Erklärt

Zecken: so schützt man sich vor ihnen und ihren Krankheitserregern

Das warme Sommerwetter treibt die Zahl der Zeckenstiche in die Höhe. Es drohen verschiedene Krankheiten. In dieser Zeckensaison ist ein neues Virus dazugekommen. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die lästigen Parasiten.

Alan Niederer, Lena Stallmach 7 min
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Mit dem Stechrüssel (Mitte) saugt die Zecke das Blut, links und rechts davon sieht man zwei Tastorgane, die sogenannten Palpen.

Mit dem Stechrüssel (Mitte) saugt die Zecke das Blut, links und rechts davon sieht man zwei Tastorgane, die sogenannten Palpen.

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Wann muss ich mit einem Zeckenstich rechnen?

Wie die Menschen haben es auch die Zecken gern warm. Deshalb werden in den Monaten Mai, Juni und Juli die meisten Zeckenstiche registriert. Generell sind die Parasiten aber zwischen März und November aktiv.

Da Zeckenstiche oft den Unfallversicherern gemeldet werden, beschäftigt sich auch die Suva, der grösste Unfallversicherer in der Schweiz, mit dem Thema. Die Suva schätzt die Zahl der jährlichen Zeckenstiche im Land auf rund 14 000. Diese Zahl sei seit einigen Jahren steigend, schreibt die Suva.

Eine mögliche Erklärung für diesen Trend sehen die Suva-Experten in der langfristigen Klimaentwicklung. So zeige eine Studie aus der Westschweiz, dass sich zwischen 2009 und 2018 der für Zecken geeignete Lebensraum in der Schweiz um über 4000 Quadratkilometer vergrössert habe. Das entspricht ungefähr der doppelten Fläche des Kantons St. Gallen. Insbesondere in Lagen zwischen 500 und 1000 Metern über Meer haben sich demnach die Verhältnisse für die Zecken verbessert.

Wie entfernt man eine Zecke?

Es ist wichtig, den Zeckenkörper nicht zu quetschen. Sonst können allfällige Krankheitserreger über den Stechrüssel in die Haut des Menschen eingespritzt werden. Deshalb sollte man die Zecke mit einer Pinzette, den Fingernägeln oder einer Zeckenkarte möglichst am Saugapparat greifen und sie vorsichtig herausziehen (siehe Abbildung). Dabei sollte man kein Öl und keinen Alkohol verwenden. Denn dies könnte das Tier reizen und es dazu bringen, vermehrt Speichel und Krankheitserreger abzusondern.

So entfernt man eine Zecke richtig

So entfernt man eine Zecke richtig

Welche Krankheiten übertragen Zecken?

Zecken können viele verschiedene Infektionskrankheiten übertragen. In unseren Breiten sind für Menschen vor allem die Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) von Bedeutung.

Die Borreliose wird durch ein Bakterium verursacht: Borrelia burgdorferi. Der Name geht auf den Schweizer Forscher Willy Burgdorfer zurück. Er hat die Bakterienspezies 1981 in den USA erstmals beschrieben.

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) wird von einem Virus verursacht: dem FSME-Virus.

Zecken können auch weniger bekannte Krankheitserreger übertragen. Dazu zählen verschiedene Bakterienarten wie etwa Anaplasma, Rickettsien oder Francisella («Hasenpest»). Auch bei den Viren gibt es mehr als nur den FSME-Erreger. Während viele für den Menschen ungefährlich sind, können einige (z. B. Flaviviren) Krankheiten auslösen.

Seit Dezember 2022 ist bekannt, dass sich in der Schweiz ein neues Virus ausgebreitet hat: das Alongshan-Virus (ALSV). Es gehört zur grossen Familie der Flaviviren, zu der auch das FSME-Virus, das Dengue- und das Zikavirus gehören. Der für die Schweiz neue Erreger ist 2017 erstmals in China in der inneren Mongolei entdeckt worden.

Wie das Zentrum für Reisemedizin der Universität Zürich schreibt, sind die Symptome bei einer ALSV-Infektion ähnlich wie bei einer Erkältung oder zu Beginn einer FSME-Infektion: Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit Muskel- und Gelenkschmerzen. Die bei einer FSME-Infektion gefürchtete Hirnhaut- und Hirnentzündung (Meningoenzephalitis) scheine bei der ALSV-Infektion dagegen nicht charakteristisch zu sein.

Ist es ein Zeckenbiss oder ein Zeckenstich?

Zoologisch richtig heisst es Zeckenstich, nicht Zeckenbiss. Die Zecke schneidet mit ihren Mundwerkzeugen zuerst die Haut ihres Opfers auf und senkt dann das sogenannte Hypostom in die Wunde. Es ist eine Art Fortsatz des Kopfpanzers und trägt Widerhaken, mit denen sich die Zecke in der Wunde verankert. Zusammen mit Teilen der schneidenden Mundwerkzeuge bildet das Hypostom einen Saugapparat, durch den die Zecke einerseits Speichel in die Wunde fliessen lassen und andererseits Blut und Gewebeflüssigkeit aufnehmen kann.

