Wieso man beim Googeln selten findet, was man sucht

In der Kürze liegt die Würze? Von wegen. Google bevorzugt Texte, die möglichst lang um den heissen Brei herumreden. Hier erfahren Sie, warum das so ist: Jetzt lesen – und exklusive Einblicke in die Welt der suchmaschinenoptimierten Websites erhalten!

Aljoscha Harmsen
Drucken
Auf Google hält man nach Informationen Ausschau, die einem weiterhelfen, oft aber landet man auf Seiten, die einem den Kopf mit unnützem Geschwafel vernebeln. (Bild: Aly Song / Reuters)

Auf Google hält man nach Informationen Ausschau, die einem weiterhelfen, oft aber landet man auf Seiten, die einem den Kopf mit unnützem Geschwafel vernebeln. (Bild: Aly Song / Reuters)

Möchten Sie sich «gesund ernähren»? Das klingt nach einem komplizierten Vorhaben, da ist es am besten, Sie googeln das erst einmal. Google hat für Sie schon viele Meinungen dazu gesammelt. Doch eine wirklich hilfreiche Antwort werden Sie selten finden: Sie sind in der Welt der suchmaschinenoptimierten Websites. Lesen Sie hier, was das für Sie bedeutet.

Wenn Sie Ihre Suchbegriffe eingegeben haben, werden Ihnen auf der Ergebnisseite Snippets angezeigt, das sind Vorschauschnipsel mit einer Überschrift, einer URL und darunter ein bis zwei Sätzen Text – der darf derzeit bis zu 160 Zeichen lang sein, sonst schneidet Google ihn ab und ersetzt ihn mit drei Punkten. Dieser Teil heisst Meta-Description. Wenn diese Meta-Description 160 Zeichen oder weniger enthält und so vielversprechend klingt, dass Sie draufklicken wollen, dann hat sie sehr wahrscheinlich ein SEO-Texter verfasst. SEO steht für Suchmaschinenoptimierung.

Die Aufgabe solcher Texter ist es, Conversions zu erzeugen. Bei einer Shopping-Seite würde das zum Beispiel bedeuten, Sie vom Besucher zum Kunden zu machen. Dafür müssen die aber erst einmal Ihr Interesse wecken, und das beginnt beim Snippet. Deswegen enthalten optimierte Meta-Descriptions einen Call to Action, etwa so: «Lesen Sie hier!», «Jetzt lesen!» oder «Oh mein Gott, diese zehn Katzenbilder sind so niedlich, beim neunten musste ich lachen, weinen und einen Salto rückwärts machen». Manchmal steht so etwas auch schon in der Überschrift.

Ausrufezeichen vermitteln Dringlichkeit!

Klicken Sie das vielversprechendste Snippet an. Jetzt kommen Sie auf die Landing Page. Die Seite baut sich auf, und das geht ruckzuck, denn eine gute Landing Page ist auch technisch optimiert. Weniger als eine Sekunde, oder? Das ist gut. 1999 fanden Nutzer noch acht Sekunden Ladezeit in Ordnung, 2006 waren es nur noch vier Sekunden. Aber es war weniger als eine Sekunde, also: Schön, dass Sie da sind!

Lesen wir einmal, was im ersten Absatz sinngemäss steht: «Ernährung kann krank machen, wer falsch isst, lebt riskant! Gut, dass Sie bei uns sind, wir klären Sie auf.» Jetzt wissen Sie also, dass diese Website Ihre Frage auch relevant findet. Schauen wir einmal, was im zweiten steht: «Was gesunde Ernährung ist, sieht jeder anders, die Forschung entwickelt sich immer weiter, aber jetzt sagen wir Ihnen, worauf es wirklich ankommt!» Ausrufezeichen vermitteln Dringlichkeit, dann dürfte es jetzt gewiss spannend werden.

Hier eine Zusammenfassung der nächsten Absätze: «Ach, wenn wir doch nur essen könnten, was wir wollten, aber die Evolution . . . Die Ernährungslehre hat sich gewandelt, wobei der Verdauungstrakt des Pandas gar nicht auf Bambus ausgelegt ist . . . Eiweiss, Fett und Kohlenhydrate nur in für den Gleichgewichtssinn verträglichen Massen . . . Haben Sie schon von Vitalstoffen gehört? . . . Die Telopea speciosissima ist übrigens die Staatsblume des Teilstaats New South Wales . . . Aber Vorsicht, bei Vollmond fördert Knoblauch das Haarwachstum.»

