Die Debatte um Overtourism im Allgemeinen und den chinesischen Beitrag dazu im Speziellen hält an. Erstaunlich allerdings, dass die naheliegendste und wirksamste Massnahme zur Linderung der Folgen bisher völlig ausser acht geblieben ist.
Im vergangenen Frühling hat die Schweiz ihre ersten Erfahrungen mit einer Super-Reisegruppe aus China gemacht. Insgesamt 12 000 Mitarbeiter der Kosmetikfirma Jeunesse Global wurden zu touristischen Attraktionen geleitet in drei Staffeln à 4000 Menschen, transportiert in 95 Reisebussen. Damit war die Schweiz lokal mit dem Phänomen des plötzlichen Einfalls von Touristenmassen konfrontiert, das bisher vor allem prominente Städte kannten, die von Kreuzfahrtschiffen angelaufen werden. Die Debatte über das Phänomen des Overtourism akzentuierte sich in der Folge auch hierzulande und rückte die Besucher aus China ins Zentrum. Die laufende Sommersaison hat diese Debatte nun wieder neu belebt.
Was also tun, um zu verhindern, dass solcher cartouristischer Massenandrang die Infrastruktur der Hotspots regelmässig überbeansprucht und damit auch das Leben der lokalen Bevölkerung empfindlich beeinträchtigt? In betroffenen Regionen fand das Unbehagen bereits Ausdruck in der Forderung nach fixen Obergrenzen für Besucher. Bevor aber eine Art Notstandsregime mit Kontingenten Platz greift, sollte sich die Schweiz auf ihre liberale Tradition besinnen und die Steuerungsmöglichkeiten ausschöpfen, die der Markt bietet. Natürlich sind auch regulatorische Interventionen möglich, nur sollten die möglichst massgeschneidert sein.
Wo bei den chinesischen Gruppen anzusetzen wäre, liegt eigentlich auf der Hand; erstaunlicherweise sind entsprechende Vorstösse bisher aber ausgeblieben. Es geht um den bekannten Umstand, dass es bei den Chinesen üblich ist, zu dreien jeweils einen Kontrabass mitzuführen. In kleinen Gruppen noch vernachlässigbar, fällt das in grosser Zahl durchaus ins Gewicht: 4000 Kontrabässe – gerechnet auf die Frühlingsgruppe – beanspruchen einigen Platz und verschärfen damit das Problem auf den Strassen und in kleinräumigen Verkehrsmitteln erheblich. Ganz zu schweigen von der Überbeanspruchung der Polizeikorps, die dann abzuklären haben, worum es sich da genau handelt.
Hier soll aber keinesfalls einem generellen Verbot von Streichinstrumenten für Chinesen das Wort geredet werden. Ein solches wäre gegen die Lobby der Geigenbauer, die in diesem Fall die Aussicht auf lukrative Reparaturarbeiten verteidigt, ohnehin kaum realisierbar. Wie stark diese Interessenvertretung tatsächlich ist, hat sie letztmals im eidgenössischen Parlament bewiesen, als sie dem als chancenlos geltenden Vorstoss zum Durchbruch verhalf, wonach die Forschungsanstalt Agroscope beim Nationalgestüt in Avenches Studien für die Züchtung einer sogenannten Streicher-Rasse in Angriff nehmen soll. Das Ziel sind Pferde, deren Schweife sich in besonderem Masse für die Bespannung von Bögen eignen. Beide Räte stimmten mit klarem Mehr zu, und es besteht kein Zweifel, dass die Geigenbauer-Lobby auch andernorts wirkungsvoll mobilisieren kann.
Also kein umfassendes Verbot. Hingegen böte sich an, bei grossen Reisegruppen statt der Kontrabässe auf der Strasse nurmehr Celli und Gamben zuzulassen, in kleineren Transportmitteln wie Seilbahnen allenfalls sogar nur Bratschen und Violinen. Diese massvolle Einschränkung wäre sicher ohne grössere Probleme durchzusetzen, sofern die Tourismuswerbung sie beim Zielpublikum in China angemessen kommunizierte. Dies beispielsweise, indem sie an einschlägigen Veranstaltungen ein Papier mit den neuen Regeln in Kolophoniumschachteln verpackt abgibt, die mit Schweizer Wahrzeichen bedruckt sind – aber die Einzelheiten seien der Phantasie der Landeswerber überlassen. Jedenfalls nähme eine solche Vorschrift einerseits Rücksicht auf die Gewohnheiten der chinesischen Gäste und milderte anderseits die Folgen des Massenaufmarsches für die lokale Bevölkerung. Um es im Ton der hier massgeblichen Quelle zu sagen: Damat salltan dann ullu Prublumu golost son.