Wie gefährlich ist ein Zeckenstich?

Zecken selbst sind nicht gefährlich. Problematisch ist, wenn sie mit Borrelia-Bakterien oder FSME-Viren (oder anderen, seltenen Krankheitserregern) infiziert sind. Das ist längst nicht immer der Fall.

In der Schweiz und Deutschland tragen zwischen 5 und 30 Prozent der Zecken Borrelien, stellenweise aber auch 50 Prozent. Laut Untersuchungen infizierten sich nach einem Zeckenstich 2,6 bis 5,6 Prozent der Betroffenen mit Borrelien, im Blut wurden Antikörper gegen die Bakterien gefunden. Aber weil nur ein kleiner Teil der Infizierten erkrankt, ist laut dem Robert-Koch-Institut nur bei 0,3 bis 1,4 Prozent der Zeckenstiche mit Krankheitssymptomen zu rechnen.

Auch das Auftreten von FSME-Viren schwankt je nach Region. In Risikogebieten tragen im Durchschnitt 0,1 bis 5 Prozent der Zecken FSME-Viren in sich. Es ist aber nicht möglich, daraus das Erkrankungsrisiko nach einem einzelnen Zeckenstich abzuleiten. Viele FSME-Infektionen verlaufen zudem ohne sichtbare oder nur mit milden Symptomen.

Was sind die Risikogebiete für Borreliose und FSME?

Als Risiko- oder Endemiegebiete gelten jene Regionen, in denen ein gewisser Anteil von Zecken mit Krankheitserregern infiziert ist. Für Borreliose gilt die ganze Schweiz als Risikogebiet, ausser Gebiete über 2000 Meter. Seit 2019 gilt für FSME die ganze Schweiz als Risikogebiet, mit Ausnahme der Kantone Tessin und Genf (siehe Karte Impfempfehlung).

Wie lange muss eine Zecke saugen, bis sie Borreliose überträgt?

Die Borrelien leben im Darm der Zecke und werden nicht immer übertragen. Das Infektionsrisiko steigt nach einer Saugzeit von mehr als 12 Stunden. Eine schnelle und korrekte Entfernung der Zecke ist daher wichtig. Die Zecke sollte insbesondere nicht gequetscht werden, weil dies das Risiko einer Infektion erhöht (siehe «Wie entfernt man eine Zecke richtig»).

Zecken sitzen oft im hohen Gras und warten auf ihre Mahlzeit. (Bild: Imago)

Zecken sitzen oft im hohen Gras und warten auf ihre Mahlzeit. (Bild: Imago)

Wie häufig sind Borreliose und FSME?

Laut Schätzungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) erkranken jedes Jahr rund 10 000 Personen an einer Borreliose. Genaue Zahlen gibt es nicht, da für diese Krankheit keine Meldepflicht besteht. Laut BAG waren 2018 und 2020 Spitzenjahre, was die Anzahl an Borreliose-Fällen betrifft. Seither liegen die Zahlen wieder etwas tiefer.

FSME ist seit 1988 eine meldepflichtige Krankheit. Nach Angaben des BAG schwanken in der Schweiz die Fallzahlen seit 2005 zwischen 100 und 250 Fällen pro Jahr. In den letzten Jahren sei ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. So erkrankten im Spitzenjahr 2020 452 Personen an FSME. Seither liegen die Fallzahlen wieder etwas tiefer.

In der Schweiz gemeldete FSME-Erkrankungen

Was sind Symptome für Borreliose?

Das Krankheitsbild der Borreliose (auch Lyme-Krankheit genannt) kann sehr vielfältig sein. Das macht die Diagnose bzw. die Abgrenzung zu anderen Krankheiten im Einzelfall schwierig.

Häufige Symptome sind: die sogenannte wandernde Röte (siehe nächste Frage), grippeähnliche Beschwerden, Konzentrationsschwierigkeiten, Schwellungen der Lymphknoten, allgemeine chronische Schmerzen, Kopf- und Gelenkschmerzen, Müdigkeit und Erschöpfungszustände, Herzbeschwerden, Hautprobleme, Sehstörungen, Gehörprobleme, Lähmungserscheinungen und psychische Probleme.

Die Krankheit wird nach der Ausbreitung der Infektion und der Schwere der Symptome in drei verschiedene Stadien unterteilt.

Typische Ausprägung einer wandernden Röte.

Typische Ausprägung einer wandernden Röte.

James Gathany / CDC

Was ist eine Wanderröte?

Wie der Name sagt, stellt die wandernde Röte (Erythema migrans) eine Hautrötung dar, die sich vom Zeckenstich aus langsam über die Haut ausbreitet. Parallel zur Ausbreitung blasst im Zentrum die Rötung wieder ab, wodurch der Eindruck eines wandernden Ringes entsteht.

