Wie Uranus und Neptun zu ihren Monden gekommen sein könnten

Mit Ausnahme von Merkur und Venus haben alle Planeten im Sonnensystem Monde. Eine Computersimulation beleuchtet nun, unter welchen Bedingungen diese entstehen können. Das hat auch Auswirkungen auf die Suche nach extrasolaren Monden.

Christian Speicher
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Diese Fotomontage zeigt Uranus mit seinen fünf grossen Monden sowie einem der kleineren. (Bild: Vzb83)

Diese Fotomontage zeigt Uranus mit seinen fünf grossen Monden sowie einem der kleineren. (Bild: Vzb83)

Unser Sonnensystem hat in den letzten zwanzig Jahren seine Einzigartigkeit verloren. Wie wir inzwischen wissen, gibt es in der Milchstrasse unzählige Sterne, die von einem oder sogar mehreren Planeten umkreist werden. Wie aber steht es mit den Monden? Bisher hat man nur bei einem extrasolaren Planeten vage Hinweise auf einen Exomond gefunden. Glaubt man allerdings einer Computersimulation von Forschern der Universität und der ETH Zürich, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis man auf weitere Exomonde stösst.

Zwei Arten der Entstehung

Ausser Merkur und Venus besitzen in unserem Sonnensystem alle Planeten Monde. Diese müssen allerdings auf verschiedenen Wegen entstanden sein. Nur wenn ein Planet in seiner Entstehungsphase genug Masse an sich reisst, kann sich in seiner Umgebung eine Scheibe aus Staub und Gas bilden, in der sich dann Monde formen. Man nimmt an, dass so die Monde der Gasriesen Jupiter und Saturn entstanden sind. Unser Erdmond verdankt seine Existenz hingegen dem Einschlag eines marsgrossen Himmelskörpers auf die Erde. Der Mond bildete sich aus den Trümmern, die dabei ins Weltall geschleudert wurden.

Unklar war bisher, wie die Monde von Uranus und Neptun entstanden sind. Diese beiden Planeten sind leichter als Jupiter und Saturn und bestehen hauptsächlich aus gefrorenen Gasen. Solche Eisriesen machen einen grossen Prozentsatz der heute bekannten extrasolaren Planeten aus. Deshalb ist die Frage nach der Entstehungsgeschichte ihrer Monde auch über unser Sonnensystem hinaus von Bedeutung.

In dieser Simulation sieht man zunächst die protoplanetare Scheibe, in der sich Planeten bilden. Grosse Planeten wie Jupiter, Saturn, Uranus oder Neptun bilden dann eine zirkumplanetare Scheibe aus, in der die Monde entstehen.

Die Gruppe um Judit Szulágyi und Lucio Mayer von der Universität Zürich hat nun mit einer hochaufgelösten Computersimulation gezeigt, dass die Monde von Uranus und Neptun ganz ähnlich entstanden sein könnten wie die von Jupiter und Saturn. Neben der Masse scheint vor allem die Temperatur der Planeten entscheidend zu sein. In der Computersimulation bildete sich im Umfeld von Uranus und Neptun eine sogenannte zirkumplanetare Scheibe, nachdem sich die beiden Planeten gegen Ende ihrer Wachstumsphase hinreichend abgekühlt hatten. In dieser Scheibe aus Gas und Staub ballten sich dann innerhalb von einigen hunderttausend Jahren eisige Monde zusammen.

Ähnlich wie in der Realität

Die Zahl und die Masse der entstehenden Monde variieren von Simulation zu Simulation. Und nicht in jedem Fall entspricht das Ergebnis der Simulation den tatsächlichen Verhältnissen. Im Fall von Uranus lieferten jedoch fünf Prozent der Simulationen ein System von Monden mit einer ähnlichen Massenverteilung und ähnlichen Abstandsverhältnissen wie in der Realität. Das ist ein Indiz dafür, dass die Uranusmonde tatsächlich auf diese Weise entstanden sein könnten.

Bei Neptun sind die Verhältnisse etwas komplizierter. Hier liefern die Computersimulationen ganz ähnliche Resultate wie bei Uranus. Tatsächlich besitzt Neptun jedoch nur einen Hauptmond, nämlich Triton. Und der ist sehr massereich. Schon lange vermuten Forscher, dass Triton ursprünglich aus einer anderen Region des Sonnensystems stammt und von Neptun eingefangen wurde. Die Computersimulationen der Zürcher Astrophysiker erhärten diesen Verdacht. Demnach könnte das Mondsystem von Neptun ursprünglich ganz anders ausgesehen haben. Doch beim Einfang von Triton wurden diese Monde dann wegkatapultiert.

Da es in vielen Planetensystemen Eisriesen wie Uranus und Neptun gibt, sollten extrasolare Monde in unserer Milchstrasse nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein. Nach ihnen zu suchen, drängt sich schon deshalb auf, weil Monde unter Umständen lebensfreundliche Bedingungen aufweisen. Man muss nur einen Blick in unser Sonnensystem werfen. Hier zählen der Saturnmond Enceladus und der Jupitermond Europa derzeit zu den aussichtsreichsten Kandidaten für die Suche nach Leben.

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