Salto rückwärts

SEO-Texter müssen sich manchmal ganz schön was aus den Fingern saugen, um solche potemkinschen Websites zu bauen, doch die vielen Absätze erfüllen einen Zweck: Sie sollen nicht Ihnen gefallen, sondern Google. Die Suchmaschine mag lange Texte lieber als kurze – am besten solche mit mehr als 2000 Wörtern. Das gilt als Hinweis dafür, dass ein Thema besonders ausführlich bearbeitet worden ist. Genau aus diesem Grund werden Ihnen auf den ersten Plätzen von Suchergebnisseiten so häufig Websites mit bis zum Bersten aufgeblähten Texten präsentiert, die um Ihr Thema kreisen wie ein Hai um seine Beute. SEO-Texter sind die Kulissenmaler der potemkinschen Legende.

Wer eine Website für Google optimiert, möchte nicht, dass Sie etwas finden. Er möchte, dass Sie etwas für ihn tun. Etwa Ihre Adresse hinterlassen, den Newsletter abonnieren oder am besten gleich etwas kaufen. Auf die eine oder andere Weise kommen Sie für die Information auf. Wenn es richtig gemacht wurde, dann war Ihre User-Experience dabei entzückend, und Sie haben gar nicht gemerkt, dass Sie einen Salto rückwärts gemacht haben.

