Wertentwicklung des Bitcoin: “Reines Glücksspiel”

Während vor einem Jahr der Hype um den Bitcoin seinen vorläufigen Höhepunkt fand, ist von Euphorie zwölf Monate später nicht mehr viel zu spüren. Was ist passiert? Dazu haben wir mit Sebastian Hoffmann, dem Gründer von CoinMirror, gesprochen. Die Plattform ermöglicht Kleinanlegern, über Security Tokens in Startups zu investieren.

Sebastian, erzähle uns kurz, wie du dazu gekommen bist, CoinMirror zu gründen.

Nach meinem Studium in Amsterdam bin ich vor einigen Jahren nach Frankfurt gezogen, um bei einer Unternehmensberatung zu starten. Ich hatte dort die Chance, bei großen Unternehmen Initiativen zur Digitalisierung zu entwickeln. Nach ein paar Jahren war der Wunsch jedoch groß, etwas eigenes aufzubauen. Anfang 2018 habe ich deshalb die “Beraterschuhe” an den Nagel gehängt und mit meinen Berliner Jungs CoinMirror gegründet.

Wann hast du angefangen, dich für Blockchain und Kryptowährungen zu interessieren?

Während eines Beratungsprojekts bin ich erstmals mit dem Thema Blockchain in Berührung gekommen und war direkt fasziniert vom Potenzial des Konzepts der Dezentralisierung und damit verbunden auch Kryptowährungen. Als im Zuge des Projektes nichts in die Praxis umgesetzt wurde, habe ich mich dazu entschlossen, in meiner Freizeit eigenen Projekten nachzugehen. Ich habe mir Solidity, die Programmiersprache von Ethereum, beigebracht und Smart Contracts für verschiedene Startups auditiert. Wir haben in Frankfurt und Umgebung ja ein gutes Angebot an relevanten Events, so konnte ich mir ein Netzwerk aufbauen.

Was tut ihr bei CoinMirror genau?

Wir haben eine Plattform entwickelt, mit der wir es Kleinanlegern ermöglichen wollen, in Startups zu investieren. Die wirklich guten Deals werden heutzutage oftmals hinter verschlossenen Türen von professionellen Investoren wie VCs getätigt. Kleinanlegern ist der Zugang dazu vorenthalten. Wir wollen ihnen deshalb die Möglichkeit geben, den Strategien und Entscheidungen der Profis zu folgen und an diesen Deals mit zu partizipieren. Dabei wollen wir das Risiko für den Anleger minimieren, indem wir einen Zugang zu ausgewählten Investitionen in Token-basierte Startups ermöglichen.

Sebastian Hoffmann, Gründer von CoinMirror.

Stichwort Token: Wie grenzt ihr euch vom Phänomen des Initial Coin Offering (ICO) ab, der in letzter Zeit häufig im Kontext mit Betrugsfällen genannt worden ist?

Nach über einem Jahr in diesem Metier bin ich mit vielen ICO-Projekten in Berührung gekommen und kann sagen, dass die meisten von minderwertiger Qualität und oftmals auch schlichtweg Betrug waren. Vor diesem Hintergrund finde ich die momentane “Entschlackung” des Ökosystems eigentlich ganz gut. Sozusagen ein notwendiger Reifeprozess, bei dem nur Projekte von Substanz überleben. Das ist auch ein Grund, warum wir unser Projekt gestartet haben.

Warum ist die “Reinfall-Quote” bei ICOs so hoch?

Für nicht-professionelle Anleger ist es schwierig, bei der Vielzahl an Projekten den Überblick zu behalten und diese ordentlich zu evaluieren. Momentan sieht es so aus, als würde die Entwicklung stark in Richtung Security Tokens gehen. Der Unterschied: Hinter jedem Security Token steckt ein tatsächlicher Wert in Form von Equity, Gewinnbeteiligung oder Buy-Back. Genau das war bei Utility Tokens zumeist nicht der Fall

Vor einem Jahr war der Bitcoin als Kryptowährung in aller Munde, gefühlt jeder wollte investieren oder hat es getan. Heute ist der Kurs im Rekordtief. Wie konnte es dazu kommen?

