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Webwelt & Technik IT-Gipfel

Bundesregierung plant Pflicht-Virenschutz für alle

Jetzt schaltet sich der Staat ein: Die Bundesregierung und die Internet-Wirtschaft planen eine Art verpflichtenden Virenschutz für die Verbraucher. Provider wie die Telekom, 1&1 oder Arcor sollen ihre Kunden automatisch warnen, wenn sie sich Viren eingefangen haben. Wer die Schädlinge nicht entfernt, muss mit Sanktionen rechnen.

Mit einem europaweit einzigartigen Projekt sagt die Bundesregierung der Virenlast auf privaten Computern den Kampf an. Schon in der ersten Jahreshälfte 2010 sollen PC-Nutzer auf die Hilfe einer Beratungsstelle zurückgreifen dürfen, mit der sie ihre Rechner daheim von Computerviren befreien können.

Das erfuhr die dpa aus Kreisen der Projektplaner. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) werden das Vorhaben am heutigen Dienstag beim IT-Gipfel der Bundesregierung in Stuttgart vorstellen. Eine Sprecherin im Bonner BSI bestätigte die Pläne.

Dem Projektentwurf zufolge haben Internetzugangsanbieter längst die technische Möglichkeit, vireninfizierte Rechner bei ihren Kunden auszumachen. Laut Plan sollen die Firmen ihre Kunden auf die Viren hinweisen - etwa per Post oder Telefon. Angedacht ist auch eine Internetseite, die sich bei jeder Einwahl ins Netz automatisch aufbaut, falls auf dem Rechner Viren lauern.

Die Projektplaner schätzen, dass in Deutschland bis zu einem Viertel aller Rechner mit Viren infiziert ist. Es gebe allein 60.000 Neuinfektionen jeden Monat. Kriminelle schleusen die Viren über das Internet auf die Rechner und öffnen sich so ein Tor für Verbrechen - etwa, indem sie online das Bankkonto plündern oder den Rechner per Fernsteuerung für den Versand krimineller Massen-E-Mails nutzen. Ziel des laut BSI in Europa einzigartigen Projektes ist es, Deutschland aus den Top-Ten der Länder zu bekommen, von dessen PCs Netzkriminalität ausgeht.

Herzstück der bundesweiten Beratungsstelle soll ein rund 40 Mitarbeiter starkes Call-Center sein. Zunächst jedoch sollen die Besitzer infizierter Rechner im Internet eine Seite ansteuern, auf der hinterlegte Reinigungsprogramme die Viren ausmerzen. Erst wenn Schritt eins erfolglos ist, soll das Call-Center per Telefon eine Anleitung zur Virenbekämpfung geben.

Laut Projektskizze sollen die Anbieter ihre Kunden zur Nutzung des Service bewegen, der kostenlos ist. Das Angebot steht den Kunden allerdings nur frei, wenn ihnen ihr Internetanbieter eine Nutzung reserviert hat. Nach Angaben der Projektorganisatoren läuft die Abstimmung mit den DSL-Dienstleistern «auf Hochtouren». Machten nur die fünf größten Anbieter mit, seinen damit bereits etwa 80 Prozent des deutschen DSL-Marktes abgedeckt.

Vor der Umsetzung des Vorhabens soll geklärt werden, mit welchen Sanktionen Kunden rechnen müssen, die eine Zusammenarbeit mit den jeweiligen Internetdienstleistern verweigern. eco-Fachbereichsleiter Sven Karge, einer der Projektplaner, sagte: «Wer im Netz ohne Virenschutz unterwegs ist, gefährdet andere Nutzer in etwa so, wie ein Autofahrer, der mit kaputten Bremsen unterwegs ist und so andere fahrlässig gefährdet.»

Der Branchenverband Bitkom hatte jüngst ausrechnen lassen, dass jeder zweite deutsche Internetnutzer schon einmal Opfer von Kriminalität im Netz geworden ist. Die meisten hatten es dabei mit Computerviren oder anderen schädlichen Programmen zu tun. Die Zahl der sogenannten Phishing-Fälle, bei denen Kriminelle Passwörter für das Online-Banking abfangen, soll dieses Jahr um gut 50 Prozent steigen. Von etwa elf Millionen Euro Gesamtschaden wird ausgegangen - die Tendenz sei weiter steigend.

Zu den möglichen Kosten des testweise für ein Jahr geplanten Vorhabens wollte sich das BSI aus vergaberechtlichen Gründen nicht äußern. Die Seite mit der Reinigungssoftware soll nach Informationen der dpa bereits im April 2010 online gehen und das Call-Center seine Arbeit spätestens im Juni aufnehmen. Laut eco laufen in Australien, Japan und Südkorea ähnliche Projekte seit längerer Zeit erfolgreich.

dpa/lw

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