Atome und Antiatome schwingen im gleichen Takt

Am Cern in Genf haben Forscher vergeblich nach Unterschieden im Spektrum von Wasserstoff- und Antiwasserstoffatomen gesucht. Damit bleibt eine zentrale Frage der Physik unbeantwortet.

Christian Speicher
Drucken
Jeffrey Hangst, der Sprecher der Alpha-Arbeitsgruppe, steht vor der Messapparatur, mit der die Forscher Antiwasserstoffatome untersuchen. (Bild Cern)

Jeffrey Hangst, der Sprecher der Alpha-Arbeitsgruppe, steht vor der Messapparatur, mit der die Forscher Antiwasserstoffatome untersuchen. (Bild Cern)

Physiker stehen vor einem Rätsel, wenn sie erklären sollen, warum unser Universum ausschliesslich aus Materie zu bestehen scheint. Beim Urknall sollte eigentlich genauso viel Antimaterie wie Materie erzeugt worden sein – es sei denn, eine dem Standardmodell der Teilchenphysik zugrunde liegende fundamentale Symmetrie wäre verletzt. Ob dies tatsächlich der Fall ist, lässt sich zum Beispiel überprüfen, indem man die Spektrallinien von Antiwasserstoffatomen mit jenen von gewöhnlichen Wasserstoffatomen vergleicht. Am Cern in Genf haben Forscher der Alpha-Arbeitsgruppe genau das getan – und mit bisher unerreichter Genauigkeit bestätigt, dass es keine Unterschiede zwischen Materie und Antimaterie gibt.

Schon vor anderthalb Jahren hatten die Forscher Antiwasserstoffatome in einer Falle eingefangen und mit Laserlicht angeregt. Dabei zeigte sich, dass die Antiatome etwa bei der gleichen Anregungsfrequenz vom 1s-Grundzustand in den 2s-Zustand springen wie gewöhnliche Wasserstoffatome. Nun wollten es die Forscher genauer wissen. Damals habe man die Antiwasserstoffatome nur mit zwei Frequenzen angeregt, sagt Jeffrey Hangst, der Sprecher der Alpha-Arbeitsgruppe: der vermuteten Resonanzfrequenz und einer leicht «verstimmten» Frequenz. Diesmal habe man die Messungen bei mehreren Frequenzen wiederholt. Auf diese Weise konnten die Forscher die exakte Form der Spektrallinie rekonstruieren und somit sowohl ihre Breite als auch den genauen Wert der Resonanzfrequenz bestimmen.

Das erlaubte einen hundert Mal genaueren Vergleich zwischen Antiwasserstoff- und Wasserstoffatomen. Wie die Forscher feststellten, stimmen die Frequenzen für den Übergang vom 1s- in den 2s-Zustand bis auf die zwölfte Stelle hinter dem Komma überein. Das sei der bisher genaueste Test der sogenannten CPT-Symmetrie, sagt Hangst. Diese Symmetrie besagt, dass die Naturgesetze unverändert bleiben, wenn man Materie und Antimaterie vertauscht, den Raum spiegelt und die Zeit umkehrt.

Der Grund für den Materieüberschuss im Universum ist damit nach wie vor unklar. Allerdings werden sich die Forscher mit dem Erreichten kaum zufriedengeben. Hangst ist zuversichtlich, dass man die Übergangsfrequenz von Antiwasserstoffatomen in den nächsten Jahren ebenso genau messen können wird wie die von Wasserstoffatomen. Das würde einen noch genaueren Test des CPT-Symmetrie erlauben. Gegenwärtig sei man davon noch einen Faktor 500 entfernt. Doch die Verbesserungsmöglichkeiten seien noch nicht ausgeschöpft.

Folgen Sie der Wissenschaftsredaktion der NZZ auf Twitter.

Weitere Themen