Ziemlich genau vor einem Jahr habe ich in einem Gespräch mit einem Journalisten meine Bedenken geäußert, dass es zeitnah zu einer heftigen Korrektur kommen muss. Zu dem Zeitpunkt herrschte ein unglaublicher Hype um Bitcoin und andere Kryptowährungen, Leute haben ohne Sinn und Verstand in Coins investiert. Das war überhaupt nicht nachhaltig und oft reines Glücksspiel. Entsprechend waren die Coins total überbewertet. Marktzyklen und Panik haben dann zu dieser Abwärtsspirale beigetragen.

Sind die Kryptowährungen tot? Welche Entwicklung ist zu erwarten?

Ich bin der Meinung, dass dem nicht so ist. Wenn man sich das Ökosystem insgesamt anschaut, hat es sich 2018 wesentlich weiterentwickelt. Wir verfügen über immer mehr Nutzer, Talente, Lösungen, Tools und professionelle Marktteilnehmer. Zudem gibt es bereits Bitcoin Futures, ein ETF steht vor der Tür. Das alles hat sich bisher nur nicht im Preis niedergeschlagen.

Ist jetzt ein guter Zeitpunkt zu investieren?

Nach knapp einem Jahr Bärenmarkt habe ich zuletzt Signale wahrgenommen, dass es bald wieder in die andere Richtung gehen könnte. Beispielsweise zeigen Studien von renommierten Investoren Indikatoren, dass viele Kryptowährungen momentan überverkauft und unter Wert gehandelt werden.

Was rätst du Einzelpersonen, die in Kryptowährungen investieren möchten?

Ich ermutige jeden, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Sei es, weil man an diese neue Form des Geldes glaubt oder aus rein spekulativen Motiven. Es muss jedoch jedem bewusst sein, dass es sich um ein riskantes und volatiles Asset handelt. Falls man eigenständige Investitionsentscheidungen trifft, ist es ratsam, nach dem DYOR-Prinzip – “Do Your Own Research” – vorzugehen und wirklich zu verstehen, in was man eigentlich investiert.

Hört man auf die öffentliche Meinung, könnte man meinen, es seien nur Schurken in der Krypto-Szene unterwegs. Wie kommt das?

Zum einen ist das bedingt durch die Historie Bitcoins, da die Währung anfangs für Bezahlungen im Darknet verwendet wurde. Zum anderen gab es einiges an negativer Publicity durch die angesprochenen ICO-Scams oder Hacks. Aber es ist ja meistens so, dass revolutionäre Ansätze, die den Status Quo infrage stellen, zu Beginn meist kritisch beäugt werden.

Kommt bei uns in Deutschland vielleicht noch ein Mentalitätsproblem hinzu, wenn es um Offenheit für das Unbekannte geht?

Absolut, die Deutschen tun sich mit technologischen Innovationen schwer, mögen es lieber beständig. Das beste Beispiel: Sie lieben ihr Bargeld als Zahlungsmittel. Wenn es um Investments geht, dann lieber konservativ und keine Anlageklassen wie Aktien. Daher verwundert es nicht, dass die Adaption schleppend vorangeht.

Ist es absehbar, wann Kryptowährungen unseren Alltag maßgeblich beeinflussen werden?

Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis wir im Alltag mit Kryptowährungen bezahlen können. Die Entwicklung geht langsam voran. Aber immerhin haben wir in Frankfurt jetzt einen Bitcoin-Automaten! (Die FAZ berichtete, Anmerkung der Red.)

Was kann gerade die traditionelle Finanzbranche von Crypto Currencies lernen?

Eigentlich wurden Kryptowährungen ja entwickelt, um Banken die Existenzberechtigung zu nehmen. Ich finde sie können koexistieren, wenn man einiges radikal neu denkt. Neue Technologien sind im Idealfall ein Treiber, um verkrustete Strukturen aufzubrechen, Transparenz zu schaffen und innovative Lösungen anzubieten. Darum muss es gehen.

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