Politik

Unmut schaffen ohne Waffen Kein Geld für Deutschlands neue Rolle

Laut eines Berichts des "Spiegel" sind nur acht von 109 Eurofightern der Bundeswehr voll einsatzbereit.

Laut eines Berichts des "Spiegel" sind nur acht von 109 Eurofightern der Bundeswehr voll einsatzbereit.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ursula von der Leyen will mit der Bundeswehr raus in die Welt. Doch Angela Merkel lässt sie am ausgestreckten Arm verhungern.

Wenn es um die Rolle Deutschland in der Welt geht, übt sich die Verteidigungsministerin nicht gerade in Bescheidenheit. Als große Nation müsse man mehr Verantwortung übernehmen, sagt sie immer wieder. Gleichgültigkeit sei keine Option, auch die Bundeswehr müsse öfter ausrücken. Die Wünsche der Nato-Partner an Deutschland werden immer deutlicher und immer teurer - von der Leyen will sie erfüllen.

Angela Merkel und Ursula von der Leyen haben ganz unterschiedliche Ansichten darüber, wie die deutsche Außenpolitik aussehen sollte.

Angela Merkel und Ursula von der Leyen haben ganz unterschiedliche Ansichten darüber, wie die deutsche Außenpolitik aussehen sollte.

(Foto: picture alliance / dpa)

Sieben Monate ist ihre Grundsatzrede zur Außenpolitik nun her und langsam wird klar: Für die großen Pläne der Ministerin braucht es nicht nur den Willen, sondern auch viel mehr Geld. Doch das wird es so schnell nicht geben.

Seit Jahren gibt die Bundesrepublik weniger Geld für Rüstung aus, als es die Nato eigentlich verlangt: Vorgesehen sind 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, Deutschland erreicht gerade einmal 1,2 Prozent. Die Bürger finden das gut so - kaum etwas ist so unpopulär wie eine Erhöhung des Verteidigungsetats. Zudem würde dadurch das Ziel gefährdet, ohne neue Schulden auszukommen. Und das interessiert nicht nur den Finanzminister, sondern auch die Kanzlerin.

Flugzeuge kaum einsatzbereit

Angela Merkel will ihre Politik der kleinen Schritte weiterhin verfolgen. Entschlossene Investitionen und größere Umschichtungen im Haushalt sind mit ihr nicht zu machen, zumindest nicht kurzfristig. Wenn die Kanzlerin 2017 abtritt, will sie geordnete Verhältnisse hinterlassen. Und auch wenn sie sich um eine weitere Amtszeit bewirbt, hilft ihr ein ausgeglichener Haushalt im Wahlkampf - weitere Auslandsmissionen würden ihr dagegen schaden. Wenn Merkel nach einer Ausweitung der Bundeswehreinsätze gefragt wird, sagt sie stets: "Wir tun schon eine ganze Menge."

In einem Interview mit der ARD gab sich Merkel am Wochenende Mühe, die Waffenlieferungen an die Kurden im Irak nicht als "Paradigmenwechsel" erscheinen zu lassen. Man habe nicht ganz abseits stehen wollen, weil es im Irak um die Verhinderung von Genoziden gehe. Das bezog sie ausdrücklich nur auf die eine konkrete Situation. Eine Regel soll sich daraus eben nicht ableiten lassen. Den Einsatz deutscher Truppen lehnte sie bei der Gelegenheit gleich ab.

Von der Leyen will eigentlich viel mehr. Wenn es nach ihr ginge, würde sich die Bundeswehr auch an Einsätzen beteiligen, die allgemein zur Stabilität in der Welt beitragen. Sie persönlich ist außerdem in einer ganz anderen Situation als Merkel. Sie will sich auf ihrem Gebiet profilieren und für höhere Aufgaben empfehlen. Das könnte die Kanzlerschaft sein, aber auch ein wichtiger Posten in einer internationalen Organisation wie der Nato.

Die Zögerlichkeit der Kanzlerin und die Ambitionen der Verteidigungsministerin passen nicht zusammen. Von der Leyen bekommt das zu spüren, wenn sie durch die Standorte der Bundeswehr reist. Viele Gebäude sind marode, das Kriegsgerät zum großen Teil nicht einsatzbereit. Der "Spiegel" berichtet nun wieder einmal von Mängeln an Flugzeugen und Hubschraubern. Von 56 Transall-Transportflugzeugen seien nur 21 voll einsatzfähig. Die Bundeswehr besitzt 33 NH90-Transporthubschrauber, aber es fehlen Ersatzteile. Nur 5 können derzeit voll verwendet werden. Und bei den 109 Eurofighter-Kampfflugzeugen sind es gerade einmal 8, die sofort starten könnten. Eine nennenswerte Unterstützung der US-Luftangriffe auf IS würde also wohl selbst dann nicht stattfinden können, wenn sie gewollt wäre.

Sparen ist nicht so leicht

Gleichzeitig kommen auf die Bundeswehr weitere hohe Kosten zu. Eigene Drohnen sollen angeschafft werden, die bei Bedarf bewaffnet werden können. Außerdem wird nach Alternativen zum gescheiterten Euro-Hawk-Projekt gesucht. Und die Personaldecke wird immer dünner, seit die Wehrpflicht abgeschafft ist. Auch hier braucht es neue Ideen, die über Imagekampagnen hinausgehen. Was immer es sein wird - es wird nicht kostenlos zu haben sein.

Wenn von der Leyen, wie in der aktuellen "Zeit", auf das knappe Budget angesprochen wird, weicht sie aus und verweist auf Einsparpotentiale durch verbesserte Effizienz. Die sieht sie allerdings weniger innerhalb der Bundeswehr, sondern in der Zusammenarbeit in der Nato. Das Stichwort heißt "pooling and sharing" und bedeutet, dass die Staaten der Organisation sich besser in ihren Rüstungsprojekten abstimmen. Damit auf diesem Weg wirklich gespart werden kann, ist es aber notwendig, dass die Nato-Mitglieder auf eigene Fähigkeiten verzichten und auf die Hilfe der anderen vertrauen. Welche Waffengattung Deutschland aufgeben könnte, darüber schweigt die Ministerin bislang. Die Einsparungen sind also wenn überhaupt eher langfristig zu erwarten.

Als im Januar Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und die Verteidigungsministerin eine aktivere Rolle Deutschlands in der Welt verkündeten, klang das nach einer sorgsam abgestimmten Strategie der Bundesregierung. Die Bundeskanzlerin scheinen die drei dabei aber vergessen zu haben. Sie hat bisher nicht ein einziges Mal ihre Unterstützung für das Projekt erklärt.

Quelle: ntv.de

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