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Web-TV Das Modell Hulu gerät ins Wanken

Auf Hulu.com schauen Europäer voller Neid: TV on demand im Internet, kostenfrei, werbefinanziert und mit allem bestückt, was das Fernseh-Fan-Herz sich nur wünschen kann - so etwas sucht man hier vergeblich. Jetzt aber gibt es Streit ums Geld - und die Debatte, aus Hulu Pay-TV zu machen, beginnt.
Hulu.com: Bald Abo-Gebühren statt Werbefinanzierung?

Hulu.com: Bald Abo-Gebühren statt Werbefinanzierung?

In Sachen Internet-TV ist Europa, vor allem aber Deutschland eine ziemliche Wüste: Was hier online geboten wird, ist entweder langweilig, öffentlich-rechtlich, nur kurzzeitig zu sehen oder aber kostenpflichtig. Die Top-Serien aus dem US-Fernsehen? Fehlanzeige.

Vor allem aber kann man es sich im Wirrwarr des Netzes zusammensuchen: Jeder Sender, jeder Anbieter kocht sein eigenes Süppchen.

Was fehlt, ist ein Hulu : Ein Portal, auf dem Angebote verschiedener Sender und Produzenten zusammengeführt werden. Über das man sich on demand und jederzeit sein eigenes Programm zusammenstellen kann. Auf dem in bester Qualität und schnell Inhalte verstreamt werden vom Serienklassiker ("Star Trek") über aktuelle Top-Serien ("House", "Lost", "24", "CSI", "Desperate Housewives", "Grey's Anatomy" usw.) bis hin zu Kinofilm-Klassikern (aktuell: 760 Stück zur Auswahl). Insgesamt hat Hulu zurzeit circa 75.000 Videos unter der Haube, das alles werbefinanziert und kostenfrei.

Doch das vermeintliche TV-Modell der Zukunft wankt bereits, noch bevor es Europa überhaupt erreicht: Das sollte eigentlich im Laufe des Frühjahrs passieren, zunächst in Großbritannien und Irland.

Klecker-Einkünfte sorgen für Unmut

Doch jetzt ist unter den Zulieferern des Portals der Streit um die Teilung der Einkünfte aufgebrochen. Wirklich klingelt die Kasse noch nicht, denn natürlich geht die weltweite Werbekrise auch an Hulu nicht vorbei: Das Portal dürfte weit davon entfernt sein, profitabel zu arbeiten. Comedy Central zog nun seine Lizenzen für zwei der populärsten Polit-Comedy-Shows der USA zurück, den "Colbert Report" und die "Daily Show" mit Star-Satiriker John Stewart. Der Grund: Frustration über die kleckernden Geldflüsse, die zwischen den Programmproduzenten und Hulu geteilt werden - natürlich, denn irgendwie muss die Seite ja finanziert werden.

Längst denkt die Geschäftsführung des Unternehmens, einer Kooperation der Medienunternehmen NBC, Disneys ABC, der News-Corp-Sendergruppe Fox und der Risikokapitalgesellschaft Providence Equity Partners, darüber nach, zumindest Teile des Hulu-Angebots kostenpflichtig zu machen. Mittelfristig, ließ sich News-Corp-Geschäftsführer Chase Carey schon vernehmen, führe kein Weg daran vorbei, dass Hulu zumindest für einen Teil seines Angebotes Geld verlangen müsse.

Masse ist nur attraktiv, wenn sie nichts kostet

Das aber könnte den steilen Aufstieg des Portals - in den USA liegt Hulu auf Platz 32 der populärsten Websites, weltweit auf 164, obwohl es nur in den USA empfangbar ist - abrupt beenden. Im Dezember 2009, meldeten die Web-Statistiker von ComScore, habe Hulu eine Milliarde Videos ausgeliefert. Das ist eine beträchtliche Reichweite, reicht aber trotzdem nicht, sich als kostenpflichtiger Premium-Dienst zu profilieren.

Denn Hulu hat zwar Unmassen zu bieten, so gut wie nichts davon aber exklusiv: So gut wie alle TV-Folgen und Filme sind on demand auch über die Seiten ihrer Produzenten oder Rechteinhaber abzurufen.

Genau diesen Weg geht der Medienkonzern Viacom nun mit seiner "Daily Show", bisher die drittpopulärste Serie bei Hulu: Es zeigt sie nur noch über die Comedy-Central-Seite und muss die Werbeerlöse mit niemandem teilen. So lange aber die Teile des Ganzen kostenfrei irgendwo im Netz zu haben sind, wird kaum jemand für die letztlich einfache Dienstleistung zahlen, sie alle an einem Ort zusammenzuführen - selbst wenn das dann so bequem und übersichtlich ist wie Hulu. Würde Hulu wegbrechen, fände sich wahrscheinlich schnell eine Aggregatorenseite, die die ehemaligen Hulu-Inhalte wieder über eine gemeinsame Suche erschließen würde.

Exklusivität müsste also her, aber die wird Hulu kaum erreichen. Die Produzenten leben davon, ihre Inhalte mehrfach zu lizenzieren. Im Zweifelsfall ist on demand via Web für sie nur ein Zubrot in der Verwertungskette, die bei Filmen mit dem Kino oder DVD-Auswertung beginnt und mit Lizenzierungen für Pay- und Free-TV noch nicht endet. TV-Serien aber sind in den USA nicht nur das Pfund, mit dem Sender-Networks wuchern und um Kunden buhlen, sondern auch das der großen Kabelnetze, denen Hulu so schon ein Dorn im Auge ist.

pat/AP