Kommentar

Heiligt der Zweck die Mittel?

Der Drogerieunternehmer Erwin Müller kann seine Cum-Ex-Geschäfte als kleine Panne abhaken, bekommt er doch aller Voraussicht die fehlinvestierten Millionen Euro von der Bank J. Safra Sarasin zurück.

Stephanie Lahrtz, München
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Der millionenschwere Drogerieunternehmer Erwin Müller kann die Champagnerkorken knallen lassen und seine Cum-Ex-Geschäfte als kleine Panne abhaken, bekommt er doch aller Voraussicht nach die fehlinvestierten 50 Millionen Euro von der Bank J. Safra Sarasin zurück. Aber der Fall und davon ausgehende weitere Gerichtsverfahren zeigen erneut die unterschiedlichen Vorstellungen in Deutschland und der Schweiz über Bankgeheimnisse und wie die Guten damit umgehen dürfen. Oder gar sollten.

(Bild: Imago)

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Zwar ist noch nicht einmal geklärt, ob Cum-Ex-Geschäfte überhaupt illegal waren – oder ob ein Steuerschlupfloch zwar trickreich und moralisch fragwürdig, aber doch legal ausgenutzt worden ist. Die öffentliche Meinung in Deutschland ist sich jedoch weitgehend einig: böse Banken, darunter viele ausländische, haben Superreichen dabei geholfen, den deutschen Staat bewusst zu betrügen. Daher sind Personen wie Müllers Anwalt Eckart Seith, der interne Dokumente der Basler Bank von einem ehemaligen Bankmitarbeiter organisiert, ausgewertet und an deutsche Behörden weitergereicht hat, ehrenwerte Whistleblower. Ebenso wie es jene Verkäufer von CDs mit Daten über deutsche Kunden von Schweizer Banken waren.

Aus Schweizer Sicht allerdings besteht der Verdacht, dass die Männer illegal gehandelt haben könnten. Denn gemäss den Schweizer Gesetzen dürfen keine Bankgeheimnisse an Dritte verraten werden. Daher wurde gegen den Anwalt, den ehemaligen Mitarbeiter und einen Dritten Anklage erhoben – aus Schweizer Sicht völlig zu Recht, aus deutscher Sicht eine Retourkutsche.

Die Betroffenen beteuern, Geschäftsgeheimnisse einer Bank seien nur dann geschützt, wenn diese rechtmässig handle. Gemäss einem Gutachten hatten die Bankdokumente jedoch «nicht schutzwürdige Vorgänge über illegale Geschäftspraktiken» betroffen. Geheimnisverräter oder Aufklärer – das werden nun Gerichte klären müssen.