickstoff kompensiert sei.
Das alles klingt etwas wunderlich. Doch es wirft ein Schlaglicht auf mögliche weitere Debatten über Gewinner und vor allem Verlierer von Klimaschutzmassnahmen.