Sammelband über Volkserotik: "Steck dein Ding in meins"

Zotig, direkt und politisch komplett inkorrekt. Der Sammelband über Volkserotik "Steck dein Ding in meins" überzeugt mit Untenrumlyrik.

Ein anonymer Künstler hat diese Illustrationen in alter Manier gezeichnet - mit vielen anderen sind sie dem Band beigegeben. Bild: repro aus dem besprochene band

"Frisch gevögelt aufgewacht, / Augen auf, die Sonne lacht, / Die Soße läuft die Schenkel runter, / Jetzt ist das Luder richtig munter…" So in etwa wird es immer weitergehen in dieser Buchbesprechung, und wem das zu dreckig ist, zu deftig und zu lieblos, der oder die möge an dieser Stelle einfach zum nächsten Text des Feuilletons dieser kleinen linken Tageszeitung schweifen. Denn ordentlicher wirds hier nicht mehr.

"Ein mal eins ist eins, steck dein Ding in meins" heißt die Sammlung erotischer Volksdichtung, die der Schweizer Verlag Walde + Graf herausgebracht hat. Es wird mächtig gefickt und gepoppt, bestiegen und gelocht, es werden Fotzen und Schläuche, Löcher und Schwänze besungen. Gegendert ist hier nix.

Der junge Verlag, im vergangenen Jahr von Anaïs Walde und Peter Graf in Zürich gegründet, hat sich beraten lassen bei der Auswahl der Texte. Die Herausgeber der gereimten Zoten nämlich sind ausgewiesene Fachleute. Da wären einerseits Gesine Karge und Andreas Fischer, die seit vielen Jahren in Berlin das auf erotische Literatur und Kunst aus ganz Europa spezialisierte Antiquariat Ars Amandi führen. Unterstützt wurden sie von Manfred C. Reimann, einem Sammler und Kenner von Erotika und Kuriosa.

Die drei haben dafür gesorgt, dass das handliche Buch mit Illustrationen versehen werden konnte, die vor sechzig Jahren ein anonymer Künstler gezeichnet und in Kleinstauflage vertrieben hat. Die abgebildeten Szenen zeigen viel Gewirbel und Gezappel in allen erdenklichen Stellungen. Von der Neunundsechzig über den Missionar, Hündchen und Reiter bis zu Blasen und Wichsen, Greise und Mägde ist an alles gedacht.

Mehr als kräftige Dosis

Gegliedert ist das hochwertig gebundene Buch in 13 Themenbereiche. Das geht vom Fick-Abc über ausführliches Preisen oder Schmähen der "Dose" und des "Dicken" bis hin zu einem Kapitel namens "Im Wald und auf der Heidi" beziehungsweise "Drauf-Liedern". Die Rezensentin empfiehlt Lektüre in Maßen, denn irgendwann gehen einem die ewigen Zoten, das immer wiederkehrende Gelecke und Geloche dann doch auf die Nerven. Mag sein, der Mensch ist tatsächlich nicht viel mehr als ein hormongebeuteltes Früchtchen, gleichwohl sind 260 Seiten Lyrik darüber eine mehr als kräftige Dosis.

Versaute Klassikerclique

Die Frage, was die im Buchtitel verheißene Volkserotik sein mag, beantwortet "Steck dein Ding in meins" sehr, sehr eindrücklich: Sie ist zotig, sie ist direkt und politisch komplett unkorrekt. Die Frage hingegen, was exakt das Wort "Volk" meint, ist ja zumindest von den Deutschen bereits vor zwanzig Jahren unter den Augen der Weltöffentlichkeit beantwortet worden. Wir. Nicht wahr? Da hilft kein maliziöses Lektürelächeln, dieses Buch macht auch den Letzten klar, dass in jedem und jeder etwas Säuisches schlummert. "Wer reitet so spät auf Mutters Bauch? / Es ist der Vater mit seinem Schlauch" - diesen Spruch kennt wohl jedes Kind.

"Steck dein Ding in meins" ist übrigens der erste Teil einer auf drei Bände geplanten Ausgabe des Züricher Verlags. Teil zwei wird im Herbst erscheinen. "Hurtig komm in meinen Arm, schlüpf sie ab, die Nachtgewänder" wird er heißen. Diesmal muss das Volk sein Maul halten, denn es kommen anerkannte Poetenkapazitäten, Dichterfürsten wie Goethe, Heine und Eckstein zu Wort.

Kurzum, die ganze versaute Klassikerclique wird die Mieder platzen und die Lätze krachen lassen. Letztlich genauso wie das Volk - nur mit möglicherweise etwas mehr Hirn in der Hose. Am Ende gehts ja aber doch ums Rein-Raus.

"Ein mal eins ist eins, steck dein Ding in meins: Volkserotische Lyrik". Verlag Walde + Graf, Zürich 2010, 260 Seiten, 19,90 Euro

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