In der Kürze liegt die Würze? Von wegen. Google bevorzugt Texte, die möglichst lang um den heissen Brei herumreden. Hier erfahren Sie, warum das so ist: Jetzt lesen – und exklusive Einblicke in die Welt der suchmaschinenoptimierten Websites erhalten!
Möchten Sie sich «gesund ernähren»? Das klingt nach einem komplizierten Vorhaben, da ist es am besten, Sie googeln das erst einmal. Google hat für Sie schon viele Meinungen dazu gesammelt. Doch eine wirklich hilfreiche Antwort werden Sie selten finden: Sie sind in der Welt der suchmaschinenoptimierten Websites. Lesen Sie hier, was das für Sie bedeutet.
Wenn Sie Ihre Suchbegriffe eingegeben haben, werden Ihnen auf der Ergebnisseite Snippets angezeigt, das sind Vorschauschnipsel mit einer Überschrift, einer URL und darunter ein bis zwei Sätzen Text – der darf derzeit bis zu 160 Zeichen lang sein, sonst schneidet Google ihn ab und ersetzt ihn mit drei Punkten. Dieser Teil heisst Meta-Description. Wenn diese Meta-Description 160 Zeichen oder weniger enthält und so vielversprechend klingt, dass Sie draufklicken wollen, dann hat sie sehr wahrscheinlich ein SEO-Texter verfasst. SEO steht für Suchmaschinenoptimierung.
Die Aufgabe solcher Texter ist es, Conversions zu erzeugen. Bei einer Shopping-Seite würde das zum Beispiel bedeuten, Sie vom Besucher zum Kunden zu machen. Dafür müssen die aber erst einmal Ihr Interesse wecken, und das beginnt beim Snippet. Deswegen enthalten optimierte Meta-Descriptions einen Call to Action, etwa so: «Lesen Sie hier!», «Jetzt lesen!» oder «Oh mein Gott, diese zehn Katzenbilder sind so niedlich, beim neunten musste ich lachen, weinen und einen Salto rückwärts machen». Manchmal steht so etwas auch schon in der Überschrift.
Klicken Sie das vielversprechendste Snippet an. Jetzt kommen Sie auf die Landing Page. Die Seite baut sich auf, und das geht ruckzuck, denn eine gute Landing Page ist auch technisch optimiert. Weniger als eine Sekunde, oder? Das ist gut. 1999 fanden Nutzer noch acht Sekunden Ladezeit in Ordnung, 2006 waren es nur noch vier Sekunden. Aber es war weniger als eine Sekunde, also: Schön, dass Sie da sind!
Lesen wir einmal, was im ersten Absatz sinngemäss steht: «Ernährung kann krank machen, wer falsch isst, lebt riskant! Gut, dass Sie bei uns sind, wir klären Sie auf.» Jetzt wissen Sie also, dass diese Website Ihre Frage auch relevant findet. Schauen wir einmal, was im zweiten steht: «Was gesunde Ernährung ist, sieht jeder anders, die Forschung entwickelt sich immer weiter, aber jetzt sagen wir Ihnen, worauf es wirklich ankommt!» Ausrufezeichen vermitteln Dringlichkeit, dann dürfte es jetzt gewiss spannend werden.
Hier eine Zusammenfassung der nächsten Absätze: «Ach, wenn wir doch nur essen könnten, was wir wollten, aber die Evolution . . . Die Ernährungslehre hat sich gewandelt, wobei der Verdauungstrakt des Pandas gar nicht auf Bambus ausgelegt ist . . . Eiweiss, Fett und Kohlenhydrate nur in für den Gleichgewichtssinn verträglichen Massen . . . Haben Sie schon von Vitalstoffen gehört? . . . Die Telopea speciosissima ist übrigens die Staatsblume des Teilstaats New South Wales . . . Aber Vorsicht, bei Vollmond fördert Knoblauch das Haarwachstum.»
SEO-Texter müssen sich manchmal ganz schön was aus den Fingern saugen, um solche potemkinschen Websites zu bauen, doch die vielen Absätze erfüllen einen Zweck: Sie sollen nicht Ihnen gefallen, sondern Google. Die Suchmaschine mag lange Texte lieber als kurze – am besten solche mit mehr als 2000 Wörtern. Das gilt als Hinweis dafür, dass ein Thema besonders ausführlich bearbeitet worden ist. Genau aus diesem Grund werden Ihnen auf den ersten Plätzen von Suchergebnisseiten so häufig Websites mit bis zum Bersten aufgeblähten Texten präsentiert, die um Ihr Thema kreisen wie ein Hai um seine Beute. SEO-Texter sind die Kulissenmaler der potemkinschen Legende.
Wer eine Website für Google optimiert, möchte nicht, dass Sie etwas finden. Er möchte, dass Sie etwas für ihn tun. Etwa Ihre Adresse hinterlassen, den Newsletter abonnieren oder am besten gleich etwas kaufen. Auf die eine oder andere Weise kommen Sie für die Information auf. Wenn es richtig gemacht wurde, dann war Ihre User-Experience dabei entzückend, und Sie haben gar nicht gemerkt, dass Sie einen Salto rückwärts gemacht haben.