Google wird am 4. September 1998 von zwei Doktoranden der Stanford University in Kalifornien gegründet. Sergey Brin (l.) und Larry Page (r.) haben eine Software entwickelt, die in der Lage ist, grosse Sammlungen von elektronischen Dokumenten rasch zu durchsuchen und dabei wichtige von unwichtigen Dokumenten zu unterscheiden (Aufnahme: 2003). (Bild: Richard Koci Hernandez / San Mercury News / AP)
19 Bilder
Mit dieser Software entwerfen sie eine Internet-Suchmaschine. Es ist zwar nicht die erste auf dem Markt, aber es ist der neue Ansatz der beiden Google-Gründer, welcher der Konkurrenz einen Schritt voraus ist. Ihre Idee: Die Relevanz einzelner Webseiten zeigt sich darin, wie oft auf sie verlinkt wird. Bild: Der Screenshot zeigt google.ch im Januar 2003. (Bild: Screenshot/Google/Keystone)
Erster CEO wird 2001 Eric Schmidt (r.). Google erweitert seine Aktivitäten, indem andere Unternehmen gekauft und Kooperationen eingegangen werden, wie hier 2005 mit Sun Microsystems, das Java entwickelt hat. Links ist Scott McNealy zu sehen, der CEO von Sun Microsystems. (Bild: Paul Sakuma / AP)
Google wächst rasant, im August 2004 geht die Firma an die amerikanische Börse Nasdaq. Bereits am ersten Handelstag steigt der Kurs auf über 100 US-Dollar und macht Larry Page und Sergey Brin, die zu dieser Zeit je etwa 38 Millionen Aktien halten, zu Multimilliardären. Das Bild zeigt Larry Page (Mitte), den Google-CFO George Reyes (l.), den Google-CEO Eric Schmidt (Zweiter von links) und den Nasdaq-Präsidenten Robert Greifeld (Zweiter von rechts) an der Feier zum Börsenstart. (Bild: Alan Perlman Foto Associates and The Nasdaq Stock Market Inc. / Handout / Reuters)
Im August 2005 wird der Kauf von Android Inc. bekanntgegeben. 2008 veröffentlicht Google die erste Version des Android-Betriebssystems für Mobilgeräte. Das Bild zeigt die Android-Nougat-Statue, die seit Juni 2016 auf dem Campus im kalifornischen Mountain View steht. (Bild: Google via AP)
2007 ist Google (laut dem Marktforschungsinstitut Millward Brown) erstmals die wertvollste Marke der Welt und kann die meisten Besucher im Internet verzeichnen. Seit 2004 bietet Google mit Gmail auch einen E-Mail-Service an, 2006 wird das Videoportal Youtube übernommen. Google mischt überall mit. Auch ein Office-Paket wird zur Verfügung gestellt und mit Google-Maps ein Online-Kartendienst. (Bild: Imago)
2007 wird mit DoubleClick einer der grössten Online-Werbevermarkter übernommen. Die Google-Idee, wie man mit Werbung Geld verdienen kann, ist ebenso raffiniert wie der Suchmaschinen-Algorithmus: Im Umfeld der Treffer werden kleine Anzeigen geschaltet, die zu den Suchbegriffen passen. Bezahlen muss der Werbekunde nur, wenn die Werbung angeklickt wird. Mit AdWords und AdSense dominiert Google bald den Markt für Onlinewerbung. (Bild: Paul Sakuma / AP)
2004 entsteht das erste Büro von Google in Zürich, zuerst mit nur zwei Mitarbeitern. Es wächst kontinuierlich. Inzwischen ist Zürich der grösste Entwicklungsstandort von Google ausserhalb der Vereinigten Staaten. – Blick in einen Innenraum der Zürcher Niederlassung im Juli 2007. (Bild: Christian Mathis / NZZ)
Der Aufenthaltsraum ist bunt und soll den Mitarbeitern im denklastigen Arbeitsalltag etwas Abwechslung bieten. Heute gehört Google mit über 2200 Mitarbeitern (Stand 2017) zu den grössten Arbeitgebern in der Limmatstadt (Aufnahme: 2007). (Bild: Christian Mathis / NZZ)
An Google führt bald kein Weg mehr vorbei. Der amerikanische Präsidentschaftskandidat Barack Obama lässt es sich 2007 nicht nehmen, persönlich an Googles Hauptsitz in Mountain View für seine Kandidatur zu werben (14. November 2007). Weniger glücklich über die Google-Dienste ist der derzeitige Präsident der USA. Nach Donald Trumps Meinung sind Googles Abfragen zu seiner Person manipuliert. (Bild: Jeff Chiu / AP)
Im September 2008 wird der Browser Google Chrome vorgestellt, der fortan Microsofts Internet Explorer und Mozillas Firefox konkurrenzieren wird (Bild). Mit Android und Chrome OS entwickelt Google zudem zwei kostenlose Betriebssysteme. (Bild: Google / Handout / EPA)
Zehn Jahre nach der Gründung des Unternehmens haben Sergey Brin (l.) und Larry Page (r.) gut lachen: 2008 beschäftigt Google in Niederlassungen rund um die Welt knapp 20 000 Angestellte und hat im Vorjahr einen Umsatz von 16,6 Milliarden Dollar sowie einen Gewinn von 4,2 Milliarden Dollar erwirtschaftet. (Bild: Paul Sakuma / AP)
Google betreibt weltweit mehrere Rechenzentren, welche die komplette Funktionalität der Suchmaschine enthalten. Eine Benutzeranfrage wird an ein nahes Rechenzentrum geleitet und von ihm beantwortet. Fällt ein Rechenzentrum aus, übernimmt automatisch ein anderes dessen Aufgaben. Das Bild zeigt das Datenzentrum in Douglas County, Georgia (2012). (Bild: Google, Connie Zhou / AP)
Seit dem 2. Oktober 2015 gehört Google zu Alphabet. Die Google-Aktien werden in Alphabet-Aktien umgewandelt und das Unternehmen in mehrere Subunternehmen aufgeteilt. Das Kerngeschäft der Online- und Internetdienste wird unter dem Namen Google fortgeführt. Larry Page wechselt zusammen mit Sergey Brin an die Spitze der neugeschaffenen Holding. Die Führung von Google übernimmt Sundar Pichai (Bild). (Bild: Stephen Lam / Reuters)
Googles Hauptsitz Googleplex in Mountain View wächst kontinuierlich. Sobald der 102 193 m² grosse Anbau fertiggestellt ist, wird die gesamte Anlage 287 999 m² gross sein (Aufnahme: 2016). (Bild: Imago)
Und auch die Zürcher Niederlassung wächst. Bald reicht der Platz am Standort an der Brandschenkestrasse nicht mehr aus (November 2016). (Bild: Christian Beutler / Keystone)
Google eröffnet ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum an der Europaallee, im Gebäude der Sihlpost. Google schafft in Zürich Platz für bis zu 5000 Angestellte. Im neuen Mitarbeiter-Restaurant wird man mit dem Hashtag gruezigoogle begrüsst (Januar 2017). (Bild: Goran Basic / NZZ)
Die neue Rezeption erinnert absichtlich an die Post, die hier früher beherbergt war. Schweizer Google-Forscher arbeiten an Diensten wie Google Assistant, Maps, Gmail, Youtube sowie am eigentlichen Herzstück des Unternehmens: dem Suchalgorithmus (Aufnahme: Januar 2017). (Bild: Goran Basic / NZZ)
Der vor zwanzig Jahren gegründete Konzern ist längst über die Suchmaschine hinausgewachsen und löst Datenschutz-Ängste sowie Sorgen um den Wettbewerb aus. Das Credo von damals, «Don’t be evil» («Tu nichts Böses»), wird heute kaum mehr erwähnt. Zu reich und zu mächtig ist der Konzern inzwischen geworden. Im vergangenen Quartal hat Alphabet einen Umsatz von 32,6 Milliarden Dollar erzielt, davon waren gut 28 Milliarden Dollar Werbeerlöse von Google. (Bild: Imago) Zum ArtikelWeitere Bildstrecken

Google wird am 4. September 1998 von zwei Doktoranden der Stanford University in Kalifornien gegründet. Sergey Brin (l.) und Larry Page (r.) haben eine Software entwickelt, die in der Lage ist, grosse Sammlungen von elektronischen Dokumenten rasch zu durchsuchen und dabei wichtige von unwichtigen Dokumenten zu unterscheiden (Aufnahme: 2003). (Bild: Richard Koci Hernandez / San Mercury News / AP)