Die wandernde Röte gilt als charakteristisches Frühzeichen der Borreliose. Ihr Fehlen spricht aber nicht gegen das Vorhandensein der Krankheit. Viele Patienten mit im Labor nachgewiesener Borrelien-Infektion erinnern sich weder an einen Zeckenstich, noch trat bei ihnen jemals eine wandernde Röte auf. Auch in diesen Fällen kann sich der Erreger im Körper ausbreiten und verschiedene Organe und Gewebe wie die Gelenke, das Herz oder das Zentralnervensystem befallen.

Wie behandelt man Borreliose?

Die Therapie erfolgt mit Antibiotika. Die Wahl und die Dosierung der Substanzen richten sich nach dem Krankheitsstadium.

Was sind Anzeichen für FSME?

Die Infektion verläuft meist unerkannt und beschwerdefrei. Kommt es zur Erkrankung, verläuft sie typischerweise in zwei Phasen: einer ersten mit grippeähnlichen Symptomen und einer zweiten mit neurologischen Beschwerden.

Die neurologischen Beschwerden sind Ausdruck der namensgebenden Entzündung der Hirnhäute und des Gehirns (Meningitis und Enzephalitis – zusammen: Meningoenzephalitis). Typische Anzeichen sind: Kopfschmerzen, Lichtscheue, Schwindel, Konzentrations- und Gehstörungen.

Die neurologischen Beschwerden können Wochen bis Monate andauern. Eine von hundert Personen mit neurologischen Beschwerden stirbt an der Krankheit. Bei anderen bleiben dauerhafte Störungen zurück.

Der Gemeine Holzbock ist die häufigste, aber bei weitem nicht einzige Zeckenart in der Schweiz und in Deutschland.

Der Gemeine Holzbock ist die häufigste, aber bei weitem nicht einzige Zeckenart in der Schweiz und in Deutschland.

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Wie behandelt man FSME?

Eine ursächlich wirksame (also gegen das FSME-Virus gerichtete) Behandlung gibt es nicht. Die Therapie richtet sich nach den Beschwerden des Patienten.

Wichtig: Vor FSME kann man sich mit einer Impfung schützen.

Kann man sich gegen Borreliose impfen lassen?

Nein, eine Schutzimpfung gibt es bis anhin nicht.

Wer sollte sich gegen FSME impfen lassen?

Alle Menschen, die in einem Risikogebiet leben oder sich öfters dort aufhalten. Die Impfung wird für Kinder ab sechs Jahren empfohlen. Für jüngere Kinder muss die Situation individuell in Absprache mit einem Arzt geprüft werden.

Für eine vollständige Grundimmunisierung gegen FSME sind drei Impfungen nötig. Nach zwei Injektionen besteht ein zeitlich begrenzter Schutz. Die ersten beiden Impfungen erfolgen im Abstand von 1 bis 3 Monaten, die dritte Impfung, je nach Impfstoff, 5 bis 12 Monate danach. Das BAG empfiehlt eine Auffrischimpfung alle 10 Jahre.

Die FSME-Schutzimpfung wird von der obligatorischen Krankenversicherung bezahlt. Allerdings nur, wenn ein Arzt die Impfung verabreicht. Wer sich in einer Apotheke gegen die Krankheit immunisieren lässt, muss die rund 200 Franken teure Vakzine selber bezahlen.

Nur in den Kantonen Genf und Tessin gibt es keine Empfehlung für die Zeckenimpfung

Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Nur in den Kantonen Genf und Tessin gibt es keine Empfehlung für die Zeckenimpfung - Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

Wie kann man sich vor einem Zeckenstich schützen?

Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt, lange Kleidung zu tragen und die Socken über die Hosen zu ziehen, wenn man durch hohes Gras oder den Wald läuft. Zeckensprays geben einen gewissen Schutz, aber nur für wenige Stunden. Am besten auch die Kleider besprühen. Helle Kleidung erleichtert das Erkennen der Parasiten. Nach dem Aufenthalt im Freien sollte der ganze (entkleidete) Körper nach den Krabblern abgesucht werden.

Welche Körperstellen sollte man nach Zecken absuchen?

Zecken stechen überall am Körper, sie bevorzugen aber versteckte Stellen. Besonders häufig findet man sie deshalb in den Kniekehlen, den Armbeugen oder den Achseln, dem Genitalbereich, aber auch im Hüftbereich, wo die Hose eng anliegt und der Zecke damit ein gutes Versteck suggeriert. Bei Kindern sitzen Zecken häufig auch am Haaransatz oder hinter den Ohren.

Wo leben Zecken?

Zecken leben im Wald und im hohen Gras, aber auch in Gärten findet man sie. Entgegen einer verbreiteten Meinung können Zecken nicht springen, und sie lassen sich auch nicht von Bäumen auf Menschen herunterfallen. Sie sitzen auf der Spitze von Gräsern oder Büschen und warten darauf, von einem vorbeigehenden Tier oder Menschen abgestreift zu werden. Dann halten sie sich fest und krabbeln am Körper hoch, bis sie eine versteckte Stelle finden.

Bei anhaltender Trockenheit oder Kälte ziehen sich die Zecken ins Unterlaub zurück.

Mitarbeit: Stephanie Kusma