Nissan-Exoskelett: Wenn der Fliessbandarbeiter zum Ironman wird
Ewiggleiche Schraubarbeiten über dem Kopf gehen auf Knochen und Muskeln. Das Nissan-Exoskelett bietet Unterstützung. (Bild: PD)

Ewiggleiche Schraubarbeiten über dem Kopf gehen auf Knochen und Muskeln. Das Nissan-Exoskelett bietet Unterstützung. (Bild: PD)

Nissan erfindet «Ironman»-Assistenzsystem für Fliessbandarbeiter

Mit einem Exoskelett werden Produktionsmitarbeiter am Band unterstützt. Der japanische Autobauer lässt die Stützstruktur zur Entlastung des Körpers in Serie gehen.

Herbie Schmidt
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Immer die gleichen Arbeitsabläufe, stets über Kopfhöhe fixieren, schrauben, schweissen, das ist das Schicksal vieler Fachkräfte im Autobau, die am Band stehen und dafür sorgen, dass fabrikneue Fahrzeuge im Halbminutentakt auf die Strasse rollen.

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Einige der wiederkehrenden Arbeiten wurden in jüngster Zeit von Robotern übernommen, nicht aber alle. Der Grund: In manchen Fällen sind menschliche Arbeitskräfte zuverlässiger und günstiger, manche Abläufe für Maschinen zu komplex.

Doch seit einiger Zeit gibt es eine Art Hybridisierung in der Fertigung, wo Maschinen so konstruiert werden, dass sie auf den einzelnen Fliessbandfacharbeiter zugeschnitten sind. Bereits vor zehn Jahren hatten Mitarbeiter des japanischen Autobauers Nissan im grossen britischen Werk Sunderland einen Sitz erfunden, mit dem die Monteure von Armaturenträgern seitlich ins Fahrzeug hineingleiten, festschrauben und dann wieder hinausgleiten konnten.

Mittlerweile ist die Entwicklung deutlich fortgeschritten. Was Gehbehinderte und Paraplegiker bereits im Einzelfall verwenden, sind Exoskelette – mechanische oder elektrische Apparaturen, die den Körper an den entscheidenden Stellen stützen und etwa als Gehhilfe dienen.

Erinnerungen an «Ironman» werden wach: Das Exoskelett unterstützt am Autofliessband, wo der Körper sonst übermässig beansprucht wird. (Bild: PD)

Erinnerungen an «Ironman» werden wach: Das Exoskelett unterstützt am Autofliessband, wo der Körper sonst übermässig beansprucht wird. (Bild: PD)

Nissan verwendet solche Exoskelette seit Anfang 2018 versuchsweise auch für die Arbeit im Werk Barcelona. Laut Hersteller reduzieren «die externen Stützstrukturen die normalerweise auf Muskeln und Knochen der Fliessbandmitarbeiter wirkenden Belastungen um bis zu 60 Prozent. Dadurch sinkt das Risiko arbeitsbedingter Verletzungen, während sich das allgemeine Wohlbefinden verbessert.»

Aus ehemals fünf Modellen seien mithilfe der Mitarbeiter zwei Varianten mit dem niedrigsten Gewicht, der höchsten Qualität und der besten Leistung ausgewählt und zwischen Mai und Juli 2019 ausgiebiger getestet worden, berichtet der japanische Autobauer.

Die beiden Exoskelette wiegen laut Nissan dank Leichtmetall-Werkstoffen gerade einmal zwischen 1,5 und 3,0 Kilogramm und bieten eine optimale Schulterunterstützung für Mitarbeiter, die während eines erheblichen Teils ihrer Schicht Überkopfarbeiten durchführen.

Unterstützt wurde die Testphase vom Catalan Automotive Industry Cluster (CIAC) sowie vom Eurecat Technology Centre und von der Polytechnischen Universität Kataloniens (UPC).

Nach dem erfolgreichen Test, der noch bis Ende 2019 läuft, soll dieses Assistenzsystem nun in Serie gehen. Wie Nissan bestätigt, haben die Exoskelette das Potenzial, künftig in die Fertigung in Barcelona und anderen Werken integriert zu werden.