Kardinal Maradiaga zu IS: Bomben falsche Antwort

Der Präsident des Caritas-Weltdachverbands (Caritas Internationalis/CI), Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, ist gegen Militäreinsätze im IS-besetzen Territorium. Auch die syrische Kirche ist gegen Luftanschläge.

Mit der Bildung einer Militärallianz gegen die islamistischen Rebellen und der Entsendung von Kampfflugzeugen und Drohnen liefere der Westen die falsche Antwort, sagte Maradiaga bei der Eröffnung eines hochrangigen Caritas-Treffens zur Lage im Nahen Osten am Montag im Vatikan. Seine Meinung teilt Rodriguez Maradiaga unter anderem mit dem syrischen Bischof Antoine Audo, zugleich syrischer Caritas-Chef.

Kardinal: Keine Waffenlieferungen

Gewalt führe nur zu neuer Gewalt und einem sinnlosen Gemetzel, sagte der CI-Präsident. Der einzige Weg zum Frieden in der Region bestehe im Entschluss aller involvierten Regierungen, keine Waffen mehr in die Region zu liefern.

Kardinal Oscarandres Rodriguez Maradiaga

REUTERS/Alessandro Bianchi

Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga

Derzeit beraten in Paris 26 Staaten über das Vorgehen gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“. Der irakische Staatspräsident Fuad Masum wirbt für rasche Lufteinsätze im Irak. Ohne internationale Militärhilfe werde der IS weitere Gebiete einnehmen. Frankreichs Präsident Francois Hollande bezeichnete eine internationale Strategie im Kampf gegen die Terrorgruppe als dringend notwendig.

Rodriguez Maradiaga mahnte, statt Militär mehr humanitäre Hilfe in die Region zu schicken. „Viele der Regierungen, die sich vor ihrer Verpflichtung zur humanitären Hilfe drücken, gehören zu den größten Waffenlieferanten.“ Die politische Agenda rangiere vor der Not der Menschen. Von Gaza bis Irak herrsche die größte humanitäre Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs.

Syrische Kirche: Kein Luftschlag ohne Autorisierung

Auch die Kirche in Syrien lehnt Luftschläge der USA und ihrer Verbündeten auf die Terrormilizen des „Islamischen Staats“ (IS) ab - zumindest wenn diese ohne Autorisierung durch Präsident Baschar al-Assad erfolgen. „Es geht hier auch um die Souveränität des syrischen Staates und seiner Regierung“, sagte der chaldäisch-katholische Bischof Antoine Audo dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag). Der 68-Jährige leitet die Diözese Aleppo.

Die Stadt Aleppo ist nach Worten Audos inzwischen wieder unter der Kontrolle der syrischen Armee. Von ihr erwartet Audo auch den Schutz der christlichen Minderheit vor den IS-Milizen. „Das ist es jedenfalls, was die lokalen Autoritäten uns jeden Tag aufs Neue versichern“, sagte der Bischof, der auch Präsident der syrischen Caritas ist.

Syrische Armee schützt Christen

Die IS-Milizen kontrollieren derzeit einen Landkorridor, der vom Irak weit in den Nordosten Syriens hineinragt. Derzeit stehen die Kämpfer nach Worten des Bischofs in der Region um die Stadt Ar Raqqah, etwa 200 Kilometer östlich von Aleppo. „Ich persönlich glaube jedoch nicht, dass es dem IS gelingen wird, bis zu uns vorzustoßen. Die syrische Armee wird alles tun, um das zu verhindern“, sagte Audo und verwies auf die große strategische Bedeutung der Stadt Aleppo.

Den IS bezeichnete Audo als „Terror- und Mordmaschine“, die gestoppt werden müsse. Nach den blutigen Exzessen des IS gegen religiöse Minderheiten im Irak seien auch die Christen Syriens in großer Angst. Sie stellten in Aleppo vor Beginn des Bürgerkriegs ein Fünftel der Bewohner.

Finanzierung durch Katar und Kuwait?

Christliche Industrielle und Politiker aus dem Nahen Osten appellieren unterdessen an die Golfstaaten Katar und Kuwait, die Finanzierung der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) durch Bürger dieser Staaten abzustellen. Was im Irak geschehe, sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die IS-Leute seien „Feinde der ganzen Menschheit“, so der ägyptische Großindustrielle (und Gründer der „Free Egyptian Party“) Naguib Sawiris - ein Kopte - in einem Kommentar in der Zeitung „Al Akhbar“.

In ähnlichem Sinn äußerte sich laut der Nachrichtenagentur „Mideast Christian News“ (MCN) auch der Vorsitzende der „Beth Nahrain National Union“ (einer christlichen Partei im Irak), Sabah Mikhail Brakho. Der Politiker appellierte eindringlich an alle Golfstaaten, die Terrormiliz „Islamischer Staat“ nicht mehr finanziell zu unterstützen.

Armensich-katholische Kirche: Appell an Staaten

Die Synode der armenisch-katholischen Kirche richtete bei ihrer Vollversammlung im libanesischen Bzoummar einen dramatischen Aufruf an die Regierungen der EU-Staaten, der USA, Russlands und Chinas sowie an die internationalen Organisationen, dem „systematischen Unrecht, das den Christen des Nahen Ostens angetan wird“, Einhalt zu gebieten. Die Synode tagte unter dem Vorsitz des armenisch-katholischen Patriarchen Nerses Bedros XIX.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, hat die deutschen Waffenlieferungen an kurdische Kämpfer im Nordirak unterdessen gerechtfertigt. Es sei „vertretbar, dass Deutschland sehr durchdacht und kontrolliert denjenigen Waffen schickt, die das Leben unschuldiger Menschen verteidigen“, sagte der Münchner Kardinal der „Bild“-Zeitung (Dienstag).

Marx betonte jedoch: „Gewalt kann nie Frieden schaffen, Gewalt kann aber nötig sein, um unschuldige Leben zu schützen.“ Notwendig sei auf lange Sicht „ein Friedenskonzept für den gesamten Nahen und Mittleren Osten, damit sich dort kein Terror-Staat etabliert“.

religion.ORF.at/KAP

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