Landwirte protestieren gegen die verschärften Vorschriften zur Emission von Stickstoff und fahren mit ihren Traktoren zur Provinzregierung nach Assen. (14. Oktober 2019) (Bild: Robin van Lonkhuijsen / EPA)

Landwirte protestieren gegen die verschärften Vorschriften zur Emission von Stickstoff und fahren mit ihren Traktoren zur Provinzregierung nach Assen. (14. Oktober 2019) (Bild: Robin van Lonkhuijsen / EPA)

Die Bauern in den Niederlanden haben Angst, dass der Staat ihnen die Hälfte ihrer Kühe wegnimmt

Ein Gericht hat in den Niederlanden die Vorschriften zur Emission von Stickstoff verschärft. Das treibt die Bauern auf die Barrikaden. Die herumgebotenen Lösungsvorschläge umfassen auch Nahrungsmittelzusätze für Kühe.

Christoph G. Schmutz, Brüssel
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In den Niederlanden herrscht eine Stickstoffkrise. Wütende Bauern versuchten Mitte Oktober ein Verwaltungsgebäude in der Provinz Groningen zu stürmen. Landwirte fuhren mit Tausenden Traktoren nach Den Haag, um zu demonstrieren. Vertreter des Baugewerbes luden einige Tage später mitten in der Hauptstadt aus Protest tonnenweise Sand ab.

Ausgangspunkt dieser Ereignisse war ein Urteil des höchsten Verwaltungsgerichtes der Niederlande am 29. Mai. Der «Raad van State» entschied, dass die Behörden künftig Baubewilligungen für Projekte mit Stickstoffausstoss in der Nähe von Naturschutzgebieten nicht mehr so einfach wie bisher genehmigen dürfen.

Das 2015 lancierte «Programma Aanpak Stikstof» (PAS) ist nämlich laut dem Europäischen Gerichtshof nicht mit EU-Recht vereinbar. PAS erlaubte die Überschreitung der Grenzwerte, wenn dafür Kompensationsmassnahmen in der Zukunft vorgesehen sind.

Rund 18 000 Bauprojekte sind deshalb sistiert worden, darunter zahlreiche Erweiterungsbauten von Bauern. Allgemein gilt die Nutztierhaltung als Hauptgrund für die in vielen Schutzgebieten über den Grenzwerten liegende Konzentration von Stickstoff im Boden. Dazu kann es kommen, wenn Landwirte ihre Felder zu stark düngen. Die Bauern bezweifeln jedoch die Zahlen der Regierung und fühlen sich zu Unrecht zum Klimasündenbock gestempelt.

Die Regierung von Premierminister Mark Rutte will bis Anfang Dezember Lösungen vorlegen. Einzelne der herumgebotenen Ideen sorgen bei den Landwirten aber eben für rote Köpfe.

Ein Vertreter der linksliberalen Regierungspartei D66 schlug vor, den Viehbestand zu halbieren. Ferner ist ein überarbeiteter Kompensationsmechanismus im Gespräch. Eine geringere Höchstgeschwindigkeit soll den Stickstoffausstoss verringern. Und die Bauern hätten den Kühen ein Enzym des niederländischen Chemiekonzerns DSM zu füttern, damit der Stickstoffgehalt in der Gülle um 10% sinke. Darauf könnten so viele suspendierte Bauvorhaben wieder aufgenommen werden, bis die von Autos und Kühen eingesparte Menge Stickstoff kompensiert sei.

Das alles klingt etwas wunderlich. Doch es wirft ein Schlaglicht auf mögliche weitere Debatten über Gewinner und vor allem Verlierer von Klimaschutzmassnahmen.