In Deutschland leiden jetzt die Wälder unter Trockenheit | NZZ

In Deutschland leiden jetzt die Wälder unter Trockenheit

Der Hitzesommer 2018 hat nun auch im Wald spürbare Auswirkungen. Die Bäume haben Trockenstress und sind anfälliger für Schädlinge. Zudem herrscht vielerorts höchste Waldbrandgefahr.

Stephanie Lahrtz, München
Drucken

Es hat in Deutschland nicht genug geregnet in diesem Winter. Schon jetzt, vor dem Sommer, fehlt den Böden in vielen Regionen richtig viel Wasser. Auch die Schauer an diesem Wochenende ändern daran kaum etwas. Um den Mangel wirklich auszugleichen, müsste es mehrere Wochen lang täglich ausdauernd und nicht zu heftig regnen. Kommt der Landregen jetzt nicht bald, könnte ein neues Dürrejahr drohen.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

In der Umgebung von Berlin hat die Erde die Konsistenz von trockenem Sand und Staub angenommen. Durch den heissen Sommer 2018 wird für ganz Deutschland, vor allem jedoch Brandenburg im Nordosten, eine weitere extreme Trockenperiode befürchtet. (Bild: Alexander Becher / EPA)

In der Umgebung von Berlin hat die Erde die Konsistenz von trockenem Sand und Staub angenommen. Durch den heissen Sommer 2018 wird für ganz Deutschland, vor allem jedoch Brandenburg im Nordosten, eine weitere extreme Trockenperiode befürchtet. (Bild: Alexander Becher / EPA)

Ein akutes Problem der Trockenheit ist die Waldbrandgefahr, die in vielen Regionen Deutschlands die höchste Stufe erreicht hat. Sogar im schneereichen Südbayern wurden über Ostern vorsorglich Patrouillenflüge durchgeführt. Allein in Brandenburg, dessen sandige Böden nur eine sehr geringe Wasserspeicherkapazität haben, gab es bereits 75 Waldbrände, doppelt so viele wie im ersten Drittel 2018.

Erster Waldbrand im Februar

Der Dürremonitor des Helmholtz-Umweltforschungszentrums (UFZ) in Leipzig zeigt in interaktiven Grafiken anschaulich, wie das Wasser in den Böden gerade in den letzten drei Wochen verschwunden ist. Mittlerweile herrscht ausser in einigen Flächen im Westen Deutschlands fast überall bereits wieder eine Dürre.

Im Hitzesommer 2018 trockneten die obersten 25 Zentimeter aus. Nun haben auch die unteren Bodenschichten angefangen, auszutrocknen. «Wir haben im April höchstens zehn Prozent des monatsüblichen Niederschlags bekommen, zudem war es schon im Februar wärmer und trockener als im langjährigen Mittel. Die anhaltenden Winde haben dann auch noch die Feuchtigkeit der Niederschläge von Dezember und Januar rausgezogen», sagt Raimund Engel vom Landesbetrieb Forst Brandenburg, der dort Waldbrandschutz-Beauftragter ist. Ähnlich schaut es auch in anderen Bundesländern aus.

Zwar habe es immer schon im Frühjahr Waldbrände gegeben, berichtet Engel. Denn ohne Laub an den Bäumen scheine die Sonne direkt auf den Boden. Dort stehe noch das vertrocknete Gras des Vorjahrs, also ideales Feuerfutter. Doch dieses Jahr stünden dort noch viele im Jahr 2018 vertrocknete kleine Bäumchen und andere Bodenpflanzen. Wie aussergewöhnlich heuer die Situation sei, zeige sich daran, dass man den ersten Waldbrand in Brandenburg bereits am 8. Februar hatte. Zudem sei es seit Jahrzehnten nicht vorgekommen, dass man nahezu den ganzen April hindurch die höchste oder zweithöchste Gefahrenstufe für das ganze Bundesland habe ausrufen müssen.

Der Wald ist jetzt jedoch nicht nur durch Waldbrände bedroht. Nun zeigen sich in den Wäldern auch die Folgeschäden des Hitzesommers 2018. Während nämlich Waldbäume – im Gegensatz zu Nutzpflanzen – im letzten Jahr wegen ihrer tiefer reichenden Wurzeln noch an die Wasserreserven in den unteren Bodenschichten herankamen und daher nicht verdurstet sind, gibt es dort unten jetzt wenig bis kaum noch etwas zu holen.

«Die Bäume sind jetzt eindeutig im Trockenstress», sagt Engel. Sie bildeten kleinere Blätter, oftmals kämen diese verspätet. Ein grosses Problem sei auch die abnehmende Resistenz gegenüber Schädlingen. So litten die Brandenburger Kiefern unter dem Nonnenfalter. 2018 war das Frassverhalten der Raupen deutlich aggressiver als sonst. Auch Erlen und Birken sterben derzeit vermehrt wegen Schädlingsbefall ab.

Käfer in Fichten, Pilze im Ahorn

Eine ähnlich problematische Situation, nur mit anderen Schädlingen, berichtet auch Johann Seidl von der bayrischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft. «Bedingt durch die Wärme gab es 2018 drei statt wie sonst nur zwei Generationen an Borkenkäfern.» Diese befallen Fichten. Da es dieses Jahr schon im Februar warm war, sind die Käfer bereits Anfang April ausgeschwärmt. Und sie finden ideale Bedingungen in den Wäldern vor: viel Schadholz wegen zweier Stürme und von Trockenheit geschwächte Bäume.

In Franken, wo es klimatisch bedingt immer trockener ist als im Alpenvorland oder im Bayerischen Wald, leiden derzeit vor allem die Ahornbäume. In Nordfranken herrscht mittlerweile eine Bodendürre wie in Brandenburg oder anderen im Hitzesommer 2018 besonders ausgetrockneten Regionen. Die gestressten Ahornbäume haben nun einem sich ausbreitenden – und wärmeliebenden – Pilz, der die Russrindenkrankheit hervorruft, wenig entgegenzusetzen. Platzt die Rinde durch das anschwellende Pilzgewebe ab, verteilen sich Millionen an Sporen. Geschieht das bei Stadtbäumen, kann es sogar für den Menschen gefährlich werden, denn solche Sporenwolken können Entzündungen der Lungenbläschen auslösen und zu Atemnot führen.

Massnahmen gegen die Dürre im Wald gibt es keine. Man kann nur von Schädlingen befallene Bäume schnell entfernen und nach Bränden Ausschau halten.