Wind- und Solarstrom machen schon heute einen wichtigen Teil der Energieerzeugung aus, in Deutschland liegt der Anteil bei über einem Viertel. Das Bild zeigt eine Anlage in Nauen bei Berlin. (Bild: Ferdinand Ostrop / AP)

Wind- und Solarstrom machen schon heute einen wichtigen Teil der Energieerzeugung aus, in Deutschland liegt der Anteil bei über einem Viertel. Das Bild zeigt eine Anlage in Nauen bei Berlin. (Bild: Ferdinand Ostrop / AP)

Gastkommentar

Die Zukunft ist erneuerbar

Eine sichere und zukunftsfähige Energieversorgung kann nicht auf endlichen Energieträgern basieren.

Felix Nipkow
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Die Debatte um unsere Stromversorgung ist seit der Abstimmung um die Energiestrategie 2050 in den Hintergrund geraten. Zu Unrecht, schliesslich soll der grösste Teil der fossilen Energieträger durch Strom ersetzt werden – Elektroauto statt Benziner, Wärmepumpe statt Ölheizung. In der Stromwelt diskutieren echte und vermeintliche Experten derweil munter weiter. Das grosse Problem sei die Versorgungssicherheit, hört man oft: Wenn die Kohle- und Atomkraftwerke in Europa und der Schweiz abgeschaltet würden, fehle es an Strom. Das stimmt nur, wenn man den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht ernst nimmt – ein Fehler, den viele Anhänger konventioneller Energieträger begehen.

Erneuerbare statt Kohle und Atom

Keine Regierung, weder in der EU noch in der Schweiz, wird die Versorgungssicherheit leichtsinnig aufs Spiel setzen. Um die alten Kohle- und Atomkraftwerke zu ersetzen, braucht es mehr erneuerbare Energien. Geht der Ausbau zu langsam, laufen einfach die alten Kraftwerke weiter. Das ist unnötig und gefährlich und kompromittiert die Ziele des Pariser Klimaabkommens. Kürzlich haben Forscher für 2050 in stündlicher Auflösung durchgerechnet, wie eine 100% erneuerbare Energieversorgung weltweit machbar ist. Der Clou: Das ist erst noch kostengünstiger als das heutige System. 69% der Energie wird in diesem Modell von der Sonne erzeugt, 18% mit Windkraft.

Wind- und Solarstrom machen schon heute einen wichtigen Teil der Energieerzeugung aus, in Deutschland liegt der Anteil bei mehr als einem Viertel. Allein in den letzten fünf Jahren haben die Deutschen ihre Stromproduktion aus erneuerbaren Energien um 76 Terawattstunden (TWh) ausgebaut, mehrheitlich mit Solar- und Windkraft. Zum Vergleich: Die Schweiz verbraucht rund 60 TWh jährlich. Bei uns machen Solar- und Windstrom jedoch erst 3,7% aus.

In der Schweiz hat insbesondere die Photovoltaik eine grosse Zukunft vor sich. Allein auf Hausdächern und -fassaden kann mehr produziert werden, als insgesamt verbraucht wird. Dazu kommen Lärmschutzwände, Strassen- und Parkplatzflächen und andere Infrastrukturanlagen. Verglichen mit der mittelfristig wegfallenden Produktion aus Atomkraftwerken und dem zusätzlichen Verbrauch der Wärmepumpen und Elektroautos, mit denen wir heute fossile Anwendungen ersetzen, ist das längstens genug. Erst recht, wenn man das grosse Energieeffizienzpotenzial berücksichtigt, das nicht ansatzweise ausgeschöpft ist: Rund ein Drittel des Stroms wird mit ineffizienten Geräten verschwendet. Die Lösung liegt auf der Hand – oder vielmehr auf den Dächern. In Kombination mit den Speicherseen, die wetterbedingte Schwankungen gut ausgleichen können, ist Solarstrom top.

Planungssicherheit erforderlich

Dass die Energiewende technisch machbar ist, ist zur Genüge belegt. Was in der Schweiz fehlt, ist Planungssicherheit für Investoren. Die Energieversorger, Kantone, Gemeinden sowie Bundesrat und Parlament sind gefordert. Solange die alten Kraftwerke noch laufen, lohnen sich Investitionen in neue nicht. Für diese Übergangszeit braucht es eine Förderung, zum Beispiel mittels Einspeiseprämien oder Einmalvergütungen. Das kostet nicht die Welt: Solarstrom ist heute billiger als jede andere Technologie – Atom- und Gaskraft inbegriffen. Die Bevölkerung will die Energiewende. Jetzt müssen Gesetzgeber und Branche die Bremsen lösen und den Auftrag umsetzen.

Eine sichere und zukunftsfähige Energieversorgung kann nicht auf endlichen Energieträgern basieren. Die erneuerbaren Energien haben gegenüber fossilen und nuklearen Technologien längst die Nase vorn. Sie sind billiger und bringen keine Ewigkeitskosten mit sich. Echte Versorgungssicherheit ist nur mit erneuerbaren Energien zu haben.

Felix Nipkow ist Projektleiter Strom & Erneuerbare bei der Schweizerischen Energie-Stiftung SES.