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Wie Twitter und Facebook die Nachrichten prägten

Das grüne Band der Proteste im Iran bei twitpic Das grüne Band der Proteste im Iran bei twitpic
Via Twitter wurden Symbole wie das grüne Band weltweit zum Symbol für die Proteste im Iran. Oft waren Social-Media-Dienste der einzige Kontakt ins Ausland für die Demonstranten
Quelle: AFP
Social-Media-Anwendungen wie Twitter oder Facebook standen lange in dem Ruf, vor allem Belangloses zu verbreiten, aber niemals echte Nachrichten. Dies hat sich spätestens 2009 geändert. Denn in diesem Jahr zeigte vor allem Twitter, dass eine kleine Nachricht manchmal große Wirkung haben kann.

Das Jahr 2009 ist definitiv das Jahr, in dem Social Media erstmals eine vielfache Rolle im Mainstream gespielt hat. Hier ein paar der wichtigsten Ereignisse. Das erste Ereignis des Social-Media-Jahres ist definitiv die Notlandung des Fluges 1549 der US Airways im Hudson River am 15. Januar. Janis Krums veröffentlicht per Twitter ein Foto auf Twitpic , das weltweit durch die Medien gereicht wird. Janis selbst tritt in mehreren Talkshows auf, sein Twitter-Account hat nach wie vor nur knapp 6000 Follower.

Nur wenige Tage später wird Barack Obama als 44. Präsident der USA vereidigt. Schon sein Wahlkampf ging als "erste Internetkampagne" in die Geschichte ein. Am Tag seiner Vereidigung am 20. Januar richtet sein Wahlkampf-Komitee einen eigenen Inauguration-Twitter-Account ein. Alle 15 Sekunden twittert jemand über das Ereignis, Twitter selbst bricht unter der Last nahezu zusammen.

Am 3. März stürzt beim U-Bahnbau das Kölner Stadtarchiv ein. Twitter ist auch hier nur ein Haus entfernt. Der 41-jährige Alexander Regh wohnt direkt neben der Unglücksstelle und verbreitet Fotos vom Unglück per Twitter und über seine eigene Homepage. "Ich habe mir gedacht: Wer sieht das schon so gut wie du", sagt er der Online-Zeitung "DerWesten".

Am 11. März erschießt in Winnenden ein Schüler 12 Menschen. Auf Twitter gibt es zwar keine unmittelbaren Augenzeugen, dafür versuchen diesmal Medien, über Social Media Aufmerksamkeit für ihre Berichterstattung zu erheischen . Focus Online eröffnet bei Twitter einen Account "Amoklauf" (inzwischen gelöscht) und zieht damit heftige Kritik auf sich. Am Tag darauf zeigen mehrere Medienseiten ein Video, auf dem die letzten Momente des Amokläufers zu sehen sind. Was nicht weniger geschmacklos erscheint.

Auch vor der Politik macht Social Media nicht halt

Am 22. April legt das rot-schwarze Kabinett dem Bundestag einen folgenschweren Gesetzentwurf vor. Das Telemediengesetz soll geändert werden - künftig soll es demnach dem BKA möglich sein, Sperrlisten von Internetseiten mit Kinderpornografie zu erstellen, die mit einem "Stoppschild" versehen werden sollen. Im Internet wehren sich Hunderttausende gegen Netzsperren. Auf Twitter sammelt sich der Protest mit dem Hashtag #zensursula. Franziska Heine reicht eine Petition ein - und sammelt bis zum 16. Juni so viele Unterschriften wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. 134.015 Bundesbürger unterschreiben.

Der Protest bleibt auch für die SPD nicht ohne Folgen. Der sozialdemokratische Online-Wahlkampf bricht in sich zusammen, als am 17. Juni der Online-Beirat unter Protest gegen die Verabschiedung des Gesetzes die Arbeit einstellt. Die SPD verliert damit prominente Unterstützer wie Nico Lumma oder Sascha Lobo.

Am 23. Mai wird Horst Köhler in Berlin von der Bundesversammlung für eine zweite Amtszeit gewählt. Die Auszählung der Stimmen war offenbar schon um kurz nach 14 Uhr abgeschlossen. Doch bevor das Ergebnis verkündet ist, twittert der Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber (14:15 Uhr) und auch die Abgeordnete Julia Klöckner das Ergebnis. Erst um 14:30 Uhr wird das Ergebnis offiziell verkündet. Das Ereignis hatte ein Nachspiel. Weil Kelber selbst an der Stimmauszählung beteiligt war, wird ihm Verletzung des Wahlgeheimnisses vorgeworfen.

Social Media: Sprachrohr für Demonstranten im Iran

Am 12. Juni wird im Iran ein neuer Präsident gewählt. Im Anschluss an die offenbar gefälschte Wahl brechen in Teheran und andere Städten des Landes Proteste aus, die vor allem über Twitter und YouTube ihren Weg in die Berichterstattung westlicher Medien finden. Wegen der Zensur im Iran ist dies für die Opposition der einzige Weg, sich Gehör zu verschaffen. Die umfassenden Internet-Zensur-Versuche der iranischen Behörden sind bis heute relativ erfolglos.

In den kommenden Wochen färben auf Twitter Zehntausende ihre Profilbilder grün ein. So entsteht weltweit sichtbare Solidarität mit der iranischen Opposition. Die Solidaritätsbekundungen nehmen kein Ende. Und Twitter wird zum Livestream des Aufstands.

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Am 20. Juni stirbt bei den Protesten in Teheran die 27-jährige Studentin Neda. Ihr Tod wird gefilmt, das Video landet dutzendfach auf YouTube . Während die einen noch über die Authentizität diskutieren, wird ihr Tod zum Symbol für die Grausamkeit des iranischen Systems.

Bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und dem Saarland am 30. August gibt es erste Ergebnisse der Nachwahlbefragungen bereits um 16:30 Uhr bei Twitter. Die sächsische Landeswahlleiterin kündigt rechtliche Schritte an, der Bundeswahlleiter Roderich Egeler fühlte sich wegen der bevorstehenden Bundestagswahl bemüßigt, mit Bußgeld zu drohen, sollte sich das am 27. September wiederholen. So bleibt Twitter zur Bundestagswahl stumm.

Am 7. September veröffentlichen 15 deutsche internetige Menschen (auch ich) über ihre Blogs und Twitter-Accounts das Internet-Manifest. Es wurde innerhalb der Social Media heftig diskutiert. Die Publikationen führen zu einer rasend schnellen Verbreitung. Das Manifest wird so innerhalb kürzester Zeit in 17 Sprachen übersetzt.

Es ist der 14. Dezember, der Niedersächsische Landtag diskutiert eigentlich den Haushalt. Als der grüne Abgeordnete Helge Limburg auf Twitter den Landes-Innenminister Uwe Schünemann (CDU) als "unerträglichen Hetzer" bezeichnet (Tweet bereits gelöscht), brechen im Landtag Tumulte aus. Die Sitzung muss für 45 Minuten unterbrochen werden.

Peter Schink studierte Journalistik in München und besuchte die Deutsche Journalistenschule. Im September 2009 gründete er zusammen mit dem Medienberater Steffen Büffel das Unternehmen " mediati - Agentur für mediale Zukunft ". Auf blogh.de schreibt Schink zudem über Entwicklungen im Web 2.0.

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